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21.01.2022

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Wenn die Kathedrale zeitgenössisch wird

Kengo Kuma & Associates planen Portal in Angers


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Die Kathedrale von Angers ist mit ihren vielen Bauphasen ein Mosaik der französichen Geschichte. Ihre Anfänge liegen im 10. Jahrhundert, das gotische Hauptschiff, dessen Ausprägung  Architekturhistoriker Eugène Violet-le-Duc wunderbar spezifisch mit „Style ogivale Plantagenêt“ (deutsch: „Plantagenet-Rippen-Stil“, bezogen auf das einst mächtige Herscherhaus Anjou-Plantagenêt) betitelte, entstand im 12. Jahrhundert. Die beiden Westtürme hingegen wurden 1518 und 1523 fertiggestellt und der achteckige Pavillon als mittlerer Turm zeigt schließlich den klassischen französischen Barock des 17. Jahrhunderts.

Und nun wird die komplexe Baugeschichte der Kathedrale noch etwas komplexer. Denn Kengo Kuma & Associates werden dem Westportal eine zeitgenössische Galerie voranstellen. Ein schlichter kubischer Anbau aus hellem Stein soll es werden, dessen fünf Rundbogenöffnungen mit gestaffelten Archivolten eine offene Arkade formen. Ähnliches kennt man auch von den Eingängen mittelalterlicher Rathäuser.

Ende letzten Jahres wurde dieses Vorhaben bekanntgegeben, nachdem eine Jury, der auch der Bischof von Angers Emmanuel Luc Jean Marie Delmas und die Präsidentin des Opérateur du Patrimoine et des Projets Immobiliers de la Culture – der staatlichen Verwaltung für Bauten der Kultur und des Denkmals – Clarisse Mazoyer angehörten, die Umsetzung des historisch anklingenden Entwurfs von Kengo Kuma & Associates empfohlen hatte. Das japanische Büro mit großer französischer Niederlassung war eines von fünf Finalistenteams im Wettbewerb um das neue Portal der Kathedrale von Angers gewesen.

Hintergrund der Auslobung war 2009 die Entdeckung polychromer Farbschichten an den reich verzierten Archivolten des gotischen Westportals. Diese nur selten erhaltenen Farbpigmente an dem Figurenschmuck sollen durch den nun zu realisierenden Anbau öffentlich sichtbar gemacht und gleichsam vor der Witterung geschützt werden. Eine herausfordernde Bauaufgabe, denn es galt zusätzlich eine Lösung zu finden, die einen ständigen Luftaustausch für das Portal gewährleistet und den historischen Bestand möglichst unangestastet lässt.

Die fünf Finalisten des Wettbewerbs, allesamt in Paris tätig, zeigen sehr unterschiedliche Ansätze, das historische Baudenkmal der Kathedrale zeitgenössisch zu ergänzen. Sehr zurückhaltend sind etwa die Entwürfe von Atelier d'Architecture Phillipe Prost und Agence Rudy Ricciotti, die beide das Portal lediglich um einen kurzen Gang zum Vorplatz verlängern und dabei den Archivolten eine schützende Haube aufsetzen. Durch Anwinkelung der Innenwände und entsprechende Beleuchtung setzt das Team um Prost den farbigen Figurenschmuck in Szene.

Während Kengo Kuma & Associates nun mit ihren Arkaden im Quader eine Balance zwischen Kontrast und Annäherung finden, favorisiert das Büro von Bernard Desmoulins mit einem bronzefarbenen, in der Mitte tief gerissenen Trichter den radikalen Bruch mit der historischen Architektur. Das Team um Pierre-Louis Faloci setzt schließlich auf einen Kontrapunkt mit Leichtigkeit, wenn es der Kirche im Entwurf einen transparenten Kubus aus Glas und Metall vorsetzt.

Weil die Zeit angesichts der empfindlichen Artefakte drängt, wurde mit der Umsetzung des Gewinnerprojekts bereits begonnen – man avisiert eine Fertigstellung im Jahr 2024. (sj)


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Kommentare

7

SL300 | 31.01.2022 21:15 Uhr

Farbe, Licht und Bögen

Ich schätze Kengo Kuma, aber bin der Meinung, dass dieser Entwurf in der Realisierung bzw. Realität Probleme bereitet, auf welche die gezeigte Visualisierung noch keine Antworten anbietet. Unabhängig davon ist es so, dass ich der Meinung bin, dass man vor eine gotische Kathedrale, mit Ihren romanischen Grundmauern und frühgotischen Portal keinen postmodernen Bogenorgasmus vorstellen sollte.
Ich kann mir aber gut vorstellen, dass der Architekt die Probleme in den Griff bekommt. Es bleibt spannend!

6

Die Zuversicht | 31.01.2022 19:45 Uhr

Epochenbegriff

Wenn dieses Architektur zwei (oder sogar drei!) "Epochen" (sic!) stehen bleibt, wäre der durchschnittliche WDVS-Architekt doch schon sehr glücklich. Und was es mit dem Sehen auf sich hat, darüber klärt der Text doch ganz hinreichend auf. Ganz klarer Gewinner. Einziger Beitrag, der den Ort versteht. Der Bruch als klarer Verweis auf Zeitgenossenschaft (einmal Recherche: Bogen bauen, bitte) richtig.

5

SL 300 | 28.01.2022 14:00 Uhr

Grotesk!

In einer oder zwei Epochen werden Architekten kommen und diesen in jeder Hinsicht willkürlich Vorbau abreißen. (Man kennt diese Prozesse ja schon aus anderen Epoche.) Wir stehen auf den Schultern von Giganten!

4

STPH | 24.01.2022 13:23 Uhr

...

Für den Platz ein unbedingter Gewinn, der Gewinner, nach Google maps 3D. Und das ist ja die Nähe, das wichtigste des Betrachters. Hier kann man nicht nur nach Bildern entscheiden.

3

riegl | 22.01.2022 13:27 Uhr

Wettbewerb

Es gab ja nur Kuma und Falconi, die sich an die Wettbewerbsvorgabe gehalten haben. Und dann war's eben Kuma. Ist ja auch egal - irgendwann wird er wieder abgerissen.

2

auch ein | 21.01.2022 16:10 Uhr

architekt

verstehe ich das richtig? ein vordächle dass die farben des bogens schützt? und man diese besser sieht ?

dann ist es "thema verfehlt"...man sieht ja nichts mehr.
am schlimmsten verstellt der erste preis das schöne portal.

und: über nen rundbogen (ich dachte man hat hier diese speziellen rippenbögen wie bei ricchiotti) gehört ein wenig fleisch. nicht schön und technisch nicht gut. bin auf das abdeckblechle gespannt...

1

Jost | 21.01.2022 15:52 Uhr

findet

Puuh, da hat sich zum Glück der einzig brauchbare Entwurf durchgesetzt. Bei der Wichtigkeit der Aufgabe ganz schön magere Konkurrenz!

 
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Gewinner: Kengo Kuma + Associates

Gewinner: Kengo Kuma + Associates

Finalist: Agence Pierre-Louis Faloci

Finalist: Agence Pierre-Louis Faloci

Finalist: Atelier d'Architecture Phillipe Prost

Finalist: Atelier d'Architecture Phillipe Prost

Finalist: Bernard Desmoulins

Finalist: Bernard Desmoulins

Bildergalerie ansehen: 24 Bilder

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