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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Sankt_Petersburger_Regierungs-_und_Geschaeftsquartier_von_Tchoban_Voss_Architekten_5032053.html

18.04.2017

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Repräsentanz in Travertin

Sankt Petersburger Regierungs- und Geschäftsquartier von Tchoban Voss Architekten


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Nein, es ist nicht der Palast eines Oligarchen, der neuerdings inmitten des Sankt Petersburger Zentrums auf dem Gelände eines ehemaligen Straßenbahndepots thront. Der Begriff „Machtzentrale“, der sich beim Anblick des Gebäudes geradezu aufdrängt, ist jedoch keineswegs abwegig, denn das Herzstück des von Tchoban Voss Architekten (Berlin) in Kooperation mit Gerasimov und Partner (St. Petersburg) konzipierten Gebäudekomplexes ist das Newskaja Ratuscha, das neue Rathaus der Stadt. Der Entwurf gewann vor mehreren Jahren den 1. Preis eines Realisierungswettbewerbs, von insgesamt zehn geplanten Bauten sind neben dem Rathaus bisher zwei Geschäftsgebäude fertiggestellt.

Es handelt sich um ein Bauprojekt im ganz großen Stil: Mehr als 300.000 Quadratmeter Bürofläche umfasst das neue Verwaltungsareal, und an die 25.000 Menschen werden zukünftig hier arbeiten. Neben Regierungs- und Bürogebäuden gehören auch Hotels, Businesszentren, Einzelhandel und öffentliche Flächen zu dieser im Entstehen begriffenen „Behördenstadt“ an der Novgorodskaya Straße. In zwei Reihen führen die Geschäftshäuser mit einheitlichen Höhen, Längen und Abständen direkt auf das Rathausgebäude als zentralem Blickfang zu und rahmen dabei eine mit einem etwas verloren wirkendem Wasserspiel dekorierte Plaza – eine Raumstruktur, für die man sich sicher nicht nur aufgrund des tortenstückförmigen Grundstücks entschieden hat. Abgerundet wird diese eindeutige Dramaturgie durch zwei zweigeschossige Säulengänge, die beide Gebäudereihen platzseitig durchziehen, sodass zwei lange Ladenpassagen entstehen, über die auch bei schlechtem Wetter das Rathaus trockenen Fußes erreicht werden kann.

Als Sitz der öffentlichen Verwaltungsgremien dominiert der Verwaltungssitz das Ensemble jedoch nicht allein aufgrund seiner exponierten Lage, sondern auch durch ein besonderes Feature auf seinem Dach: Hier scheint ein UFO gelandet zu sein. Die ellipsenförmige, aus 12 krummlinigen Stahlrahmen bestehende Glaskuppel ist nicht nur als Wahrzeichen des neuen Quartiers gedacht, sondern fungiert auch als öffentliche Aussichtsplattform – das Reichstagsgebäude lässt grüßen. Sie überspannt ein in der Gebäudemitte befindliches Atrium, das die großzügigen Lounges und öffentlichen Bereiche des Erdgeschosses – unter anderem eine Ausstellungshalle, ein Pressezentrum und ein Café – miteinander verbindet und über einen zylindrischen Innenhof belichtet wird.

Davon abgesehen hält der Gebäudekomplex kaum Überraschungen bereit und beeindruckt am ehesten durch seine Dimension. Der Fassade des Newski-Rathaus ist im Abstand von sechs Metern ein weiterer Säulengang – hier mit abgerundeten, 30 Meter hohen Säulen – vorgelagert, der durch ein Gesims aus Steinbalken und Glas geschützt wird. Soll dieser großzügige Einsatz von Säulen, Pilastern und Portalen sowie die Verwendung von Naturstein, insbesondere Travertino Romano, gedankliche Verbindungslinien zu römischen Kolossalbauten herstellen? Wäre möglich. Die Architekten betonen in ihren Erläuterungen zum Entwurf jedoch vor allem die Verwendung von ganz viel Glas und bemühen die damit verbundenen Floskeln der „Transparenz“ und „maximalen Öffnung gegenüber den Bürgern“, die im Behördenbau mittlerweile Standard sind. Es bleibt abzuwarten, wie viel öffentliches Leben sich in diesem alle Klischees erfüllenden, neuen Sitz der Sankt Petersburger Exekutive tatsächlich entwickeln wird. (da)

Fotos: Yuri Slavtsov, Andrey Belimov-Gushchin, VTB-Development


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Kommentare

2

peter | 19.04.2017 21:23 Uhr

piter

ein echter tchoban - von allem etwas. kein drama; auf den ersten blick und für russische verhältnisse sehr anständige details. ein haus, das keinem wehtut, das aber auch aus den 80er jahren hätte stammen können. insofern - zeitlose postmoderne. protzig finde ich es nicht, ebenso denke ich, dass vorbilder durchaus in der petersburger innenstadt gesucht wurden.

wenn ich etwas kritisieren würde, dann das, dass die architektur austauschbar wirkt. es würde auf den fotos vermutlich niemanden wundern, wenn außen eine karstadt- oder h&m-leuchtschrift dranhinge.

1

Jan | 19.04.2017 12:04 Uhr

schade,

dass sich die verantwortlichen Architekten nicht an den zahlreichen qualitativ hochwertigen Bauten der historischen Stadt orientiert haben, sondern sich dem recht protzigen Geschmack der Auftraggeber unterordnen.

Zum Glück stehen diese Kisten weit abseits der historischen Altstadt des UNESCO-Weltkulturerbes.

 
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