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13.10.2020

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Zwischen Büchern schlafen

Kapselhotel mit Bibliothek von Atelier tao+c in Ostchina


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Qinglongkeng ist ein jahrhundertealtes Dorf in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Es liegt tief in den Bergen, bis in die Millionenstadt Hangzhou sind es mit dem Auto aber nur anderthalb Stunden. Das Dorf eignet sich daher bestens für touristische Angebote für jene, die der Metropole für eine Weile entkommen wollen. Das sieht jedenfalls der Unternehmer Fang Yu Kong so, der ein altes, verfallenes Lagerhaus am Dorfrand erwarb, um dort mit Atelier tao+c aus Shanghai ein Hotel einzurichten. Im Gespräch mit den Dorfbewohnern, so erzählen es die Architekt*innen, entstand dann die Idee, in der Herberge auch einen Ort für die Menschen vor Ort einzurichten, da es im Dorf an überdachten Treffpunkten fehlte. Entstanden ist ein Hybrid aus Gemeinschaftsbücherei und Hostel.

Die Architekt*innen übersetzten die ungewöhnliche Kombination in ein Haus-im-Haus-Prinzip. Vom Altbau blieben die dicken Außenwände aus Lehm erhalten, das verfallene Dach wurde entfernt, die wenigen vorhandenen Fenstern hier und dort um gebrauchte Fenster aus anderen Abrisshäusern der Umgebung ergänzt. Nach außen ist dem Haus sein neuer Kern kaum anzusehen; nur nach Osten wurde die alte Giebelwand komplett entfernt, die rohen Wandstümpfe sind innen noch gut zu sehen. Von hier aus bietet sich ein Panoramablick auf die bewaldeten Hänge des Flusstals, ein Panorama, das die Architekt*innen nun hinein geholt haben. Sie verlängerten das Haus mit einer Art Wintergarten, der wirkt, als wäre er aus dem Gebäude herausgeschoben. Im Inneren bleibt der Wintergarten ein hoher, heller Luftraum mit kreisförmigen Sitzstufen, die wie ein kleines Amphitheater angeordnet sind.

Dahinter erhebt sich zwischen den alten Lehmwänden eine Art freistehendes Raumregal, getragen von runden Stützen aus Stahl und gegeneinander versetzten Plattformen aus Stahlbeton. Alle Wände sind Bücherregale und auch die Außenwände wurden innen mit – im Wortsinne – haushohen Regalwänden aus Bambus verstärkt. Hauchdünne Treppen aus gefaltetem Stahl führen hinauf in diesen Bücherbaum und zu den minimalen Schlafkojen, die sich in und zwischen den Regalreihen verbergen. Die Herberge bietet eher einfachen Komfort, das Angebot sollte dem Dorf und dem alten Haus angemessen sein.

In jede Koje passt genau eine Person. Traute Zweisamkeit wäre aber sowieso nicht möglich, da die innere Struktur vollständig in zwei „Häuser“ getrennt ist: Zehn Kojen und einen Waschraum umfasst das „Haus der Damen“, exakt dasselbe bietet auch das „Haus der Herren“. Treffen kann man sich dann nur im gemeinschaftlichen Erdgeschoss – oder man ruft sich von Plattform zu Plattform ein paar nette Worte zu. Aber bitte nicht zu laut. Sie befinden sich immerhin in einer Bibliothek. (fh)

Fotos: Su Sheng Liang



Zum Thema:

Mehr zum Thema Bibliotheken und Buchläden in China in der BAUNETZWOCHE#566, die am 5. November 2020 erscheint.


Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
BauNetz-Maps


Kommentare

14

eine alte | 22.10.2020 09:06 Uhr

tiffy

...schön, da bleib ich dann mal lieber hier...

13

eine junge | 20.10.2020 09:55 Uhr

architektin

schön! da möchte man am liebsten sofort hin.

12

lollo | 14.10.2020 18:59 Uhr

@Ulknudel

oder lesen tät´...

11

latimer | 14.10.2020 18:49 Uhr

Zwischen Büchern ...

Grandios! Das ist Architektur!

10

lollo | 14.10.2020 17:34 Uhr

@Ulknudel

... läse.

9

@Frank X | 14.10.2020 15:34 Uhr

erschreckende Qualität

das trifft halt blos auch auf die Projekte mit westlicher Beteiligung zu.

8

Ulknudel | 14.10.2020 12:33 Uhr

lol

als ob heute noch jemand bücher liest.

7

DocFeelGood | 14.10.2020 11:40 Uhr

Usability

Baulich schönes Projekt! Aber: dem schon angesprochenen Luftaustausch, insbesondere bei hoher Ausnutzung der Schlafzellen, ist noch die Erreichbarkeit der Bücher hinzuzufügen. Wie kommen die Leser an die höher gelegenen Regalfächer ran (Beispiel: Bild 13, 14 über dem Fenster). Von den noch nicht belegten raumhohen Regalfächern mal abgesehen.
Oder sind die Bücher alle nur Deko ?
:-)

6

STPH | 14.10.2020 08:50 Uhr

...

Eigentlich ist die ganze Moderne ein Maßstabssprung, wie ein großes Modell, ein Perspektivwechsel. Schon Behnischs Rundtresen waren nur die hochgezoomte Rundpappe, bewusst unwirklich. Brain rules reality

ich denke also bin ich ...denk ich

5

STPH | 14.10.2020 08:02 Uhr

...

Eben gerade in AD die Inszenierung des Übergangs von virtueller zu realer als vireale Architektur. Etwa die vireale Nottreppe vor einer Fassade.
Hier die Inszenierung vintage to reality,
Fehlt noch der Übergang virtuell zu vintage: virtage
Und das alles bitte nachhaltig.
Dazu noch der Doppelnutz.
Entstehen diese Trends eigentlich schon hier oder noch dort?

4

Frank X | 13.10.2020 16:24 Uhr

Liebe(r) ...

...keine Sorge...das allerallerallermeiste, was in China so rumsteht, ist immer noch von erschreckender Qualität. Die vom BauNetz gezeigten Projekte sind die wenigen, schönen Ausnahmen, aus den Fragmenten sollte frau sich dann aber lieber kein China-Bild zusammenschnitzeln. Es wäre eine große Enttäuschung.

3

Lutzinger | 13.10.2020 15:59 Uhr

Wenn man den Fotos trauen kann...

...dann ist das ein wirklich sehr gelungenes Projekt, dem man auch wirtschaftlich nur alles Gute wünschen kann, nicht nur unter den gegenwärtigen Bedingungen, sondern auch "normalerweise". Ob es der Dorfgemeinschaft viel nutzt, wüsste ich gerne in 5 Jahren. Könnte Baunetz dann noch einmal berichten? Danke!

2

... | 13.10.2020 15:45 Uhr

Schön

Tja ... da fragt man sich wozu in China noch deutsche Büros gebraucht werden? Immer wieder schöne feinfühlige Projekte von chinesischen Architekturbüros auf Baunetz.

Wenn man sich die architektonische Tristesse in Deutschland dagegen so anschaut...

1

auch ein | 13.10.2020 15:38 Uhr

architekt

ein wunderschönes gebäude an tollem ort.

schönes material und schöne lichtstimmung innen.

was ich aber nicht versetehe: warum kapseln und warum innen liegend?
das macht in shanghai sinn, aber nicht hier im nirgendwo .
wo es sogar frische luft gibt und man gerne ein fenster öffnen möchte...

 
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