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22.08.2014

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Sport im Denkmal

Sanierung einer Berliner Schwimmhalle


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Wenn ein denkmalgeschütztes Gebäude energetisch saniert wird, stehen die Architekten in den meisten Fällen vor vielen Abwägungsentscheidungen. Die knapp 13 Millionen teure Sanierung der Schwimmhalle Finckensteinallee in Berlin-Lichterfelde stellte da keine Ausnahme dar. 2006 wurde das Bad geschlossen, vier Jahre lang dauerten die komplexen Sanierungsarbeiten, für die das Berliner Büro Veauthier Meyer Architekten zuständig war. Am heutigen Freitag wird die Schwimmhalle für den öffentlichen Betrieb wieder eröffnet.

Mit dem Baujahr 1938 und der ehemaligen Nutzung als Schwimmhalle für die Kaserne der Leibstandarte-SS Adolf Hitler lassen sich Größe und Auftreten des Backsteingebäudes erklären. Alles musste bedeutend sein: die Deckenhöhe für das Zehn-Meter-Sprungbrett, die Skulpturen im Eingangsbereich – das Bad war mit 25 mal 50 Meter einst Europas größtes Schwimmbecken. Die Ausmaße der bodentiefen Sprossenfenster oder der säulenumrahmte Eingang hinterlassen heute noch den Eindruck des einstigen Machtwahns. Nach dem Krieg diente die Kaserne mit der Schwimmhalle als Andrew Barracks der US Army bis zu deren Abzug 1994.

Nachdem das Militär-Bad ursprünglich nur für Männer vorgesehen war, wird es ab heute für die zivile Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Architekten mussten dazu „alle Sanitärbereiche geschlechtergetrennt und sichtgeschützt“ umgestalten. Neben der neuen Aufteilung der Zugänge, getrennt nach individuellen Besuchern sowie Schulen und Vereinen, wurden kostspielige Arbeiten an der neuen, 2.300 Quadratmeter großen Akustik-Abhängdecke vorgenommen, die „die Aufteilung der bauzeitlichen Decke aufnimmt und unter die Glasdeckenkonstruktion gehängt wurde“, so die Architekten.

Die Verringerung der Beckentiefe auf durchgehende zwei Meter und damit einhergehend der Abbruch der zehn Meter hohen Sprungturmanlage sei „die schmerzlichste Vorgabe“ gewesen. Als energetische Sparmaßnahme sei dies laut den Berliner Bäder-Betrieben jedoch notwendig gewesen, da bereits durch die immense Deckenhöhe größere Betriebskosten entstehen und aufgrund des Denkmalschutzes die Gebäudehülle nicht zusätzlich gedämmt werden konnte. Nicht verwunderlich, dass diese Schwimmhalle laut Presse in Zukunft eine der teuersten Anlagen der Bäder-Betriebe sein wird. Und das als rein sportorientiertes Bad ganz ohne Sauna, Wellness und Whirlpool. (pg)

Fotos: Tobias Reckert


Zum Thema:

Schwimmbäder auch zum Wohnen? Mehr dazu in der Baunetzwoche#352 „Schwimmen und Schwitzen“

Nils Meyer – www.nilsmeyer.com


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Kommentare

8

peter | 25.08.2014 21:26 Uhr

@mehmet und alle interessierten

ich bin ganz ihrer meinung. ihre ansicht bezüglich der haltung zu öffentlichen bauten in deutschland kann ich nur bestätigen, auch nach der eigenen erfahrung mit öffentlichem bauen in österreich und deutschland.
hierzulande verhindern öffentliche bauherrn in ganz vielen fällen aus lauter angst vor verschwenderischen architekten geradezu das aufkeimen jeglicher architektonischer idee. alles, was irgendwie nach einem gramm mehr qualität riecht als irgend nötig, wird bekämpft, verhindert, diskreditiert. gleichzeitig werden mit deutscher gründlichkeit und technikgläubigkeit jede mögliche technische neuerung in die bauwerke integriert, jede unsinnige technische anforderung umgesetzt und jedes erdenklich mögliche versicherungsrisiko baulich ausgeschlossen. dadurch ist dann schnell das budget aufgebraucht, zumal man sich bei der wirtschaftlichkeitsermittlung offenbar an den kostenvorgaben aus den zeiten vor passivhaus, enev und verschärften brandschutzbestimmungen orientiert.

allein schon dieses vorgehen verhindert in deutschland das entstehen hochwertiger architektur - wenn der architekt jeden seiner striche auf dem papier wirtschaftlich und technisch begründen muss, wird baukultur unweigerlich erstickt.

7

Anne | 25.08.2014 15:48 Uhr

@latimer:

Das kann man auch anders sehen.
Ein erhaltenes Gebäude, auch wenn es aus Nazizeiten stammt, regt stärker zum Nachdenken an als ein abgerissenes!
Es ist ein völlig richtiger Schritt, das das Denkmal aufwändig saniert und nicht etwa durch einen belanglosen Neubau ersetzt wurde.
Soll man alles abreißen, was nicht unseren Werten entspricht? Es ist doch besser den Größenwahn der damaligen Zeit an den Gebäuden noch wahrnehmen zu können und davon zu lernen.

6

mehmet | 25.08.2014 11:54 Uhr

sichtbar...

es ist sehr offensichtlich, dass bei bauten aus den 30ern heute ideologische probleme entstehen.

heute sind öffentliche gebäude für das allgemeinwohl, also schulen, kitas, bäder, sportplätze, einfach nur noch allerbilligste zweckbauten.

selbst in den chronisch finanzschwachen EU-Ländern gibt man sich mehr mühe und investiert mehr, wie wir auf dieser platform immer wieder zu sehen bekommen.

wenn man also ein schwimmbad aus der nazi-zeit saniert, aus welchen irrigen ideen auch immer diese damalige art von grossartigkeit hergeleitet wurde, hat man heute damit fundamental ein problem.

billigausstattung trifft auf marmor, baumarktverschalung auf skulpturale kunstwerke, lichtdurchflutete innenräume auf die diktatur der enerigenutzungsverordnung.

fast beschämt bekommt man dann den spiegel vorgehängt, wie billig wir heute geworden sind.

ein sehr ähnliches hallenbad befindet sich übrigens auf dem olympiagelände und wird u.a. von den wasserfreunden spandau genutzt.

5

latimer | 25.08.2014 10:50 Uhr

Sport im Denkmal???

Denkmal? Jetzt schlägt's 13! Hier wurde die Ideologie unserer Vorfahren saniert, auf daß geschichtsvergessene Nachfahren sich ihrer möglichst positiv erinnern können. Von außen fehlt nur noch die entsprechende Flagge, um vergessen zu lassen, welches Jahr wir haben!
Das Gebäude kann nichts dafür? „... der Abbruch der zehn Meter hohen Sprungturmanlage sei ‚die schmerzlichste Vorgabe' gewesen ..." Lasst uns die NS-Zeit doch gleich originalgetreu restaurieren! So werden wohl auch die damaligen Architekten, samt ihrer ideologischen Vorstellungen „saniert“.
Ein verantwortungsvoller Umgang mit Vergangenheit muss anders aussehen!

4

Andrea Palladio | 25.08.2014 09:27 Uhr

@Peter

Muss Ihnen zustimmen. Auf den ersten Blick sind mir auch die schäbigen Garderoben aufgefallen, dank Ihrem Hinweis dann auch das trübe Dach, welches nicht nur schlechtem Wetter geschuldet ist. Danke für den Hinweis.

Einmal mehr stellt sich bei derartigen Projekten die Frage, was besser gewesen wäre: ein pseudo-romantisches vor-sich-Hinrotten, Abriss und Neubau oder Sanierung mit den limitierten vorhandenen Möglichkeiten.

3

peter | 23.08.2014 22:37 Uhr

schwierige sanierung

eine ganz schwierige aufgabe lag hier wohl vor den architekten. insgesamt haben sie sie wahrscheinlich so gut wie möglich und vor allem gemäß den wohl nicht immer klugen vorgaben des bauherrn gemeistert. dennoch merkt man dem projekt seine zerrissenheit an.

vieles wirkt original, ist es hoffentlich auch - sonst wäre es kein denkmal, sondern eine farce. aber wenn man einen solchen ort der öffentlichkeit zugänglich macht, dann schmerzt es meines erachtens, wenn die ehemalige pracht halb rekonstruiert wird - nazi-hintergrund hin oder her. oder das sanierungskonzept ist nicht das passende.

um etwas weiter auszuholen: das haus ist doch nicht schuld an den verbrechen der nazis. wenn man sich für so einen ort schämt, sollte man ihn in eine gedenkstätte umwandeln oder das gebäude gleich abreißen. hat man aber nicht. mir ist das alles irgendwie zuviel kompromiss.

und dann frage ich mich, warum an allen ecken und enden gespart werden muss, warum das imposante glasdach 'zugenagelt' wird, die umkleiden aussehen wie aus dem billig-katalog für bäderausstattung, die türen zwar so ähnlich wie das original nachgebaut werden, aber dann mit pushbars und gleitschienenschließern derart zugerichtet, dass man gleich billige alu-rohrrahmentüren hätte einsetzen können. irgendwie alles unentschieden. dann bitte lieber alles konservieren, wie es war (originale fliesen, herausgerisssene wände/abbruchspuren, ausgebesserte böden, patina... und alles neue schön designt und als neuzeitlich erkennbar mit dem skalpell hineinschneiden. das wäre viel stärker gewesen und wahrscheinlich sogar nicht einmal teurer. aber es hätte allen beteiligten mehr mut abverlangt, der ja bei bauten der öffentichen hand in diesem unserem lande meistens ohnehin fehlt, uns dann noch bei einem bau mit dieser vorgeschichte.

mit einem klareren sanierungskonzept aber wäre der ort authentischer geraten. so wirkt die denkmaleigenschaft des gebäudes eher als eine last denn als bereicherung für seine zukünftige nutzung.

schade.

2

Friedel | 23.08.2014 19:01 Uhr

genial!

Genial gemacht - Glückwunsch an die Architekten!

1

sensibilisierte Anne Frank Tagebuchleserin | 22.08.2014 18:24 Uhr

Ende der Fahnenstange

Ich mag wohl schwimmen in einem hohen hellen Raum, wenn er auch eine solche nationalsozialistische Daseinsbegründung hat. Doch wünschte ich mir, dass zu den "schmerzlichen Vorgaben" eine stärkere "Entinnerung" gezählt hätte.
Die Lampen wurden durch neue, wahrscheinlich sehr verbrauchskostengünstige, ersetzt.
Wieso die dazu passenden Fahnenstangen nicht ebenfalls entfernt wurden, ist mir unerklärlich. Na, vielleicht wehen bald bunte Berliner Bäder Betriebe Flaggen daran und verhindern ein schmerzliches Erinnern an jene auf dem historischen Foto.

 
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