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12.02.2025

Buchtipp: Keine Angst vorm weißen Blatt

Preliminary Drawings in Architecture


Architekt*innen beginnen ihre Arbeit auf einem weißen Blatt, scheitern, probieren erneut, scheitern besser. Bis sich schließlich ein Gebäude abzeichnet, oder eben nicht. So versteht Kurator Manuel Montenegro den architektonischen Entwurf. Aus diesem von Samuel Beckett inspirierten Gedanken entstand vergangenes Jahr eine Ausstellung für das Kunstmuseum Olten, die sich mit der Handskizze und dem Potenzial des Fehlschlags im architektonischen Entwurf befasste. Das verrät auch der Titel der begleitend erschienenen Publikation Begin again. Fail better. Preliminary Drawings in Architecture.

Zugegeben, die Erzählung des beängstigenden weißen Blattes ist ein alter Hut. Doch wer möchte schon bezweifeln, dass jene Momente kurz danach, in denen der Stift (oder welches Werkzeug auch immer) zum ersten Mal an einer möglichen Realität kratzt, elektrisierend sind?

Die vielversprechende Prämisse des Ausstellungs- und Buchprojekts lautete daher: Gut 50 Schweizer Büros sollten je zwei Zeichnungen einreichen – eine aus der Phase ganz zu Beginn des Entwurfs und eine spätere, in der das finale Projekt zu erkennen sei. So wollten die Ausstellungsmacher die Deutungshoheit über einen Fehlschlag den Architekt*innen überlassen. Durchaus intime Werke also, die hier versammelt wurden – etwa von Caruso St. John, Christ & Gantenbein, Gigon Guyer oder Miller Maranta.

Leider löst sich das Versprechen im Buch, das Montenegro gemeinsam mit Helen Thomas, Dorothee Messmer und Katja Herlach herausgegeben hat, nicht ganz ein. Zumindest sehen wir selten einen wirklichen Fehlschlag, das Verwerfen oder nur geringfügige Überleben eines ersten Impulses. Dafür ähneln sich die meisten abgebildeten Skizzenpaare zu sehr. Man hätte deutlichere Gegenüberstellungen erwartet: Wie sieht die Transformation der naiven Idee aus, wenn die Architekt*innen nicht nur dem Kern der Aufgabe näher kommen, sondern der Entwurf auch Flächenvorgaben und Regelwerken standhalten muss?

Denn – das beschreiben die Texte im Buch anschaulich – es geht hier nicht um die vielbeschworenen Servietten-Skizzen. Vielmehr möchte das Projekt herausarbeiten, dass die Zeichnung nicht das Abbild einer architektonischen Vision ist, sondern die Idee erst durch das Aufzeichnen selbst entsteht. Indem das Papier eben nicht mehr weiß ist, wird es zum Diskussions- und Arbeitsgegenstand. Welchen Einfluss die handwerkliche Form der Skizze auf den Entwurfsprozess nehmen kann, macht das Buch mit seiner Vielfalt wiederum deutlich. So erahnen wir auch den inhaltlichen Zugang der Architekt*innen zu ihren Projekten.

Nebenbei ist das Buch auch eine Art selbsterfüllende Prophezeiung. „Die ersten Linien sind immer schon mit Vorwissen aufgeladen“, gespeist aus zahllosen Erfahrungen oder Referenzen, so Montenegro. Umso schöner, dass sich unter den knapp 200 Abbildungen auch historische Zeichnungen aus Archiven finden, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. So bringt uns Begin again. Fail better mit den ersten Entwurfsansätzen von Karl Moser, Peter Märkli oder Aldo und Hannie van Eyck in Berührung.

Text: Maximilian Hinz

Begin Again. Fail Better. Preliminary Drawings in Architecture
Kunstmuseum Olten, Helen Thomas, Dorothee Messmer, Katja Herlach, Manuel Montenegro (Hg.)
Englisch
216 Seiten
Park Books, Zürich 2024
ISBN 978-3-03860-375-7
52 Euro


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