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15.04.2019

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Sozialbau im Wandel

Mies van der Rohe Award 2019


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Die Pariser Büros Lacaton & Vassal Architectes, Frédéric Druot Architecture und das in Bordeaux ansässige Büro Christophe Hutin Architecture gewinnen den Preis der Europäischen Union für zeitgenössische Architektur, den Mies van der Rohe Award 2019. Die Auszeichnung erhielten sie für ihr Gemeinschaftsprojekt Grand Parc Bordeaux, das die Transformation von drei sozialen Wohnungsbauten der frühen 1960er Jahre mit 530 Einheiten umfasst. Der innovative Umbau verleihe allen Wohnungen neue Raum- und Wohnqualitäten, indem vorhandene Potenziale weiterentwickelt und Missständen durch kostengünstige Maßnahmen konsequent entgegengewirkt werde, so die Begründung der Jury.

Die Europäischen Kommission und der Fundació Mies van der Rohe verkündeten die Entscheidung am 10. April auf einer Pressekonferenz in Brüssel. Die Jury unter dem Vorsitz von Dorte Mandrup hatte die Aufgabe, unter 383 Einreichungen aus 38 europäischen Ländern die in konzeptioneller, sozialer, kultureller, technischer und konstruktiver Hinsicht herausragenden Projekte der letzten zwei Jahre zu finden. Zuvor gelang 40 Projekten der Sprung in die Shortlist, aus der fünf Projekte in die finale Runde kamen. Den mit 60.000 Euro dotierten, im zweijährigen Rhythmus vergebenen Preis konnten zuvor NL Architects und XVW architectuur für das Projekt DeFlat Kleiburg in Amsterdam gewinnen, ebenfalls ein Wohnungsbau.

Das Gewinnerprojekt Grand Parc Bordeaux

Die in Bordeaux zu Beginn der 1960er errichteten Plattenbauten waren vor der Intervention 2014 in einem maroden Zustand, der Abriss stand zur Diskussion. Die Architekt*innen entschieden sich jedoch – ähnlich wie im Projekt Tour Bois le Prêtre –  für eine feinfühlige, wenngleich umfassende Renovierung und Erweiterung der Betonscheiben. Diese umfasste insbesondere vor die Fassade gestellte Wintergärten und Balkone, die den Wohnraum erheblich vergrößern. Zudem wurden die Erschließungsbereiche renoviert und neue Nutzflächen auf den Dächern der Bauten generiert. Konzeptuell stand die sozialverträgliche Erhöhung der Wohnqualitäten im Zentrum des Umbauprojekts: mehr Raum, mehr Licht, mehr Aussicht sowie zeitgemäße Standards in der Ausstattung. Die Umgestaltung jeder Einheit kostete 50.000 Euro und hat den Mietpreis für die bisherigen Bewohner*innen, die während der Bauarbeiten in ihren Wohnungen bleiben konnten, nicht erhöht.
 
Die Jury bewertete positiv, dass das Projekt den existierenden europäischen Wohnungsbestand aus der Nachkriegszeit herausfordert und mit minimalen Mitteln eine maximale Wirkung erzielt. Die unterschiedlichen Nutzungen der Mieter*innen würden respektiert: Mit Einfühlsamkeit und in Zusammenarbeit mit den Bewohner*innen haben Lacaton & Vassal, Frédéric Druot und Christophe Hutin „das Leben der Menschen zum Besseren verändert, ohne deshalb ihr früheres Leben unterzubewerten, und die neuen Räume mit Poesie gefüllt,“ so die Jury.

Studio Bast gewinnt Nachwuchspreis

Mit dem Nachwuchspreis Young Talent Architecture Award wurde das Architekturbüro Studio Bast aus Toulouse für sein Schulrefektorium im südfranzösischen Montbrun-Bocage ausgezeichnet. Die Jury ließ sich von den äußerst präzisen Umsetzungs- und Gestaltungsentscheidungen überzeugen, die den Speisesaal trotz des relativ kleinen Budgets zu einem bemerkenswerten Projekt machen. Die Einfachheit der Bauteile und Bauweise biete großzügigen Platz und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, ohne ästhetische, baukünstlerische Aspekte zu vernachlässigen.

Der Mies van der Rohe Award würdigt seit 1988 hervorragende konzeptionelle, soziale, kulturelle, technische und konstruktive Leistungen in der europäischen Architektur – seit 2001 ist er der offizielle Architekturpreis der Europäischen Union. Die Preisverleihung mit Ausstellung findet am 7. Mai im Mies-van-der-Rohe-Pavillon in Barcelona statt. (stu)


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Kommentare

5

STPH | 26.04.2019 12:02 Uhr

Die Grüne Verheißung


Ich möchte mich Herrn Richter anschließen. Der Flächengewinn im Umfeld einer Großsiedlung wird leider nur selten gut gestaltet. Dabei schafft erst er die räumliche Nähe und setzt die Blocks in die zweite Reihe. Dieses Problem bleibt auch bei aufwendigerer gestalteter Fassade bestehen. Auch die nachträglichen Farbversuche setzen hier auf der Falschen Ebene an und verschlimmern das Ganze. Das Ökozeitalter müsste an dieser Stelle ansetzen und die Verheißungen der Moderne umsetzen. Auch der ruhende Verkehr kann hier aufgelockert integriert werden ohne Gegensätzlichkeiten. Die Verheißung des gut gestalteten grünen Paradises harrt hier noch der Einlösung.
Zudem; tiefere Grundrisse verlagern nur den nutzbaren Raum und verdunkeln das Innere.

4

ol_wei | 16.04.2019 08:27 Uhr

wie immer

wie immer sind die interventionen von lacaton & vassal exzellent. an dieser arbeitsweise können sich die deutschen wohnungsgiganten mal ein scheibchen abschneiden, so funktionieren mieterfreundliche sanierungen. bitte mehr davon!

3

Lutz Borchers | 15.04.2019 21:10 Uhr

sozialer Luxus

Die Mieter und ihre Möbel fremdeln in den neu gewonnen Flächen. Müssen sie den Zugewinn über Mieterhöhungen bezahlen oder ist er ein Umverteilungsgeschenk?

2

Hanns Baumann | 15.04.2019 19:44 Uhr

Aufwertung.

Architektonisch gelungen - soweit das anhand von Fotos zu beurteilen ist... Ökonomisch und sozial auch?? Welche Kosten entfallen auf die Mieter? Um wieviel wurde die Miete erhöht? Wurden die Maßnahmen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern abgestimmt? Wie lange waren die Wohnungen während der Bauzeit nicht nutzbar? Und – Dank an Christian Richter – geht mit dem Umbau eine Aufwertung des Quartiers einher? Die hohe Verdichtung erfordert exzellente Freiräume bzw. deren Aufwertung ebenso wie die der öffentlichen Einrichtungen. Stadterneuerung stimmt nur im Dreiklang: Sozial, ökonomisch, baulich

1

Christian Richter | 15.04.2019 15:52 Uhr

Dauerhaft nachhaltig?

Bei aller Freude über die gelungene Umgestaltung bleibt ein flaues Gefühl - nämlich das die Ursprungsarchitektur vermutlich genauso dem damaligen Gestaltungsempfinden entsprach, und ebenso "fortschrittlich" wirkte wie es die Sanierung heute wieder tut.
Aber wird die Großsiedlung dann in 40 Jahren nicht wieder in derselben Vernachlässigung enden? Weil die Probleme tiefer liegen? Die Zeit wird zeigen, ob es sich wirklich um eine nachhaltige Lösung handelt.

 
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Das Projekt „Grand Parc Bordeaux“ umfasste die Transformation einer Wohnscheibe aus den 1960er Jahren.

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Die vorgesetzten Wintergärten sorgen für eine deutliche Aufwertung der Fassaden ...

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... und schaffen mit preisgünstigen Materialien zusätzlichen, hellen Wohnraum.

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