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07.10.2025

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Lern- und Wohlfühlort zugleich

Schule in Weimar von gernot schulz : architektur


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Wie Räume für die Pädagogik des 21. Jahrhunderts aussehen sollten, damit beschäftigt sich die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft in Bonn seit ihrer Gründung. Der Neubau für die Jenaplanschule Weimar Staatliche Gemeinschaftsschule, der im September übergeben wurde, ist nun das erste fertig gestellte Modellprojekt, mit dem die Stiftung unter dem Titel „Schulbau Open Source“ das Wissen für alle Beteiligten aus den Ländern und Kommunen, aus Planung und Pädagogik frei zugänglich macht.

Die Pläne lieferten gernot schulz : architektur aus Köln, die mit Ernst2 Architekten (Stuttgart), Hausmann Architektur (Aachen), dem Ingenieurbüro Hausladen (München), Rabe Landschaften (Hamburg) und Station C23 (Leipzig) zusammenarbeiteten. Die Beteiligten wurden 2020 durch ein VgV-Verfahren ausgewählt. Die Planungsgeschichte der Schule – deren Name auf das pädagogische Konzept Jenaplan hinweist und die über drei Bauten an zwei Standorten für insgesamt 850 Schüler*innen verfügt – begann jedoch bereits bevor die Büros beauftragt waren.

2015 waren es zunächst Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen, die mit Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar über Konzepte für den Umbau ihrer Typenschule aus DDR-Zeiten nachdachten. Als StadtLandSchulLabor wurde die Initiative ein Projekt der IBA Thüringen. 2016 wählte die Montag Stiftung die Initiative im Wettbewerb „Inklusive Schulen planen und bauen“ für eine begleitete Phase Null aus. Die Planung und Umsetzung des Ersatzneubaus für die Typenschule begleitete die Stiftung anschließend bis zur Fertigstellung vor wenigen Monaten.

Entsprechend dem Motto „research by design“ wurde der Entwurf immer wieder angepasst. Unter dem Motto „Standards hinterfragen, um neue Standards zu schaffen“ haben alle Beteiligten im von Normen und Vorschriften dominierten Schulbauwesen eine kleine Revolution angezettelt und viele pandemiebedingte Verzögerungen sowie Probleme mit gestiegenen Baukosten überstanden.

Der Neubau besteht aus drei kubischen Häusern mit geschosshohen, rund 400 Quadratmetern umfassenden sogenannten Lernlofts, in denen nun 380 Schüler*innen der Primar- und Sekundarstufe I und II in jeweils drei jahrgangsgemischten Gruppen lernen. Mauerwerk und Beton bleiben unbehandelt, Installationen werden offen geführt, Raumhöhe und -tiefe sind so proportioniert, dass – außer in der Mensa – eine natürliche Lüftung möglich ist. Statt mechanischem Sonnenschutz verschatten die Fenster umlaufende Balkone, die sogar betreten werden können.

Auch die Treppenhäuser stehen vor der Fassade. Sie erschließen die Dreigeschosser an den Giebelseiten und halten die stützenfreien Räume für künftige Umbauten frei. Damit die Möblierung der pädagogischen Entwicklung flexibel angepasst werden kann, ist der Innenausbau vom Rohbau klar getrennt. Um Kostensteigerungen im Rohbau und beim technischen Ausbau aufzufangen, fertigte die Schulgemeinschaft mit Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften unter Anleitung einen Teil der Möbel für den Neubau sogar selbst. Statt eines versiegelten Schulhofes umgibt die Schule ein parkähnlicher Freiraum, der auch für die Nachbarschaft zugänglich ist. (fm)

Fotos: Thomas Müller


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

9

Latimer | 08.10.2025 20:19 Uhr

Wohlfühlort

Schon die umlaufenden und komplett nutzbaren Balkone sind etwas Besonderes. Sie erhöhen die Nutzungsmöglichkeiten und erschließen das kreative Potential der Schüler. Und die Offenheit der Innenräume finde ich sehr wohltuend und annimierend.

In einer Zeit, in der der digitalisierten Lehre viel Geld geopfert wird, so dass wieder immer mehr klassiche Einzelzimmer-Gangschulen gebaut werden, ist das ein wohltuendes Beispiel für gelungenen Schulbau. Ich hätte nicht gedacht, dass mich vier Würfel so sehr ansprechen können ...

8

peter | 08.10.2025 14:56 Uhr

@ein verwunderter

nur gemoppert stimmt nicht - das ensemble ist wie gesagt in seinem "vokabular" sehr angenehm, auch die innere organisation und atmosphäre jeder einzelnen lernetage finde ich sehr überzeugend gelöse. räume für kommunikation gibt es innerhalb einer lernetage, ja - aber ansonsten eben nur in den (minimalistisch gestalteten) außenanlagen.

die fotos - arrangiert oder nicht - zeigen es doch sehr schön: versammlungen, große pause bei regen, schultheater oder chor: geht nur auf dem balkon oder im hof, also nur bei zufällig gutem wetter. die band muss auf der veranda auftreten. was wohl die nachbarn in ihren einfamilienhäusern dazu sagen? ob (bzw. wie) die geltenden immissionsschutzgesetze eingehalten werden? und wenn die lehrer bei regen, schnee und sturm nach den pausen aus dem lehrerzimmer zu ihren klassen laufen: pech, ab durchs unwetter. nicht einmal gedeckte übergänge zwischen den häusern, wie man sie in den pavillonkonzepten der nachkriegszeit oft findet, gibt es hier. und natürlich braucht jedes haus seine zwei treppen, seinen eignen aufzug (der in schulen erfahrungsgemäß selten genutzt wird). abgesehen davon: gründach und (nennenswerte) photovoltaik gibt es nicht. beides ist bei derartigen gebäuden aber sehr sinnvoll.

das kann man alles so machen - vielleicht ist es ja auch hier die beste lösung. aber innovation (wenn man das so nennen will; es sind eigentlich werkstatt- oder großraumbüro-grundrisse) sehe ich nur innerhalb der flurlosen nutzungseinheiten. vermutlich hat die nutzerbeteiligung auch insbesondere bei deren innerer organisation stattgefunden.

meine kritik bezog sich auf die grundkonzeption der gesamtanlage, für die aus meiner sicht v.a. wirtschaftliche argumente sprechen - verbunden mit großen abstrichen bei komfort und nutzbarkeit.

7

ioa | 08.10.2025 12:58 Uhr

research by design

Es wundert auch mich.

Im Text und in der sehr gelungenen Dokumentation zum Schulbau ist nachzulesen, dass die hier kritisierten Räume im Prozess mit Schülern, Eltern und Lehrenden sorgfältig entwickelt wurden. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass diese als kein "Wohlfühlort" oder als "arrangiert" bezeichnet werden.

Die Schule erscheint auf den Fotos erfrischend anders, aber deswegen nicht weniger gut nutzbar. Gerade Bild 3 zeigt das doch. Sehr schön!

6

Ein Verwunderter | 08.10.2025 11:10 Uhr

Kollege

Schulbau vom Feinsten,
und hier wird nur gemoppert.

Hier geht man 'mal neue Wege!

Aber nein, der Raum und die Kommiunikation wurden geopfert.

Innenraumfotos und Grundrisse dokumentieren ein hohes Maß an Raum für offene Kommunikation.

Ein rundum sehr gelungener Bau !

Ich wäre da gerne zur Schule gegangen, so viel steht fest!

5

Schulbau | 08.10.2025 08:36 Uhr

Typologische Entwicklung

Die Kritiker sollten sich ruhig etwas intensiver mit der Entstehungsgeschichte und den Hintergründen beschäftigen. Wie ich finde ein wichtiger Beitrag zur typologisch nachhaltigen Entwicklung von Schulbauten. Nur hinterhertrauern an alten Modellen bringt hier nichts

4

shw | 08.10.2025 08:05 Uhr

was...

...der bauer nicht kennt usw.
wer sich mal mit schulbauten, deren plaunung und umsetzung selbst beschaeftigt hat, weiss, wie schwer die einfachsten aenderungen am bekannten umzusetzen sind.
die schule ist anders und gott sei dank werden die hier geaeusserten bedenken von den nutzer*innen sicher anders bewertet.
meine kinder wuerdens lieben

3

Arcseyler | 07.10.2025 18:39 Uhr

.de

Wohl in jeder Hinsicht eine Schönwetter Schule, klimatisch und sozial, ein wünsch dir was. Eine Vermassung wie schon in einigen Kindergärten.

2

peter | 07.10.2025 17:22 Uhr

raum und kommunikation, geopfert

fassaden, materialität, details - alles ok.

aber hier wurde eine der säulen der architektur geopfert: der (vertikale) raum, die kommunikation gleich mit. die jüngerInnen schlanker erschließungskennwerte dürften jubilieren, ein haus mit (nahezu) null innerer erschließungsfläche. nur stellt sich die frage, ob das überhaupt noch ein haus ist oder eher eine stumpfe aufeinanderstapelung von nutzflächen mit umgebender gebäudehülle. im gebäude entsteht keinerlei interaktion der nutzer mehrerer geschosse. die nutzer verlassen die maschine über die laubengänge und verschwinden in alle himmelsrichtungen. im winter wird sich kaum jemand auf die kalten betonbalkone setzen wie auf dem nett arrangierten architektenfoto.

ein bauwerk wie ein parkhaus, passend zur neuen soziologie mit bubble und smartphone. vielleicht auch nur folgerichtig, wenn man nur noch über messenger und mit dem chatbot kommuniziert.

1

mr-arcraph | 07.10.2025 15:47 Uhr

Industriell und seriell

Ich kann in diesem industriell und seriellen Kuben keinen Wohlfühlort erkennen.
Und dann ist ein Zeitraum für Planung und Bau von offenbar einem Jahrzehnt noch mehr ernüchternd.

 
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