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20.01.2017

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Wolkenkastenheim

Sozialwohnungsbau in Westfrankreich


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Als „weiße Wolke“ bezeichnen die beiden Büros Poggi Architecture und More Architecture aus Bordeaux ihr aktuelles Projekt am Stadtrand von Saintes – etwa 50 Kilometer südlich von La Rochelle. Die Architekten setzten drei klare, kantige Kuben neben die Wohnsiedlung Les Boiffiers, die in den 1970er Jahren entstand und vor kurzem saniert wurde. Das strahlende Weiß und die komplexe Figur markieren einen architektonischen Gegenpol zur alten Architektur, das Programm ist jedoch vergleichbar: sozialer Wohnungsbau. Die drei Häuser enthalten insgesamt 30 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen mit soliden Grundrissen. In den Häusern befinden sich zwar unterschiedliche Wohnungstypen, innerhalb der einzelnen Häuser sind die Normalgeschosse jedoch identisch. Durch die freie Setzung der Balkone zeigen sich die Baukörper nach außen weitaus differenzierter, als sie im Inneren tatsächlich sind.

Die Interpretation der Balkone durch Poggi und More ist das herausragende Merkmal des Entwurfs und darf als interessantes Experiment begriffen werden. Innerhalb der gesetzlichen Regularien und mit relativ wenig finanziellem Aufwand wird hier zusätzlicher Raum angeboten. Fast alle Wohnungen besitzen zwei Balkone, die wiederum fast durchgehend mit Lochblechen verkleidet wurden. Nur einzelne Aussparungen schaffen offene Ausblicke. Die Architekten arbeiteten mit zwei unterschiedlich dichten Rastern, um verschiedene Nutzungen anzuregen. Die offeneren Balkone sind für den Aufenthalt gedacht, die blickdichteren sollen eher dienenden Charakter haben. Die Architekten denken hier zum Beispiel an Wäscheständer oder Lagerhaltung „wie in einem Gartenhäuschen“. Ob dieses demonstrative Sichtbarmachen von Rumpelkammern an der Fassade ästhetisch immer zu überzeugen weiß, sei dahin gestellt.

Auch bei den eigentlichen Wohnbalkonen gehen die Architekten eigene Wege. Durch das weite Auskragen sitzt man einerseits exponiert, durch die käfigartige Blechverkleidung wird andererseits jedoch eine gewisse halb-transparente Öffentlichkeit geschaffen. Inwiefern diese Balkone funktionieren und von den Bewohnern angenommen werden, wird man sehen müssen. Provozieren sie ein spielerisches Changieren von Sehen und Gesehenwerden? Überzeugt das Raumgefühl? Altern und verwittern die weißen Bleche ansehnlich? Oder hat man es doch eher mit einer architektonischen Spielerei ohne große Nachhaltigkeit zu tun? Es wäre spannend, dem Projekt in einigen Jahren nochmals einen Besuch abzustatten und mit den Nutzern zu sprechen. (gh)

Fotos: Javier Callejas


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Kommentare

5

genova | 06.02.2017 22:07 Uhr

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Danke!

4

genova | 29.01.2017 18:57 Uhr

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Bei einem Bericht über sozialen Wohnungsbau sollte man meines Erachtens auf alle Fälle von den Kosten sprechen: Baukosten pro qm, Miethöhe, Bezuschussung etc.

Könnten Sie das nachreichen? Danke.

[Anm. d Red: Die Architekten geben die Gesamtkosten mit 2,75 Millionen € netto bei einer Wohnfläche (SHAB, i.e. surface habitable) von insgesamt 1.886 Quadratmetern an.]

3

solong | 24.01.2017 10:56 Uhr

... "petermänisches" ...

... gejammere ... mit verlaub ... ich kann dieses ... ewige "gequäke" ... wir können das alles nicht bauen ... weil wir so viele normen haben ... nicht mehr hören ... es zeugt nur von der phantasie und mutlosigkeit der "Quäckenden" ... das könnte man in "good old germany" genauso gut machen ... ob man für die "balkonkäfige" mehrheiten findet, sei dahin gestellt ... etwas zu "grob" für germany ... die franzosen sind da "robuster" ... ansonsten recht einfache baukörper, die über das ... "spiel der vorgehängten balkonkäfige" .... "leben" ... das ist durchaus auch wirtschaftlich durchdacht .... also auch "wagen" und nicht nur "jammern" ....

2

peter | 23.01.2017 15:32 Uhr

experiment

hier wird im gegensatz zu deutschland experimentiert.

in frankreich scheint das wort experiment noch immer mit aktiver neugier, der suche nach einer anderen/besseren zukunft assoziiert zu werden, wohingegen experiment in deutschland ein schimpfwort ist. wir stecklen in der vergangenheit fest, in regelwerken, die wissen, wie alles zu laufen hat, wie hoch die brüstungen sein müssen, der energiestandard, die oberflächen, alles. wir erstarren, ersticken in angst, vorsicht, konventionen, sicherheiten, die eigentlich unsere lebensqualität garantieren sollen, aber am ende oft nur eines hervorbringen: austauschbarkeit, ausweglosigkeit und tristesse.

oder anders: wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

1

Dr. Ronald Kunze | 20.01.2017 15:49 Uhr

Sozialer Wohnungsbau

Auch in Nantes gibt es architektonisch auffällig guten Sozialen Wohnungsbau. Wie bekommen das die französischen Büros nur gestalterisch und wirtschaftlich hin? Warum sind solche Vorhaben in Deutschland oft so trist, dass die Nachbarn diese lieber "wegklagen" würden? Der Blick über die Grenzen lohnt sich. Danke!

 
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