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28.02.2020

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Leuchtende Container am Bosporus

Kunstmuseum von Emre Arolat in Istanbul


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Istanbul wird immer mehr zur internationalen Kunstmetropole. Erst im September 2019 eröffnete das private Kunstmuseum Arter von Nicholas Grimshaw in Dolapdere, und seit 2016 entsteht am Bosporus, im Stadtteil Karaköy, ein Neubau von Renzo Piano für das ebenfalls private Istanbul Modern. Kulturbauten in dieser Größenordnung dauern in Istanbul häufig lange: Nach acht Jahren Bauzeit wurde jetzt das staatliche „Museum für Malerei und Skulpturen“ (Rezim ve Heykel Müzesi) fertiggestellt. Aufgrund einer immer wieder unsicheren Finanzierung verzögerte sich der Umbau eines Lagerhauses von 1960 zum 17.700 Quadratmeter große Bau für die Kunst durch Emre Arolat Architects ständig.

Eingezogen sind die Kunstwerke in das neue Rezim ve Heykel Müzesi noch nicht. Trotzdem ist die Architektur bereits zu sehen – und sehenswert, wie Besucher der 16. Istanbul-Biennale feststellen konnten, die das Gebäude im Herbst 2019 erstmals bespielen durfte. Die Architekt*innen von Emre Arolat näherten sich dem Gebäude mit liebevollem Respekt, der Originalentwurf des Lagerhauses stammt von Sedad Hakkı Eldem (1908-1988), einem der wichtigsten modernen Architekten der Türkei. Der Bestand war im Laufe seiner industriellen Nutzung mehrfach und bis zur Unkenntlichkeit umgebaut worden. Auch die kleinteiligen Mosaike an der Eingangsfassade zur Straße Meclis-i Mebusan waren verloren und wurden nun im Rahmen des Umbaus in den Originalfarben wieder hergestellt.

Im Inneren ließ Arolat Wände und Decken entfernen und baute das Haus auf ein „dreidimensionales, nacktes Strukturgitter“ zurück. In dieses wurden Ausstellungsräume unterschiedlicher Größe und mit Verweis auf den Hafen Istanbuls „wie Container“ hineingeschoben. Treppen, Rampen, Stege, Brücken und Aufzüge verbinden die Container zu einem neuen Raumgefüge im strengen Raster des Betontragwerks. Dabei kamen durchgehend Materialien zum Einsatz, die die industrielle Ästhetik des Gebäudes unterstreichen: Stahl, Glas, Metallblech und der raue Beton der alten Tragstruktur. Wände und Decken der neuen Ausstellungsräume bestehen aus einer Stahlstruktur mit Betonpaneelen, die rot gefärbt wurden. Vor den Paneelen liegt eine Schicht aus perforiertem Trapezblech. An drei Seiten ragen diese Container an mehreren Stellen versetzt aus der Gebäudestruktur – so wie bei Eldem bereits Treppen mit ihren Podesten außen ans Gebäude gefügt waren. Die Treppenpodeste sind erhalten und dienen nun teilweise als Balkone.

Alle Container verfügen über integrierte LEDs, mit denen die roten Wände im Zwischenraum zwischen Beton und Trapezblech von unten beleuchtet werden können. „Durch das gefilterte rote Licht wird dem harten industriellen Feeling des Gebäudes ein wärmeres Gefühl beigemischt“, so die Architekt*innen. „Die Lichtintensität ist deutlich stärker, wo die Container aus dem Haus ragen, während die Wände im Inneren der von Sedad Eldem vorgegebenen Struktur sanfter strahlen.“

Der räumliche Ablauf im Inneren wurde in Zusammenarbeit mit den Kuratoren  entwickelt, damit die Objekte der Dauerausstellungen sinnvoll abgemessene „Container“ bekommen und diese wiederum in verschiedenen Reihenfolgen besucht werden können.  Auf den verschiedenen Routen durch das Haus passieren die Besucher*innen immer wieder Zwischenräume, in denen über Hallen und Lufträume Durchblicke durch das Haus oder durch die Fassade hinaus auf die Stadt und den Bosporus frei werden.

Jetzt fehlt nur noch die Kunst: 15.000 Gemälde, Skulpturen, Keramiken und Kalligraphien aus dem Übergang von der spätottomanischen zur frühmodernen Periode, für die das Büro von Arolat 6.000 Quadratmeter einräumte. In der Sammlung befinden sich hauptsächlich Werke türkischer, aber auch europäischer Künstler*innen der klassischen Moderne. Läuft deren Einzug wie geplant, kann das Museum im Herbst 2020 eröffnet werden. (fh)

Fotos: Cemal Emden, Engin Gercek/Studio Majo, Alper Tuzunoglu



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Kommentare

3

yep | 02.03.2020 10:00 Uhr

Kann mich

nur den Kommentatoren anschließen. Schön, dass auch bei so "banalen" häusern wie einem lagerhaus der Wert des Existierenden erkannt und genutzt wird.

2

auch ein | 02.03.2020 08:23 Uhr

architekt

toll gemacht.

von der idee erinnert es mich an das ZKM in karlsruhe.

wegen der zwischenräume: es hat genug platz überall aber "jemand" muss sich kümmern das es nicht zumüllt.....

1

Windischmeier | 29.02.2020 08:41 Uhr

Container

Das Grundkonzept finde ich super. Die Grundrisse sind großartig. Wie sich das genau anfühlt in den zonen zwischen diesen Containern muss man wohl selbst herausfinden, aus den Bildern kann ich dasniccht sehen. Beim nächsten Mal Istanbul versuche ich mal ran- doer reinzukommen.

 
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Die Eingangsfassade zur Straße

Die Eingangsfassade zur Straße

Hinter der Straßenfassade liegt eine hohe Eingangshalle. Läden, Café und Kassenbereiche werden noch eingebaut.

Hinter der Straßenfassade liegt eine hohe Eingangshalle. Läden, Café und Kassenbereiche werden noch eingebaut.

Eine zentrale Halle mit Oberlicht verbindet den zweiten, dritten und vierten Stock.

Eine zentrale Halle mit Oberlicht verbindet den zweiten, dritten und vierten Stock.

Die rot leuchtenden Ausstellungsräume im dritten Stock und die Verbindungsbrücken und -stege.

Die rot leuchtenden Ausstellungsräume im dritten Stock und die Verbindungsbrücken und -stege.

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