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09.10.2020

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Folgen der Pandemie

Städelschule setzt Architekturklasse aus


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Die Folgen der Corona-Pandemie fürs Architekturstudium beschränken sich an den meisten deutschen Hochschulen und Universitäten auf die Frage, wie gelehrt wird. Nicht ob. An der Frankfurter Städelschule führte die Unsicherheit bezüglich der Planungen fürs neue Semester nun allerdings zu einem drastischeren Schritt. Die Hochschule unter Rektorin Yasmil Raymond, die selbst erst seit Anfang April an der Schule ist, sieht sich gezwungen, nur sechs Wochen vor Studiumbeginn alle Neuaufnahmen im Fachbereich Architektur auf 2021 zu verschieben. Davon betroffen sind knapp 30 Studierende, die ihrer Enttäuschung in einem offenen Brief Ausdruck verleihen, wie Rainer Schulze in der F.A.Z. berichtet. Viele von ihnen kommen aus dem Ausland und steckten gerade mitten in den oft umfangreichen Vorbereitungen für den Umzug nach Frankfurt. Die Absage treffe die Studierenden hart, die schließlich ihr Leben für die kommenden Jahre auf das Studium an der Städelschule ausgerichtet hatten.

Hintergrund der Entscheidung der Hochschulleitung ist eine unglückliche Konstruktion bei der Trägerschaft des Masterstudiengangs, der Städelschule Architecture Class. Das zweijährige Programm, das es in der aktuellen Form seit 2006 gibt und das von Johan Bettum geleitet wird, ist nämlich anders als die Kunst nicht durch das Land Hessen als heutigem Träger der Schule finanziert, sondern auf Studiengebühren angewiesen. Weil sich aber coronabedingt bei vielen Studierenden die Visaerteilung und in der Folge die Reiseplanung verzögert hat, drohte nun eine größere Finanzierungslücke. Die mit 5.000 Euro pro Kopf und Semester nicht unerheblichen Gebühren sind nämlich erst mit Ankunft an der Hochschule zu entrichten. Das zweite Jahr des aktuellen Durchgangs soll nun mit der Hälfte des Budgets bestritten werden, während den schon in Frankfurt eingetroffenen Studierenden zumindest ein Gaststudium bei der Kunst angeboten wurde. Die sind aber natürlich trotzdem enttäuscht und sprechen von einer Fehlplanung des Rektorats und der Verantwortlichen der Architecture Class.

Rektorin Raymond äußert hierfür Verständnis, verweist aber in einer Presseerkläung auch auf den engen Rahmen, den ihr das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst setzt. Und tatsächlich darf man sich darüber wundern, dass man in der Architekturstadt Frankfurt, in der es ohnehin schon vergleichsweise wenig Studienangebote im Bereich Architektur gibt, kein nachhaltigeres Finanzierungsmodell für die Städelklasse gefunden hat. Dem Testament des Stifters der Schule, Johann Friedrich Städel, der mit Blick auf sein „Kunstinstitut“ von den Künsten und Bauprofessionen spricht, wird dies sicherlich nicht gerecht. In diesem Sinne sollte das Land Hessen seiner Verantwortung als Träger der Schule nachkommen und jenes Prinzip der halbprivaten Finanzierung, das noch auf die 2000er Jahre und die damaligen Irrwege der Bildungspolitik zurückgeht, dauerhaft revidieren. Auf eine langfristige Lösung als positive Folge der aktuellen Krise hofft auch Raymond. (sb)


Kommentare

3

nomad | 10.10.2020 23:24 Uhr

Städel

Folgen der Corona-Pandemie? Oder der Versuch, die Pandemie als Trittbrett zu nutzen, um das eigentliche Problem zu untermauern?

Die Bildungskrise in Deutschland ist schon seit längerer Zeit ein Problem, das zu wenig thematisiert wird. Und da es nun eine Schule betrifft, die zweifelslos einen sehr guten nationalen und internationalen Ruf hat (und ggf. bald hatte), ist ein Beleg dafür, dass das deutsche Bildungswesen nicht mehr in der Lage ist, sich international zu behaupten.

Deshalb wird auch die aktuelle Architekturgeschichte nicht in Deutschland geschrieben, sondern im Ausland und deshalb gehen junge, talentierte Studenten lieber an Harvard, Columbia, Princeton, AA, Cambridge, ETH oder sonst wohin, auch wenn es mehr kostet. So sieht es mittlerweile aus.

Eine Bitte an den Bundesfinanzminister Herrn Olaf Scholz: Lassen Sie es bitte nicht zu, dass es soweit kommt, dass die Städelschule Frankfurt ihre Architekturklasse schliessen muss. Geben Sie die nötigen finanziellen Mittel frei, damit die Städelschule so operieren kann, wie es in der Vergangenheit tat.

2

ixamotto | 09.10.2020 17:31 Uhr

Bildung und so

Gut, dass in Deutschland niemand gezwungen ist, für eine solide akademische Weiterbildung 5000 Euro oder gar 53.000 USD zahlen zu müssen. Wahrscheinlich, weil "wir" verstanden haben, dass Bildung ein derart wertvolles Gut ist, dass seine Kosten am besten von einem solidarischen Gemeinwesen geschultert werden sollten.

Am Beispiel der Städelschule hingegen zeigt sich, wie wenig resilient sich die unternehmerische Ausrichtung des Bildungswesens im Umgang mit plötzlichen Unvorhergesehenheiten erweist und welche dummen Folgen das für die Studierenden dann hat. Da wird man dann halt von einem Tag auf den anderen rausgebildet...

Insofern wohl beides: Ein Qualitäts- und ein Organisationsproblem...

1

maestrow | 09.10.2020 16:41 Uhr

Staedelgebühr

wenn die Schule tatsächlich so sensationell ist, wie in Frankfurt stets behauptet wird, sind 5000 EUR Studiengebühren ja eigentlich nicht viel. Die Klage darüber ist ein bisschen billig, nur weil wir hierzulande denken, dass Bildung "umsonst" sei:
Harvard Graduate School of Design z. B. fordert ca. 53.000 USD p.a. ohne Versicherungen.
Also handelt es sich um ein Qualitäts- oder ein Organisationsproblem, oder um beides?

 
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Städelschule, Haupteingang Dürerstraße, Foto: Marie Egger / Wikimedia / CC BY-SA 4.0 (Farben angepasst)

Städelschule, Haupteingang Dürerstraße, Foto: Marie Egger / Wikimedia / CC BY-SA 4.0 (Farben angepasst)

Städelschule, Hauptgebäude Dürerstraße, Foto von Marie Egger / Wikimedia / CC BY-SA 4.0 (Farben angepasst, zugeschnitten)

Städelschule, Hauptgebäude Dürerstraße, Foto von Marie Egger / Wikimedia / CC BY-SA 4.0 (Farben angepasst, zugeschnitten)


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