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07.10.2019

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Riegel mit Rundbögen

Museum von Barozzi Veiga in Lausanne


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Der Begriff Riegel fällt gern, tauchen längliche Bauten in der Architektur auf. Doch auf dieses Museum am Bahnhof von Lausanne, zu dessen Eröffnung am letzten Wochenende gut 19.000 Besucher gekommen sein sollen, ist die Bezeichnung Riegel geradezu zugeschnitten: 145 Meter lang, 22 Meter hoch, 21 Meter tief. Barozzi Veiga (Barcelona) haben den imposant minimalistischen Bau für das kantonale Kunstmuseum entworfen und realisiert. Den schmalen und fast gänzlich geschlossenen Quader mit heller Ziegelfassade platzierten sie anstelle eines stillgelegten Betriebsbahnhofes aus dem 19. Jahrhundert, direkt an die Gleise der Schweizer Bahn. Für ihren klaren Entwurf zum Musée cantonal des Beaux Arts (kurz MCBA) und den Masterplan des dazugehörigen zwei Hektar großen Geländes gewannen sie 2011 einen Wettbewerb des Kantons Waadt. Am 5. und 6. Oktober wurde der Kunstriegel, dessen Bauprozess von langwierigen Genehmigungen begleitet war, an der Place de la Gare eröffnet.

Auf dem Gelände eines alten Lokdepots wird bis 2021 ein ganzes Kulturquartier mit dem Namen Platform 10 entstehen. Neben dem MCAB, auf dessen Fassade Barozzi Veiga noch einzelne Elemente des abgetragenen Bestands wie Spolien erhalten haben, wird bis 2021 ein gemeinsamer Neubau für ein Design- und ein Fotografie-Museum nach Plänen von Aires Mateus (Lissabon) errichtet – ein Würfel mit schlitzförmigen Öffnungen. In ihrem Masterplan ordnen Barozzi Veiga die zwei neuen Museumsbauten um ein bestehendes Freiareal an und formen dieses zu einem großen öffentlichen Platz um. Er zieht sich nun über die gesamte 145 Meter messende Länge des MCAB. Für die Realisierung des Kulturprojekts stellen der Kanton Waadt und eine Reihe von privaten Sponsoren gemäß offiziellen Angaben insgesamt 180 Millionen Franken zur Verfügung (davon 75 Millionen aus privater Unterstützung). Zum Vergleich: Das Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin soll 540 Millionen Euro kosten.

Auf drei Etagen bringen die Architektinnen das Raumprogramm des Kunstmuseums unter. Ein durchgehendes Foyer verbindet die drei Ebenen. Im Erdgeschoss befinden sich Eingang, Buchhandlung, Restaurant, Auditorium und eine Galerie für Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst. Auf dieser  öffentlichen Ebene gestalten Barozzi Veiga auch die Fassade offener, so dass die internen Funktionen außen vom Platz aus ablesbar sind. Auf den höheren Ebenen liegen die insgesamt 3.000 Quadratmeter umfassenden Ausstellungsflächen, für Dauerausstellungen im Ostflügel, für Wechselausstellungen im Westflügel. Dank unabhängiger Erschließungswege können die Flächen gemeinsam oder parallel besucht werden.

Barozzi Veiga gaben ihrem Riegel zwei Fassaden: eine geschlossene im Süden und eine offene im Norden, zur Place de la Gare hin. Vertikale Lamellen bedecken die Nordseite, die vereinzelt von großen Fenstern durchbrochen wird. Im Süden beließen sie ein Portal des alten Lokdepots, das für den Neubau abgerissen werden musste. Seinen Rundbogen greifen sie im Inneren des Baus auf, womit die Architekt*innen der strengen Riegelförmigkeit ihres Museums noch eine andere geometrische Form entgegensetzen. (sj)


Fotos: Simon Menges


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Kommentare

6

STPH | 10.10.2019 09:48 Uhr

...

das phantastischste ortbestimmende Objekt, der Schienenraum wird ausgeblendet. Gefiltert und verfremdet, akustisch und optisch, bietet er einen riesigen maschinenbelebten Raum, der so nicht nur Eisenbahnfreunde wie am Schalthebel ihres Spielzeugs fasziniert.
Die Raumquetschung und Dehnung, verbunden mit Bewegung ist noch gar nicht architektonisch eingepreist. Wie ein überfordertes, kleines Kind wendet sich die Architektur hier ab.

5

reto | 08.10.2019 15:52 Uhr

@ Marc

Nuja, nicht jedes Tonnengewölbe ist gleich Boullee, aber sei es drum.

Der gezogene Vergleich zu einer Krankheit war meine persönliche Empfindung, die mir einschoss und als solche nicht negativ. Wie ich auch Menschen, die an dieser Krankheit leiden, nicht irgendwie negativ darstellen will. Sie haben eben nur einen sehr eingeschränkten Bezug zur Außenwelt und sind in sich gekehrt - können dort aber sehr schön sein bzw. auch einzelne herausragende Fähigkeiten haben. Ich fand das auch für dieses Gebäude zutreffend.....

4

Marc Laugier | 08.10.2019 13:55 Uhr

boullee heute


@2

Wieso hier ein Krankheitsbild als - noch dazu negative - Metapher herangezogen werden muss, erschliesst sich mir nicht. Finde das sehr problematisch.

Zur Architektur: Boullee zeitgenoessisch erfahrbar gemacht. Klassisch ohne Heimatschutz-Gemuckel und Gemuetlichkeitszwang. Super!

3

Jenatsch | 08.10.2019 09:45 Uhr

Vergleich

Ohne ein Minimum an Angaben zu Kubatur und (Ausstellungs-)Fläche ist der Vergleich zu den Baukosten des M20 in Berlin völlig unsinnig. Überdies scheint es auch noch zu einem Zahlendreher gekommen zu sein? Ganz generell wäre es interessant, wenn das Baunetz grundsätzlich ein paar Basisdaten zu den vorgestellten Projekten liefern würde (BGF, BRI, KG 300+400).

2

reto | 08.10.2019 08:59 Uhr

asperger

Postitives zuerst: die Innenräume finde ich sehr gelungen. Ich kann mir das als eine fast sakrale Atmosphäre vorstellen, die erst durch die Kunst, die sicher hervorragend präsentiert wird, und die Besucher zum Leben erwacht.
Außen jedoch? Erscheint mir als völliger Fremdkörper ohne Bezug zur Umgebung, als autistisches Kunstobjekt, dass weder einladend wirkt noch sein Umfeld einbezieht. Das Lokschuppenfragment und die Fensterstreifen sind da nur eine "Inselbegabung".
Fazit: gelungen, aber ein bisschen weniger formal wäre sympatischer gewesen.

1

Philipp Braun | 07.10.2019 19:49 Uhr

Vorher-Bilder

Liebe Baunetz-Redaktion,

die einzelnen Beiträge wären so viel erhellender, wenn in der Galerie auch Vorher-Fotos gezeigt würden! Den Vorzustand mit Lokdepot kenne ich aus eigener Anschauung. Es gab anfangs die Zielsetzung, davon gewichtige Teile zu erhalten. Leider wurde dies nicht umgesetzt, sondern nur einige wenige Spolien integriert. Wer weiß, wie es hier vorher aussah, dem treibt dieser völlig unatmosphärische kalte Kasten die Tränen in die Augen.

 
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Die Nordfassade mit Eingang ist zu einem öffentlichen Platz gewandt.

Die Nordfassade mit Eingang ist zu einem öffentlichen Platz gewandt.

Gefiltertes natürliches Licht kommt über eine Deckenverglasung mit eingebauten Jalousien in die oberen Räumlichkeiten.

Gefiltertes natürliches Licht kommt über eine Deckenverglasung mit eingebauten Jalousien in die oberen Räumlichkeiten.

Zum Süden hin, in Richtung der Gleise, schließen Barozzi Veiga die Ziegelfassade.

Zum Süden hin, in Richtung der Gleise, schließen Barozzi Veiga die Ziegelfassade.

Die Treppen legen die Architekt*innen als Querachsen in den Riegelbau, belichtet durch die wenigen aber imposanten Glasflächen an der Nordfassade.

Die Treppen legen die Architekt*innen als Querachsen in den Riegelbau, belichtet durch die wenigen aber imposanten Glasflächen an der Nordfassade.

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