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05.03.2025

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Glaube zwischen Straße und Trasse

Kirchenbau in Pforzheim von Bez + Kock


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In Deutschland gehören rund 330.000 Menschen der Neuapostolischen Kirche an. Anders als in Asien oder Afrika wächst die Ende des 19. Jahrhunderts in Hamburg gegründete Glaubensgemeinschaft hierzulande zwar nicht mehr – trotzdem gibt es gerade in Süddeutschland immer wieder Anlass für Neubauten, wie jüngere Projekte unter anderem in Uhingen (a+r Architekten) und Überlingen (Reichel Schlaier Architekten) zeigen. Nun folgen Bez + Kock Architekten mit einer Fertigstellung in Pforzheim. Das Stuttgarter Büro ersetzte einen Bestandsbau an anderem Standort, dessen Sanierung als zu aufwändig beurteilt wurde.

Die Kirche ist eines von vier neuapostolischen Gotteshäusern in Pforzheim. Sie steht im westlichen Stadtteil Brötzingen, am Rande eines Gewerbegebiets und mit städtebaulich herausfordernder Umgebung: Auf der einen Seite sorgt eine Bundesstraße für konstanten Lärm, auf der anderen liegt eine Bahntrasse. Dazwischen erhebt sich der neue Kirchenbau mit seinem Hochpunkt von immerhin 15 Metern. Räumlich darf man ruhig an eine Insel des Glaubens im tosenden Verkehr denken. Das Projekt geht auf einen Wettbewerbsgewinn im Jahr 2018 zurück.

Angesichts der Umgebung entschieden sich die Architekt*innen für einen weitgehend geschlossenen Baukörper von skulpturaler Anmutung. Hinter geschmiedeten Pivot-Toren mit Kreuzmotiv dient ein geschützter Hof als „Ort des Ankommens“. Dieser soll den Besucher*innen ermöglichen, die Hektik des Alltags hinter sich zu lassen. Von dort betreten sie ein Foyer, das in gerader Linie auf den Kirchensaal zuläuft. Rechts und links dieser Achse befinden sich die übrigen Räume der Gemeinde. Zum Altar hin steigt des Dach der Kirche kontinuierlich an. Oberlichter tauchen die Rückwand in ein diffuses, durchaus erhebendes Licht. Seitlich filtern Holzlamellen die Einflüsse der Umgebung.

Die Anlage mit einer Bruttogrundfläche von rund 810 Quadratmetern wurde als Massivbau mit Außenwänden aus integriert gedämmten Schalungssteinen umgesetzt. Die tragende Struktur des Daches besteht aus Ortbeton. Die Wände erhielten einen Lehmputz, der fassadenseitig mit Natursteinsplitt veredelt wurde. Böden aus weißem Terrazzo und Weißtanne für alle Einbauten runden die entsättigte Materialpalette ab. Nur der Altar aus Stampflehm und die silberne Orgel sorgen für Kontraste. Letztere wurde in Teilen aus dem alten Gebäude übernommen. (sb)

Fotos: Brigida González


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

8

DWS, Stuttgart | 10.03.2025 15:20 Uhr

Kirche ist etwas Besonderes

Religiöse Transzendenz kann durchaus Askese fordern. Diese ist weniger "antiseptisch" als antiemotional, will sich nämlich von oberflächlichen Gefühlswelten lösen, um die Gedanken (rational) zu ordnen. Abstraktion vom Alltäglichen (vom Überfluss an farblichen und formalen Reizen) soll die Beschäftigung mit dem Wesentlichen, den übergeordneten Daseinsfragen ermöglichen. Der Kirchenraum soll nach der Aufklärung gerade nicht das pralle Leben und übertriebene Gefühligkeit abbilden, wie im katholischen Barock, überladen mit seinem farbigen und skulpturalen Prunk. Vielmehr ist seine Aufgabe, die geistige Auseinandersetzung mit dem weltlichen Geschehenen zu fördern. Das macht der Raum von Bez + Koch. Und es ist die eigentlich Stärke der Religion, die ihr eine ihrer Daseinsberechtigungen gibt. Es ist nicht die Freude am schönen Schein im hässlichen Leben, nicht die Ehrfurcht vor Gloria in excelsis Deo, wenn ruhmlose Kriege, schäbige Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten die Lebenswirklichkeit durchdringen. Pompöse Lust am barocken Dekorieren ging nota bene einher mit den grausamsten Bestialitäten in diversen Religionskriegen, etwa dem Dreißigjährigen Krieg. Kirche und ihre Architektur muss etwas anderes bleiben als alltägliche Normalität: Sie ist kein Museum, kein Kindergarten, keine Volkshochschule. "Gemeindeleben" gehört in den Gemeindesaal, "Kontemplation" in den Andachtsraum.

7

gonzo | 07.03.2025 16:59 Uhr

keiner merkt ...

... wie schön dieses riesige Messingkreuz da schwebt. Stattdessen lassen sich alle von den fiesen Photoshop-Skills der Fotografin ablenken. Das Ding sieht gut aus in echt, schade, dass man das hier nicht merkt.

6

Also | 06.03.2025 11:51 Uhr

die

Kirche als weißer entmaterialisierter Raum ohne Schmuck ist ja ein fester Bestandteil der christlichen Architekturtradition - das gibts in vielen Spielarten von Calvinisten zu Protestanten und hat tiefe Wurzeln. Da gibt es Rund um die Welt fantastische Architekturbeispiele. Man denke nur an Tadao Andos Kirche des Lichts (auch ein protestantischer Kirchenbau).

Also hier sich über "fehlende Farbe" oder "Antiseptik" zu beschweren ist ziemlich ignorant und oberflächlich. Es ist halt nicht alles Katholizismus und prunkvolle Formrhetorik und Bildersprache.
Ich bin jetzt kein Christ, finde aber, dass man den baulichen Ausdruck dieser "schmucklosen" Tradition nachvollziehen kann und sollte. Und das ist hier ja doch auch ganz gut gelungen, auch wenn mir - ebenfalls - dieser ausgewaschene Gonzales Photoshop Nonsens gegen den Stricht geht. Das braucht dieses Gebäude wirklich nicht.

5

Ressourcenverbraucher | 06.03.2025 09:35 Uhr

Schonender Umgang

Vor dem Hintergrund bereit akut bestehender und zu erwartender massiver Leerstände bei Bestandskirchen (vermutlich auch in Pforzheim) ist es einfach völlig unverständlich, dass hier im Gewerbegebiet weiter fleißig neu gebaut wird. Der Abriss der Bestandskirche, im Nebensatz, ist da nur das i-Tüpfelchen.

Wie ärgerlich ungleichzeitlich hier gehandelt wird- wenn in wenigen Jahren dann fast sämtliche erhaltenswerte und denkmalgeschütze Kirchenbauten leerstehen, werden wir uns bitter ärgern in dieser Spätphase sogar noch schulterklopfend zugebaut zu haben. Das Projekt ist aus diesem entscheidenden Aspekt heraus im allerbestem Sinne nicht nachhaltig. Es rettet vielleicht, dass es formal auch überhaupt nicht aussieht wie ein Gotteshaus.

Was vielleicht später hift: Da es aber eine decorated Shed handelt, kann man die "Shed" vom Dekor befreit dann auch ganz klasisch im Gewerbegebiet als Gewerbe umnutzen. Als Showroom bsp.

Die Frage also mal ganz ab von der unkirchlichen Antiseptik, die vielleicht/hoffentlich mit irgendeinem Neuapostolischen Paradigma zu tun haben könnte und somit weniger mit dem Atmosphären Bestreben der Planenden. Die haben vermutlich eher dienstgeleistet.

Es ist so schade drum, weil das Projekt an einem anderen Standort als Herz Stadtteilzentrum oder als Volkshochschule sicher auch formalästhetisch gut geeignet wäre. Die Details und Ideen sind sehr rechtschaffend, klassisch süd-west-deutsch und teilweilse besonders gelöst. Das Haus an sich ist dann wirklich gut und fein.

4

M. | 06.03.2025 08:33 Uhr

Pietcong

Mir fehlt der Keller,
in den ich zum Lachen gehen könnte.

3

fjh | 05.03.2025 20:21 Uhr

Farbe

Ein OP ist je die reine Drecksschleuder dagegen,
schrecklich!

2

stullemitbrot | 05.03.2025 18:13 Uhr

Gemeindeleben

Sei es weiß, sei es hellgrau. Ich frage mich einmal mehr (ist ja nicht die erste neue Kirche mit "entsättigter Materialpalette"), wie in solchen Räumen Gemeindeleben entstehen kann.
Kann sich hier jemand ein Krippenspiel vorstellen? Die Ergebnisse des letzten Gemeindefestes an die Wand gepinnt? Eine Ausstellung des Aquarellkurses der lokalen Volkshochschule?
Kontemplation ist wundervoll, aber der christliche Glaube lebt auch von der Gemeinschaft, die sich ausleben möchte.

1

peter | 05.03.2025 16:29 Uhr

ein haus und seine fotos

ein sehr schönes, gut durchdetailliertes und umgesetztes bauwerk.

aber die fotos!

leider schafft es frau gonzales hier einmal mehr, die (in der wirklichkeit durchaus vorhandene) farbigkeit der oberflächen durch ihre hellgrau-vernebelte brille zu fotografieren bzw. per bildbearbeitung zu eliminieren.

die architekten scheinen das zu mögen, sonst würden sie frau gonzales nicht immer wieder mit der dokumentation beauftragen.
aber warum? ist ihnen die farbigkeit von holz, metall, glas und stampflehm etwa peinlich? warum plant man das dann so und führt es so aus?

wenn man licht und schatten, also den raum, dokumentieren möchte, bitte lieber gute schwarzweißfotos anfertigen lassen, die von vornherein als "falschfarbig" zu erkennen sind.

 
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