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24.04.2020

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Im Bannkreis der Uhrmacher

Museum von BIG und Atelier Brückner im Schweizer Jura


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Wie ein Schneckenhaus kringelt sich seit kurzem ein gläsernes Gebilde einen Hügel am Rande des Dorfes Le Brassus nahe des Genfer Sees herab. Für den in einem Hochtal inmitten des Schweizer Jura gelegenen Ort haben BIG (Kopenhagen) ein Museum mit integrierten Werkstätten entworfen. Bauherr ist der traditionsreiche Uhrenhersteller Audemars Piguet. Das spiralförmige, an das bestehende Gebäude des Unternehmens angeschlossene Musée Atelier bietet Platz für die Präsentation historischer Uhren sowie der filigranen Produktionsprozesse. Die Umsetzung vor Ort übernahm das Architekturbüro CCHE (Lausanne), die Ausstellungsgestaltung Atelier Brückner (Stuttgart).

Der Bau mit 2.500 Quadratmeter Bruttogrundfläche lässt – das liegt bei dem Bauherrn gewissermaßen auf der Hand – gestalterisch an ein Uhrwerk denken. Die insgesamt 108 Wände, teilweise nur 12 Zentimeter stark, aus strukturiertem, gebogenem Glas tragen das Stahldach und damit immerhin eine Gewicht von 470 Tonnen. Ein Messinggitter, das entlang der äußeren Oberfläche verläuft, reguliert Licht und Temperatur, lässt aber Blickbeziehungen zwischen Innen und Außen zu. Das in sich gekippte, begrünte Dach trägt ebenfalls zur klimatischen Regulierung bei und bettet den Bau zugleich in die Landschaft ein. Von oben weckt der Bau unwillkürlich Assoziationen an die Spiral Jetty des Land Art-Künstlers Robert Smithson.

Wie das Dach besitzen im Inneren auch die Böden unterschiedliche Neigungen. Dort ziehen sich die gebogenen Glaswände im Uhrzeigersinn zunächst bis zur Mitte der Spirale, bevor sie in entgegengesetzter Richtung weitergehen. Den Architekten zufolge gleicht der Bewegungsverlauf der Besucher*innen durch das Gebäude der Feder einer Uhr. Die Ausstellungsgestaltung von Atelier Brückner bereitet die Geschichte von Audemars Piguet in verschiedenen Themenbereichen auf, von den „Ersten Uhrmachern“ bis zum „Mechanischen Herz“, und inszeniert die über 300 astronomischen, schlagenden und chronographischen Uhren.

Im Zentrum der Spirale sind die „Komplikationen“ untergebracht. Denn, wie Freunde des gepflegten Zeitmessens wissen: Umso höher die Anzahl der Komplikationen, desto komplexer das Uhrwerk. Als chronometrisches Kronjuwel präsentiert sich die „Universelle“. Die 1899 als Unikat geschaffene Taschenuhr ist ein technisches Meisterwerk aus 1.168 Einzelteilen mit sage und schreibe 21 Komplikationen. In den umliegenden offenen Ateliers schließlich können die Besucher den Kunsthandwerker*innen bei der Durchführung besonders komplizierter Handgriffe quasi über die Schulter blicken. (stu)

Fotos: Iwan Baan, Audemars Piguet


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Kommentare

15

STPH | 30.04.2020 18:41 Uhr

eindrehen und wieder rausdrehen

schön ist das Motiv des sich eindrehens und wieder ausdrehens der Landschaft. Insofern steht die Form doch in einem intensiven Wechselverhältnis zu Natur, und die weißen Häuser sitzen nur wie Makronen auf ihr.

Alles scheint von ihr auszugehen, was man aber erst auf den zweiten Blick entdeckt.

14

balina | 29.04.2020 15:38 Uhr

Überzeugend

Gratulation an die Projektbeteiligten.
Das Ergebnis dieser Kurvendiskussion scheint mir im Artikel nicht mal ansatzweise gewürdigt worden zu sein. Allein die komplexen Anforderungen an die Tragkonstruktion aus Rundungen im Grundriss und Neigungen der Dach- und Bodenebene mit den bekannten technischen Anforderungen des Gebäudes in Einklang zu bringen sind für mich auf den kurzen Blick erstaunlich gelöst.
Auch die Setzung als Museum an diesem Ort ist nachvollziehbar, im Gegensatz zum weitaus größeren Hotelkomplex im Zickzack nebenan.

13

Tine Wittler | 29.04.2020 09:41 Uhr

Sonnengruß

...dann doch eher die Sonnenscheibe von Le Brassus. Genial - aber auch ein bischen dazwischen.

12

Christian Kringelwächter | 28.04.2020 19:38 Uhr

Kuckuck

...der Kringel. Ja, der Kringel ist es... ich kann den nicht gut leiden, der schwurbelt mir hier einfach zu sehr aus der Landschaft heraus. Die Form ist fast zu Aufgesetzt für die Aufgabe, zu Komplex für den Ort. Die Aufgabe und Statement soll mitunter jedes Kind lesen - ja wie toll ist das denn, was machen Kinder denn im Luxusuhrenhüttlein- oder traut man den Besuchern nicht zu, das sie den Kontext verstehen? Muss klein Guggenheim durch den Meister der Bullerbü-Hills Bjarke Ingels mit Optigrün und Nitratbeigabe eine Fortschreibung erfahren? Der Ort spricht eine andere Sprache - ja, auch nicht so der Knaller, kann man ja sehen, das für jedes Häuslein im Dorf kein Kringeldreher am Werk war. Das hat dann auch alles seine Gründe gehabt irgendwie... Das das Uhrenhandwerk im 19. Jahrhundert wohl sehr wahrscheinlich in einer dieser profanen Nachbarhäuslein sein U(h)rsprung (sorry) gefunden hat, liegt so nahe, wie der Kuhfladen auf der Wiese zu seinem neuen Nachbarn. Jetzt steht man vor der Frage: muss man den Bestand würdigen und aufgreifen? Nein, sicher nicht, die Zeiten sind vorbei. Der (kein) Ort ist auch nicht nur auf Rücksicht erbaut, Satteldächlein muss hier ja auch nicht hin, vielleicht einer dieser netten Kisten aus Berlin, die hier neulich im Baunetz zu bewundern waren, die passen so gut in Schweiz... Ne, irgendwie riecht der Kringel nach´nem dicken Aufschlag, ein namhafter Architekt musste her, hier werden schließlich feine Uhren verschraubt - ein Stall wie zur Geburt von Jesus Christus in Bethlehem wird dem heutigen Handwerk halt auch nicht mehr gerecht, hier muss jedem Eintretenden gleich kar sein, hier ist ein UFO gelandet, hier rotiert alles im Kreis, so wie die Zeiger einer Uhr, jeder Zeiger der sich dreht, dreht sich eine: Flaschen drehen ist hier nicht. Eigentlich hat die Zeit ja etwas fast schon zeitloses. Sie durch bspw eine Uhr sichtbar werden zu lassen, benötigt es Disziplin, Konzentration, kleine Schräubchen würde ich meinen, keine konzentrischen Karussellfahrten durch die Galaxis. Ja doch, aber klar, ist doch die Ausstellung integraler Bestandteil und Erlebiswelt zugleich. Ja ne, hh-architekt, ich drehe mich echt im Kreis, ich habe einen Drehwurm beim Kringelgucken von Bjarke Kringelsen dem sein Kringelhaufen...

11

Dr. Yikes | 28.04.2020 14:50 Uhr

#10

Sie haben Recht, ich bitte um Entschuldigung.

10

auch ein | 28.04.2020 08:15 Uhr

architekt

@9:
Warum in D undenkbar?
wegen der doofen Spiesser die die Architekten nicht verstehen?

Ganz schön arrogant

9

Dr. Yikes | 27.04.2020 22:41 Uhr

Unter allen Gipfeln ist Unruh

Schöner Entwurf, unaufdringliche Integration in den Bestand und überragende Ausführung.

In D? UnDenkbar.

8

hh-architekt | 27.04.2020 18:26 Uhr

@Kringelwächter

Why not? Wenn's gut wird? Schreib doch was Dir konkret und aus tiefster Überzeugung nicht gefällt.

7

Christian Kringelwächter | 27.04.2020 17:04 Uhr

form follows iconography

Hallo hh-architekt.

Ich schreibe dir aus tiefer Demut. Ich habe soetwas in der Tat noch nicht geplant und gebaut.


...Aber auch aus Überzeugung.

6

hh-architekt | 27.04.2020 15:17 Uhr

tolles Projekt

Die in diesem Forum weit verbreitete Art, in der kurzen Zeitspanne eines Kommentares, entwurfliche Verbesserungsvorschläge vorzutragen, ist unerträglich und zeugt einzig und allein davon, dass der Kommentator noch nie ein Projekt dieser Klasse umgesetzt hat und sich auch in keiner Weise über die Enstehung eines anspruchsvollen Entwurfes und die Abwegungen innerhalb eines Entwurfsteams im klaren ist. Hier sollte - durchaus auch von Laien - das vorgestellte Projekt kommentiert werden.

Denn das lohnt sich: die Skepsis gegenüber eingängigen Großformen weicht bei mir schnell der Erkenntnis, dass mit dieser einfachen Grundform, und der Reduktion auf wenige Elemente, sehr schöne Räume und tasächlich auch eine ungewöhhnliche aber gelungene Integration in die umgebende Bebauung und die Landschaft des Tales gefunden wurde.
Die Herleitung der gerampten Spirale aus dem semantischen Umfeld der Uhrmacher und bezogen auf den Besucher-Aspekt ist legitim und nachvollziehbar. Auch in der Landschaft (Bild 5 der vorgelagerte Graben, oder die Farbe des Streckmetalls in der Fassade, Bild 6 ) sowie in einem der Nachbargebäude (Bild 28, linear gerampter Vorbau) wurden Anküpfungspunkte für die Grundidee gefunden. Und diese einfache Grundidee zu einer so lebendigen, vielfältigen und vielschichtigen Architektur zu transformieren zeigt von großer Klasse und einem guten Verhältnis zwischen Bauherr und Architekt. Gratulation an Beide.

5

TJH | 27.04.2020 11:56 Uhr

verpasste Chance

Wenn "nirgendwo clashende Bauteile" jetzt der Maßstab für gute Architektur sind um durchaus berechtigte (wenn auch stark vereinfachte) Kritik abzutun, dann braucht man sich einmal mehr nicht über den beklagenswerten Zustand unserer Branche (vor allem in Deutschland) wundern.

Abgesehen davon jedoch wird bei diesem Pavillon ersichtlich wie schnell sich die piktogrammartigen Konzepte von BIG abnutzen. Das Haus hat man ja schon wieder fast vergessen, wenn man den Artikel schließt.
Man könnte jetzt sagen, bei so einem kleinen Gebäude ist "der große Wurf" auch nicht einfach, von einem gefeierten Büro wie BIG erwarte ich jedoch, dass sie das hinbekommen.

Was mMn definitiv eine verpasste Chance ist: Es scheint ja teil des Ausstellungskonzeptes zu sein, die Uhrmacher bei der Arbeit zu beobachten. Dass das dann nicht mit einem begehbaren Dach kombiniert wurde, wenn man sowieso schon Rampen und eine Spiralform hat, verstehe ich definitiv nicht. Dadurch wird das Haus dann endgültig zu einer ziemlich biederen Geschichte.

4

Stefan S | 27.04.2020 11:50 Uhr

Landschaft

Darf ich nachfragen ob es Auskünfte zum bisherigen Projektteam gibt ? Bzw. würde mich gerne interessieren wie der ganze Planungsprozess vorangeschritten ist und wann welcher Planungsteilnehmer ausgetauscht oder gespart wurde.

Sieht nach einem schönen Projekt aus, aber mir scheint da ist wieder viel Blut geflossen.

Projektteam Stand 2014:
Bjarke Ingels Group
mit HG Merz Architekten und Museumsgestalter
Lüchinger und Meyer Bauingenieure
Müller Illien Landschaftsarchitekten

3

Herr Architekt | 27.04.2020 10:56 Uhr

Die Kommentare...

sind wie so oft unterirdisch. Formal interessant, gut gelöste Details. Nirgendwo clashende Bauteile die man selbst in einfachen Kisten findet. Top Entwurf und gute Ausführung. Gerne mehr davon!

2

remko | 24.04.2020 18:13 Uhr

...

die Baustellenbilder waren vielversprechend. Aber selbst in diesen hohen Stararchitektur-Sphären trennt sich immer noch die Spreu vom Weizen. Es ist halt kein SANAA oder Ishigami im Innern sondern schnöder skandinavischer Corporate-Schick.

1

Christian Kringelwächter | 24.04.2020 16:03 Uhr

Keine dänische Zimtschnecke

Der Entwurf:

Kuhwiese, Teufel - und immer der gleiche Haufen, Gold daraus machen.

 
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