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19.03.2018

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Aus für den Hamburger City-Hof?

Senat erteilt denkmalrechtliche Abrissgenehmigung


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Von Kathrin Schömer

Es scheint, als wäre der langjährige Kampf am Klosterwall verloren: Der Hamburger Senat hat Anfang März 2018 den Abbruch der City-Hof-Hochhäuser aus denkmalrechtlicher Sicht genehmigt. Die baurechtliche Genehmigung ist nunmehr reine Formsache und wird noch im Frühjahr erwartet. In einem elf Seiten starken Papier legten Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt und Staatsrat Matthias Kock dar, welche „überwiegenden öffentlichen Interessen“ im Fall des Verwaltungs- und Einzelhandelkomplexes ein Aussetzen des Denkmalschutzes legitimierten.

Dabei betonen sie in ihrem Papier eingangs durchaus die Bedeutung des prominent gelegenen City-Hofs als „eigenständiger Kontrapunkt“ zum Kontorhausviertel und als „leuchtendes Dokument des hoffnungsvollen Neubeginns und der Wirtschaftswunderzeit“. Auch honorieren sie die – am projektierten Neubau von KPW Papay Warncke und Partner (Hamburg) oft bemängelten – Sichtbeziehungen zu den denkmalgeschützten Klinkerbauten, die zwischen den locker nebeneinander stehenden Scheiben hervorblitzen. Der weitere Text der Drucksache verstricke sich jedoch in eine widersprüchliche Argumentation, wie Friederike Ulrich und Axel Ritscher im Hamburger Abendblatt schreiben. Unter anderem heißt es, der City-Hof besitze „nicht genügend kritische Masse […], um sich als eigene, quartiersbildende Kraft zu etablieren“.

Kristina Sassenscheidt
, Vorsitzende des Hamburger Denkmalvereins, machte BauNetz gegenüber deutlich, dass sie das gesamte Verfahren zur Abrissgenehmigung für eine Farce hält. Der Senat habe schon vor mehreren Jahren die politische Entscheidung gefällt, den City-Hof abzureißen – „und zwar unter völligem Ausschluss von Bürgerbeteiligung“. Doch der nun veröffentlichte Beschluss bezieht sich gesetzesgemäß auf genau jene Bürger und argumentiert städtebaulich im Interesse der Öffentlichkeit: Aufgrund von Lärmschutzbestimmungen könnten im zu allen Seiten hin ungeschützten Bestand keine dringend benötigten Wohnungen genehmigt werden. Eine Argumentation, die Bürgerinneninteressen missbraucht und den Denkmalschutz mit Füßen trete.

Auch Marco Hosemann von der Initiative City-Hof e.V. hält das vermeintliche öffentliche Interesse für nur vorgeschoben. Offene Rechnungen und Kämpfe um Leitbilder und Ideologien der politischen Entscheidungsträger seien die wahren Motoren der Entscheidung. Bereits die erste Ausschreibung für das Grundstück 2012 habe verschwiegen, dass das Gebäude zu der Zeit als „Erkanntes Denkmal“ geführt wurde. Es sei der federführenden Finanzbehörde schon damals um möglichst hohe Verdienste beim Verkauf der städtischen Liegenschaft gegangen, so Hosemann. Nachdem die erste Ausschreibung zurückgezogen werden musste, habe man vor der Veröffentlichung einer zweiten – mittlerweile war die Schutzwürdigkeit anerkannt – beim Modell „Abriss und Neubau“ auf einen höheren Verkaufserlös im zweistelligen Millionenbereich im Vergleich zur Sanierungsvariante spekuliert. Diese Hintergründe würden, besonders im Hinblick auf den anstehenden Wechsel des ehemaligen Hamburger Finanzsenators Peter Tschentscher ins Bürgermeisteramt, aktuell gern verschwiegen.

Eines der Hauptargumente Hosemanns erweitert die Diskussion um den nun drohenden Abriss um ein entlarvendes Detail: Allen in der offiziellen Argumentation für den Abriss aufgeführten Belangen könnte auch mit einer Sanierung des Bestandes Rechnung getragen werden. Seit 2014 setzt sich seine Initiative für den Erhalt des City-Hofs im Sinne eines von Volkwin Marg vorgelegten Sanierungsentwurfes ein. Das Konzept sieht unter anderem vor, den ungeliebten, mit grauen Eternitplatten verkleideten Hochhäusern ihr ursprüngliches Erscheinungsbild zurückzugeben.

Die vier ehemals strahlend weißen Scheiben mit ihrem verbindenden Sockelbereich von Rudolf Klophaus aus dem Jahr 1958 zeugen von der Wiederaufnahme des Projekts der Moderne nach dem Krieg und läuteten das Ende der Hamburger Backsteinära ein. Vis á vis des Hauptbahnhofs symbolisierten sie den Reisenden die Einfahrt in die Großstadt. Als direkte, artfremde Nachbarn entwickelten sie gerade im kontrastierenden Zusammenspiel mit den Klinkerbauten des Kontorhausviertels eine Kraft, die den architektonischen und ideengeschichtlichen Wert beider Ensembles verstärkt und heute noch deutlich lesbar macht. Der geplante Neubau nivelliert die historischen Unterschiede.

Doch noch geben sich die Denkmalschützer nicht geschlagen: Eine Stellungnahme von UNESCO und ICOMOS zu den Folgen des Abbruchs für das Welterbe Speicherstadt und Kontorhausviertel könnte zumindest eine Verzögerung bewirken. Juristisch ist zu prüfen, ob der Beschluss wirklich rechtskräftig ist. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Eigentümer benachbarter Gebäude gegen den Abriss klagen.


Zum Thema:

Denkmalverein Hamburg: www.denkmalverein.de
Informationsseite des City-Hof e.V.: www.city-hof.org
Onlinepetition zum Erhalt der Scheibenhochhäuser:

www.openpetition.de/city-hof-bleibt

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Kommentare

8

H. Seeger | 17.04.2018 16:31 Uhr

Kultur oder Kommerz

Meines Erachtens gewinnt derzeit immer die Wirtschaft gegenüber der Kultur... ab und zu bequemt sich dann die florierende Wirtschaft der Kultur etwas zu spenden oder in Hamburg wird durch schlechte städtische Begleit- Planung und Fachkompetenz viel (mehr als geplant) für die Kultur ausgegeben (neues Konzerthaus der FHH)... :/

(Ein ehemaliger Angestellter in diesen "Hallen")

7

FloB | 22.03.2018 00:18 Uhr

...ja, der Eigentümer

@KuMiKö
richtig, der Eigentümer – also: Olaf Scholz, Peter Tschentscher, Dorothee Stapelfeldt, Jörn Walter und noch einige andere, finden das Denkmal hässlich und wollen es deshalb schon lange loswerden. Der Eigentümer ist (noch) die Freie und Hansestadt Hamburg. Und die ist laut Gesetz zum vorbildlichen Umgang mit ihren Denkmälern verpflichtet.

Alle einbestellten Fachgutachter – und das waren nicht nur Denkmalschützer – haben sich für den Erhalt ausgesprochen. Darüber setzt sich der Senat einfach hinweg. Die einzige Senatorin, die auch öffentlich gegengehalten hat – obwohl ein Scholz-Senat immer „mit einer Stimme“ zu sprechen hat(te) – ist verstorben.

Zur Farce hat man ein Bieterverfahren mit den Alternativen Abriss/Neubau und Erhalt/Sanierung durchgeführt. Dummerweise liegt dann mit Abstand ein Sanierungsvorschlag vorn. Da MUSS die Finanzbehörde doch einen Formfehler finden – das ist kreative Behördenarbeit. Der Bieter, Hochtief, hätte dagegen klagen können. Er hat es bleibenlassen, weil er auf zukünftige Aufträge in Hamburg hofft – das ist Marktmacht.

Vor vierzig Jahren wollte man am liebsten den Meßberghof abreißen, heute ist er Welterbe. Ansichten wandeln sich. Der Denkmalschutz muss manchmal auch gegen den Mainstream des Augenblicks ankämpfen. Was einmal weg ist, ist weg. Unwiederbringlich.

Das alles interessiert aber nicht, weil – ja, der Bau ist hässlich, und die verkopften Denkmalpfleger versteht man eh nicht. Ein Bau als Geschichtsdokument??? Also: Weg damit! Ein Hoch auf die beharrliche und kreative Abrisspolitik!


@Christian Richter
Der Bauer Verlag WIRD umziehen! In den Büroteil, des Neubaus. Also: Warum nicht in ein gut saniertes Denkmal?

Folgerichtig ist, wenn die öffentliche Hand sich an ihr eigenes Gesetz hält und die ihr gehörenden Denkmäler erhält. Und wenn sie meint, genau an dieser Stelle Wohnungsbau machen zu müssen – und wenn dann ein wirtschaftlich tragfähiges Angebot auf dem Tisch, auf Platz 1 liegt, das eine Denkmalsanierung mit 300 Wohnungen vorschlägt, dann ist es folgerichtig, diesem Angebot den Zuschlag zu erteilen. Und nicht dem Konkurrenzangebot, dass für 130 Wohnungen das Denkmal beseitigt.

6

KuMiKö | 20.03.2018 16:14 Uhr

Denkmal

... ich weiß, das ist für den Denkmalschutz kein Argument, und die Vorschläge für die Neubauten sind auch nicht unbedingt besser aber:

Vll. finden die Eigentümer / die Mehrheit der Anwohner das ganze Ensemble einfach häßlich, und wollen es weg haben. Die Argumentationen des Denkmalschutzes sind für Laien (gerade was die Bauten der 50er, 60er und 70er Jahre angeht) - und teilweise auch für Architekten - halt manchmal nur schwer bis überhaut nicht nachvollziehbar. Von den Konstruktiven Problemen und damit verbundenen Wirtschaftlichen folgen, sprich höheren Baukosten ganz zu schweigen.

5

Christian Richter | 20.03.2018 14:11 Uhr

Warum, warum?

Nun, das ist möglicherweise leichter zu beantworten als andere Fragen rund um den City-Hof: kaum jemand wird von seinem eigenen Haus und Grundstück ohne Not umziehen, auch nicht auf das Nachbargrundstück. Wieso auch? Man kann den Bauerverlag schwerlich zum Spielball dieser Entwicklung machen. Also werden die Entwicklungsziele dort umgesetzt werden, wo sie greifbar und realisierbar sind. Natürlich MÜSSEN nicht immer Wohnungen entstehen - aber das ist das (auch wenig umstrittene?) politische Ziel, und auch schon länger das stadtplanerische Konzept zur Belebung der Innenstadt. MUSS also nicht, es ist aber folgerichtig.

4

Gustav O. | 20.03.2018 00:44 Uhr

@Fritz S. - P.S.

Warum aber ausgerechnet an dieser Stelle Wohnungsbau realisiert werden MUSS, warum nicht einfach der Bauer Verlag in einen strahlend renovierten Cityhof umziehen kann, und man am östlichen Ende des Messberghof-Blocks die gewünschte Stadtreparatur mit den städtebaulich „richtigen“ Wohnungen betreibt, das hat noch niemand plausibel dargelegt. Dann hätten die „billigen“ Sozialwohnungen vorn raus zur lauten Straße immerhin Südseite gehabt...

3

Gustav O. | 20.03.2018 00:42 Uhr

@Fritz S.

Werter Kollege,

Sie wissen es doch selbst: Ja, Allianz und Commerzbank mögen architektonisch gelungener gewirkt haben. Aber ein großer Aufreger waren die Abriss-Entscheidungen hier auch deshalb nicht, weil es "nur" private, denkmalgeschützte Immobilien waren. Man hat auch hier Abrissgründe gesucht, und gefunden: Unsicherheiten bei der Gründung - wer will da, im Falle der Commerzbank, etwas dagegen sagen...

Im Fall des Cityhofs ist es aber die Stadt selbst, die auf Abriss gekauft hat, als der Denkmalwert schon erkannt war.

Und das Skandalöse ist, es gab einen Nachfolger von Ihnen (...und noch ein paar weitere Herren, einer davon neuerlich in Berlin), der aus rein ideologischen Gründen ALLES gegeben hat, um das ach-so-abscheuliche Objekt wegzubekommen. Es ist ja „städtebaulich falsch“ – und in dieser Selbstgewissheit – da stand der Herr mit dem Schnurrbart voll und ganz in Ihrer Tradition, verehrter Herr Kollege!

Ein Denkmal ist es nicht in erster Linie, weil man es für einen wirklich großen architektonischen Wurf hält. Nein, ein Denkmal ist es, weil es ein Dokument ist, und weitaus mehr als eine Fußnote zum Kontorhausviertel. Es ist seine östliche Vollendung mit ursprünglich weit größer gewollter städtebaulicher Geste – das von Ihnen gewünschte Messehaus von 1924/25. Wäre es den gekommen, hätte alles andere überragt. Es hätte, rein von den Baumassen her, auch Chilehaus und Sprinkenhof in den Schatten gestellt. Doch entsprechend dem Zeitgeist der 50er Jahre fällt die Geste zwar städtebaulich kraftvoll, aber doch bescheiden aus. Zwar hell und Aufbruch verkündend und doch verhalten, vielleicht miefig. Mehr bleierne Zeit atmend als neue Freiheit...

Was ja auch nicht verwunderlich ist, bei all den Pirouetten, die Welterbe-Architekt Klophaus in nur vier Jahrzehnten dreht: vom Mohlenhof, über Reichenhof in der Weimarer Republik, dann Pressehaus (heute Helmut-Schmidt-Haus), Altstädter Hof und Bartholomayhaus in der NS-Zeit bis hin zum Cityhof, den er in einer ersten Fassung durchaus spannungsreicher und in Backstein entworfen hatte. Aber ein Überflieger war Klophaus freilich nicht, eher ein Zeitphänomen. Man sieht, wo man bleibt und bringt´s zu etwas – am Ende eben sogar zum UNESCO-Welterbe.

Was bleibt, verehrter Herr Kollege, ist doch das Erstaunen über die beharrliche Geschichtsvergessenheit – nach über 70 Jahren. So wie wir Hitler nicht auf dem Freischwinger sitzen sehen wollen, ertragen wir offenbar nicht, dass eben auch ein Mitläufer wie Klophaus in der Nachkriegsmoderne angekommen war. Ein bisschen „Stunde-Null-Mythos“ können wir uns schon noch zurechtbasteln – mit übergeordneten öffentlichen Belangen wie Wohnungsbau und städtebaulicher Korrektur.

Verehrter Herr Kollege, ich will Ihnen nicht den Rang abgetreten. Sie waren immer der größere Schreiber von uns beiden. Ich ende hier und wünsche angenehme Nachtruhe

Ihr Gustav O.

2

Designer | 19.03.2018 19:52 Uhr

Teil

Gab es bei den Cityhöfen eigentlich mal die Idee für einen Teilabriss. Ich war ein Mal in einem der Gebäude. Niedrige Decken, lange Gänge mit Türen. Nichts was man heute gern nutzen möchte. Trotzdem bin ich für den (Teil-)Erhalt. Mein Kompromiss wäre den Abriss der südlichen Scheiben.
Bei den zwei Scheiben die stehen bleiben würde ich die jeweils abgewandte Fassade rekonstruieren und die zugewandte teilweise großflächig aufschneiden um Gärten zu installieren und eine Verbindung zu schaffen. Ein ansatzweises Erleben der ursprünglichen Architektur wäre damit möglich aber auch eine Nutzung nach modernen Gesichtspunkten.

1

Fritz S. | 19.03.2018 15:59 Uhr

Denkmal...?

Weder der heutige (Zu-)Stand - noch der Vorschlag des Kollegen Marg mit drastisch veränderter Sockelzone sind ansatzweise denkmalwürdig (meine Meinung).

Man wundert sich warum bei den deutlich 'würdigeren' Nachkriegsbauten Allianz und Commerzbank (in der weiteren Nachbarschaft ) sich so wenig Widerstand regt - obwohl die Diskussion dort mindestens genauso relevant (gewesen) wäre....

 
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Noch stehen die vier denkmalgeschützten Scheiben des City-Hofes am Hamburger Klosterwall.

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Doch schon bald könnten sie dem Neubau von KPW Papay Warncke und Partner weichen.

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Der Senat erteilte aus „überwiegendem öffentlichen Interesse“ die denkmalrechtliche Abbruchgenehmigung der Hochhausscheiben.

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Leitbild der City-Hof-Befürworter: Ein Erhalt durch Bestandssanierung, wie von Volkwin Marg vorgelegt.

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