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26.05.2021

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Vom Shoppingtempel zur Shootinglocation

Kaufhausumbau in Berlin von Jasper Architects und Gewers Pudewill


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Als das Kaufhaus am ehemaligen Ostberliner Hauptbahnhof im Jahr 1979 eröffnet wurde, galt es als Vorzeigeobjekt der DDR. Orange-türkisfarbene Fassadenpixel dominierten die Fassade, die Lieferfahrzeuge fuhren über einen langen unterirdischen Tunnel, manche nannten es das KaDeWe des Ostens. Mit dem Umbruch 1989 folgten Eigentümerwechsel und eine turbulente Zeit für das Gebäude, die nicht zuletzt vom Niedergang der Warenhäuser erzählt. Nach Entwürfen von Jasper Architects und in Planungsgemeinschaft mit Gewers Pudewill und den Ingenieuren von Bollinger + Grohmann (alle Berlin) ist das Haus nun zum Bürokomplex UP! Berlin umgebaut und im März übergeben worden. Auftraggeber war die österreichische Immobiliengruppe SIGNA, die das seit 2017 geschlossene Kaufhaus 2019 im Rahmen der Übernahme von Karstadt / Kaufhof erworben hatte und inzwischen bereits für 315 Millionen Euro an den DWS-Fonds weiterverkaufte.

Die Aufgabe der Architekt*innen bestand nun darin, das Kaufhaus mit seinen vollständig geschlossenen Fassaden in ein gut belichtetes Bürogebäude umzuplanen. Sie ließen zunächst die komplette Fassade abtragen und den Kubus mit 80 mal 80 Meter Kantenlänge auf sein Stahlbeton-Skelett zurückbauen. Anstatt Lichthöfe einzusetzen, wurden an allen vier Seiten Keile herausgeschnitten. Übrig blieben Ebenen mit Betonstützen in zwölf Meter Abstand sowie vier Erschließungskerne. Baurecht für zwei zusätzliche Etagen hatte die Eigentümerin dem zuständigen Berlin Bezirk abgerungen. Jedes der sieben Obergeschosse umfasst 4.500 Quadratmeter Nutzfläche. Über Etage 8 entstand eine Dachterrasse, die künftig allen Mietern im Haus zugängig sein soll. Auf den duch die Keilform abgetreppten Ebenen entstanden mehrere Balkone.

Von außen erinnert nichts mehr an das alte Kaufhaus. Die neue Erscheinung mit den großflächigen Fassadenelementen verweist vielmehr auf Geschäftsbauten, wie sie derzeit vielerorts in den Metropolen der Welt entstehen. Wer genau hinschaut, kann teilweise die alte Tragstruktur dahinter erkennen, die – ebenfalls ganz im Zeitgeist – roh belassen wurde und deren Spuren einstiger Installationen und Bohrungen nun mit den neuen, sichtlich unter Kostendruck entstandenen Einbauten kontrastieren. Diese sind den Bedürfnissen des Hauptmieters Zalando angepasst, der in der Nähe weitere Objekte bezog und derzeit um den Zalando-Campus an der East Side Gallery unter anderem ein Hochhaus neu bauen lässt. Er will im umgebauten Kaufhaus die Bildproduktion für sein Onlinemodegeschäft unterbringen. Teeküchen, Server- und Besprechungsboxen, Schließfächer und Fotostudioboxen füllen die Ebenen mit großzügigen 5,40 Meter Raumhöhe, die zum Teil durch Glasriegelwände abgetrennt sind. Die alte Kaufhaus-Rippendecke blieb ebenso sichtbar wie die neu montierten Installationsleitungen und die weißen Akustikelemente mit den Sprinklern.

Das Erdgeschoss, das in Warenhaus-Zeiten als Laubengang gestaltet war, wurde mit der Modernisierung auf eine Ebene mit der Fassade gebracht. Ein Supermarkt, eine Apotheke und ein Restaurant sollen einziehen, auch der Bezirk hat sich eine Fläche für eine öffentliche Nutzung gesichert. Während PKWs per Aufzug zu 100 Stellplätzen im Untergeschoss gelangen, parken Fahrräder neben den Duschen im Erdgeschoss.

Interessant ist dieser Kaufhausumbau vor allem im Zusammenhang mit der Zukunft weiterer Warenhäuser, die der Signa-Konzern übernommen und zum Teil geschlossen hat. An vielen Standorten sind umfangreiche Umbauten geplant, die vor allem in Berlin immer wieder Kontroversen auslösen, sei es beim ehemaligen Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz, das abgerissen und nun als Holzbau neu entstehen soll, bei der Erweiterung des Kaufhofs am Alexanderplatz um ein 134 Meter-Hochhaus oder auch bei den Hochhausplänen am Kurfürstendamm, die abgelehnt wurden. Auch das KaDeWe und der „Upper West Tower“ in Berlin sowie das Karstadt am Hauptbahnhof in München und der Elbtower in der Hamburger HafenCity gehören zum Portfolio des Investors. (fm)

Fotos: HG Esch, Nils Koenning, Robert Herrmann



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Kommentare

8

a_C | 08.06.2021 12:26 Uhr

Dei Stadt als Beute...

315 Mio. Euro für das alte Gebäude. Vollkommen verrückt. o_O

7

ixamotto | 27.05.2021 12:32 Uhr

@frauke

Warum ist das schade?

6

Frauke | 27.05.2021 10:54 Uhr

Architektur Top Nutzung Ausbaufähig

Fahre täglich an diesem Gebäude vorbei und finde den Umbau durchaus gelungen und vor allen die geschickte Umnutzung statt Abriss der Gebäudestruktur ausgesprochen vorbildlich.
Schade finde ich allerdings, dass in den oberen Etagen keine Wohnungen entstanden sind, war das nicht ursprünglich vorgesehen ?

5

.,- | 27.05.2021 08:56 Uhr

Bestandserhalt

Ich finde die Transformation städtebaulich sehr gelungen und von der äusserlichen Erscheinung auch, zumal wenn man das alte doch eher trotzlose Kaufhaus kennt. Der Ort / das Haus war auch eher schwierig mit leichtem Hinterhofscharm.
Daher finde ich das Gebäude erfrischend.
Die Grundrisse und dargestellte Arbeitswelt sind eher schwierig, zu undifferenziert, aber das sind vielleicht auch erstmal nur die Architektenpläne.

4

maestrow | 26.05.2021 19:38 Uhr

Shootinglocation

Shootinglocation hat ja auch eine interessante nichtfotografische Konnotation. Besonders schön auch der Satz, dass sich der Bezirk ebenfalls "Flächen" gesichert habe. Die kommenden Schulbauten sollen auf den trostlosen Parkplatz im Schatten des Billigbaus entstehen. Wie traurig dieser Bau tatsächlich geworden ist, sieht man nun dank der Fotos des hermetisch abgesperrten Lokals auch von Innen. Was Signa an anderern Standorten vermurksen wird, hier kann man es schon mal im Kleinen bestaunen. Übrigens war die Deckenkonstruktion selbst im Vorgängerbau (aus guten Gründen) niemals sichtbar.

3

Hinrich Schoppe | 26.05.2021 18:03 Uhr

Trippelschritt

Ein winziger Schritt in Richtung Nutzung von Ressourcen in Form von grauer Energie.
Vermutlich auch nur aus Versehen, da Bestandschutz als Vorbedingung für Baurecht oder wie auch immer.
Ansonsten wäre die Wertschöpfungskette interessant, bei der sicherlich veinige klebrige Hände einen schnellen Euro gemacht haben. Immerhin haben die Kollegen Ihre Arbeit hoffentlich gut bezahlt bekommen und das Betongold souverän abgeliefert. Immerhin mit einigen schönen Oberflächen. Danke!

2

Annemarie Rothe | 26.05.2021 16:09 Uhr

Kaufhaus am Ostbahnhof

Es wäre schön gewesen, auch ein Foto des alten Kaufhauses zu sehen. Das neue Gebäude ist der Gipfel der Einfallslosigkeit und hat so gar nichts Innovatives, auch wenn die Tragstruktur erhalten geblieben ist. Schade.

1

Jenatsch | 26.05.2021 15:56 Uhr

Bestandserhalt

Nicht nur aus Klimaschutz- und Ressourcenschonungs-gründen ist es erfreulich, dass der Rohbau weitgehend erhalten blieb. Er ist es auch, der dem Bau Prägnanz und rauhen Charme verleiht. Die Hinzufügungen plätschern hingegen irgendwo zwischen modisch und belanglos dahin (was zu Investor und Nutzer passen mag). Immerhin sind die (sicher nicht überdimensionierten) Einkerbungen für den Stadtraum interessanter als Innenhöfe.

 
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