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02.02.2012

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Denkt Dudok!

Rathaus mit Kino in Haarlem


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Haarlem mit „aa“ liegt nicht in New York, sondern in den Niederlanden. Die Münsteraner Architekten Bolles+Wilson haben für Holland eine Formensprache entwickelt, wie sie der Backstein-Modernist Willem Marinus Dudok in Hilversum oder die Backstein-Expressionisten um Michel de Klerk in Amsterdam-Zuid verwendet haben könnten: Nach der Bibliothek in Helmond (BauNetz-Meldung vom 17. 9. 2010) wurde nun Ende letzten Jahres ein stilistisch ähnlicher Bolles-Wilson-Neubau in Haarlem eröffnet, der eine sehr ungewöhnliche – also holländische – privat-öffentliche Nutzungsmischung enthält: ein Rathaus mit Multiplexkino.

Der Neubau ist Bestandteil des größeren Entwicklungsgebiets „Raaks“ am Rande der Altstadt, das seit zehn Jahren in Planung ist. Nach einem Masterplan von Donald Lambert (Kraaijvanger Urbis) sind dort neben Bolles+Wilson auch Architekten wie Claus en Kaan und Jo Crepain tätig.

Der Neubau von Bolles+Wilson besetzt den äußersten Block dieses dichten und hoch urbanen Quartiersumbaus. Er soll sich – wie im Masterplan vorgeschrieben – beinahe nahtlos mit dem angrenzenden kleinmaßstäblichen Stadtgefüge zu einer Nachbarschaft verbinden. Die Architekten: „Der Randblock muss gleichzeitig vor dem Verkehr abschirmen und andererseits Fußgänger einladen, er muss Signal sein und respektvoll seinen Platz in der Fassadensequenz einnehmen, welche die historische Grenze der mittelalterlichen Stadt markiert.“

Nach verschiedenen Umplanungen wurde schließlich das Rathaus in den oberen Geschossen und das Kino in den Untergeschossen untergebracht. Die Architekten entwickelten einen Fenstertyp, der entweder von der Fassadenlinie zurückgesetzt, bündig mit dem Mauerwerk oder aus der Fassade hervortretend eingesetzt werden kann.

Die Architekten nahmen an verschiedenen Entwurfsworks, die vom verantwortlichen Stadtrat mit den Anweisungen „Don’t forget the clock-tower“ und „Think Dudok“ geleitet wurden. Bolles+Wilson: „Das Ergebnis war die Entwicklung einer artikulierten Backstein-Haut – einer Textur aus Schattenstreifen und flachen Feldern mit einer heller farbigen Mörtelfuge. Zur gleichen Zeit wurde das Volumen in einen Haarlem-angemessenen Maßstab modelliert mit Rücksprüngen an den Ecken und volumetrischen Verfeinerungen, die den Maßstab reduzieren. Das Büro Henk Döll hatte bereits ein neues Rathaus für Haarlem entworfen; es kam nun zum Workshop als Architekten für das Interieur der Stadtverwaltung hinzu.“

Geborgene Bauteile eines abgerissenen Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert wurden als Spolien am Neubau angebracht. Die Architekten beschreiben das so: „Der Einsatz von Carlo Scarpas Verona-Technik, bedeutsame Fragmente vor tragende Wände zu hängen, umgeht den ‚Pastiche‘ und präsentiert dem aufmerksamen Besucher eine historische Schichtung, einen Subtext, der
verortete Momente animiert und artikuliert. Zwei Statuen, die vielleicht einmal einen Diskurs zu ‚Tugend‘ oder ‚Klugheit‘ angestoßen haben mögen, finden
sich nun wieder, auf einem maßgeschneiderten Balkon und Podest sitzend. Weitere Bögen, Skulpturen, gemeißelte Steinreliefs von Schiffen und Ankereisen sind behutsam angeordnet, um Straßenräume, Blendmauern oder den Durchgang zu beleben, der den Block – eine weitere sequentialisierte und choreographierte
Raumentfaltung.“



Der Rathauskomplex umfasst 18.500 Quadratmeter und hat 18,3 Millionen Euro gekostet.


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Kommentare

3

architekt | 03.02.2012 15:39 Uhr

haarlem

die städtebauliche großform könnte für meinen geschmack etwas ruhiger und weniger zerklüftet sein, aber das haus hat feine details. schöne arbeit!

2

Stefan Frischauf | 03.02.2012 04:14 Uhr

Grosses Kino

ist es ja teilweise, was da in den Rathaeusern ablaeuft - und das sicher auch bei den hollaendischen Nachbarn im tiefen Westen Eurolands.
Wie das Ganze - bzw. ob das Ganze als Public Private Partnership (PPP) entsprechend finanziert wurde und wie dabei Nutzungstrennung und Ueberschneidungen aussehen - das waere sicher auch noch sehr spannend gewesen.
Wie dem auch sei - der Baukoerper und seine Plastizitaet und - Bolles und Wilsons Adaption und Interpretation des staedtebaulichen und des materialgeschichtlichen Kontextes scheinen doch sehr gelungen und - wenn dann das grosse Kino vor und hinter den Rathauskulissen in Haarlem auch gut funktioniert und sich dies fuer die weitere Stadtentwicklung auszahlt - dann kann man den Stadtvaetern und -muettern dort nur gratulieren.

1

ina koeleman | 02.02.2012 16:07 Uhr

haarlem

Herzliche Dank fuer Ihr Artikel.
Geboren in Haarlem bin ich mir noch immer nicht sicher wie schoen ich es finde. Verdichtung in der Stadt ist gewuenscht. Ich empfinde es auch schoener dann gedacht -(Planungsfase 10 Jahr..), aber die Mut und Politik die alte Substanz besser zu benutzen war nicht da. Das empfinde ich noch immer als Schade. Deshalb troestet es mich, das Sie die Neubau so Positiv beschreiben.

 
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