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18.05.2018

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Bewegte Tribüne in Paris

Pferderennbahn Longchamp von Dominique Perrault


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Jedes Jahr im Oktober erlebt das Hippodrome de Longchamp, die berühmte Pariser Pferderennbahn im Bois de Boulougne, den Höhepunkt der Saison: Dann findet hier der Prix de l’Arc de Triomphe statt, eines der prestigeträchtigsten Galopprennen weltweit, das Zehntausende Besucher anzieht. Um für solche Menschenmassen räumlich besser aufgestellt zu sein, wurde der Tribünenbereich in den vergangenen Jahren im Auftrag der Betreibergesellschaft France Galop einer grundlegenden Umgestaltung unterzogen – und zwar nach Plänen von Dominique Perrault, dessen Büro den 2011 ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatte. Am 29. April wurde das neue Zuschauergebäude eröffnet.

Im Zuge der Intervention der Pariser Architekten wurde das Publikumsareal – ein Potpourri verschiedener Bauten aus unterschiedlichen Epochen – komplett neu organisiert: Während der historische Bestand des Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten Hippodroms saniert wurde, darunter auch die 1921 von Charles Adda entworfene Tribüne, mussten die aus den 1960er Jahren stammenden Erweiterungsgebäude weichen. An ihrer Stelle steht nun Perraults kompakter Neubau mit bronzen glänzender Aluminiumfassade, der auf vier Ebenen Platz für bis zu 10.000 Zuschauer bietet. Ergänzt wird das Raumprogramm von einem Dachrestaurant mit Terrasse, diversen Bars, einer Brasserie sowie Empfangsräumen, privaten Suiten und Pressebereichen.

Der Clou des neuen Publikumsriegels mit einer Gesamtgeschossfläche von 60.000 Quadratmetern ist seine dynamische Gestaltung, bei der Perrault – wie sollte es anders sein – ein galoppierendes Pferd vor Augen hatte. Die übereinander geschichteten Ränge sind leicht nach unten geneigt, damit die Zielgerade auch perfekt im Blick liegt. Sie schieben sich von Level zu Level etwas weiter zur Seite und nach vorn hinaus. Das verglaste Obergeschoss  – hier liegen das Restaurant sowie VIP-Lounges – kragt seitlich ganze 20 Meter aus.

Auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite setzen sich die Ränge als Balkons fort, von denen aus sich ein beeindruckender Ausblick auf die Stallungen und den Paradering sowie die dahinterliegende Pariser Skyline bietet. Jede Tribünenebene lässt sich konplett im Außenbereich umrunden, so dass sich ein 360-Grad-Panorama der Rennbahn eröffnet. Perrault selbst bezeichnet den Baukörper auch als „transparentes Regal“ und meint damit ein offenes, durchlässiges Gebäude, das keine klar definierte Vorder- und Rückseite hat und die Besucher zum freien Zirkulieren animieren will.

Als Baumaterialien kamen im Wesentlichen Beton und Metall zum Einsatz, die Tribünenverkleidung besteht aus Holz. Das Gebäudeinnere ist dank großflächiger Verglasungen in Licht getaucht, die Foyers erinnern in ihrer dezent-eleganten Gestaltung an die eines Theaters, auch hier dominieren edle Gold- und Bronzetöne – schließlich ist eine Pferderennbahn immer auch eine prominente gesellschaftliche Bühne. (da)

Fotos: Vincent Fillon/Dominique Perrault Architecte/Adagp


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Kommentare

3

Lars K | 22.05.2018 11:14 Uhr

Völlig unabsichtlich

musste ich plötzlich an Chipperfields "Pavillon" für den Americas Cup in Valencia denken. Aber das grundsätzliche Motiv, horizontal betonte Ebenen gegeneinenader zu verschieben und schön in die Länge zu strecken macht bei solchen Aufgaben natürlich grundsätzlich Sinn und gibt es wahrscheinlich auch noch viel viel öfter.

2

Johann Maier | 20.05.2018 13:20 Uhr

Perrault

Diese Tribüne ist sicherlich spektakulär und eine gelungene Umsetzung der Wettbewerbsgrafik.
Charakteristisch für Perrault ist die gnadenlose Länge des Gebäudes und die vielen Terrassenflächen und Treppenanlagen, die eine kaum zu ignorierende Verlorenheit erzeugen. Die vorhandene Reihung der Bestandsgebäude nutzt er, um eine unendlich scheinende Perspektive zu erzeugen.
Wie ein Sternekoch präsentiert der Architekt seine neuste Variation zum Thema "Das Erhabene".
Bewundernswert wie es möglich sein kann, ein Thema bei derart gigantischen Bauten immer wieder neu zu interpretieren.

1

Martin | 18.05.2018 20:51 Uhr

Industriecharme vs. Elegance

Nicht nur äußerlich widersetzt sich das Projekt so ziemlich allem, was man eigentlich mit der Eleganz des Altbaus und der Pferderennbahn als gesellschaftlichem Event verbinden sollte. Industriecharme, der sich durch seine Farbgebung und Materialität, wie auch seine schiere Masse zur Schau stellen will. Die Glühfadenlampe hat eher etwas mit der Fabrik zu tun, von welchem sich die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts ihren Wohlstand und damit Pferderennen als Event leisten konnte. Aber welcher Fabrikant möchte am Sonntag an seine Fabrikhallen erinnert werden? Prinzipiell ist die Gestaltung durchaus gelungen, in Bezug auf Kontext und Bestand jedoch vollkommen fehl am Platze.

 
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Die ursprüngliche Bausubstanz der Pferderennbahn in Longchamp stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde umfassend saniert.

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Perrault ersetzte die Tribünen aus den 60er-Jahren durch einen kompakten Neubau.

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Bronzefarbenes Aluminium und Holzverkleidungen sorgen für einen glänzenden Auftritt.

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Auch im Inneren dominiert schlichte Eleganz. Hier wird die Rennbahn zur gesellschaftlichen Bühne.

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