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10.06.2015

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Früchte harter Arbeit

Innenministerium in Berlin von Müller Reimann


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Der Grundriss merkwürdig verzerrt, die Volumina dynamisch gestaffelt – so beschrieb die Jury unter Vorsitz von Kees Christiaanse das Projekt, mit dem das Berliner Büro Müller Reimann Architekten 2007 den Wettbewerb für das neue Bundesministerium des Inneren gewinnen konnte. Wer das rückblickend liest, ist erstaunt über die strenge Monumentalität, die das realisierte Gebäude nun ausstrahlt. Gestern wurde das Ministerium eröffnet, das für die Leistungsphasen 6–9 in Zusammenarbeit mit gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner entstand.

Das Gebäude am Moabiter Werder befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Regierungsviertel und beherbergt 1.400 Beamte in zahllosen Einzelbüros. Diese sind in drei Gebäudespangen angeordnet, die sich an der S-Bahn entlang Richtung Kanzlergarten in die Höhe staffeln. An der Protokollvorfahrt hat das Gebäude damit ein imposantes Format, welches durch die gerasterte Fassade aus Jura-Kalkstein noch verstärkt wird. Deren repetitive Gliederung ist übrigens kein ästhetischer Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für die innere Flexibilität des Gebäudes.

Die Spangen umschließen zwei große Innenhöfe, die, wie die gesamten Außenanlagen, vom Züricher Büro Vogt Landschaftsarchitekten gestaltet wurden. Im Gebäudesockel ermöglichen großflächige Fenster ein gewisses Maß an Transparenz und Ausblicke auf die umgebenden Freiräume. Die eigentliche Überraschung wartet allerdings im Inneren: Die drei jeweils zentral angeordneten Atrien, mit denen die Spangen erschlossen werden, wirken so luftig leicht, wie man es angesichts des schweren Äußeren kaum erwartet hätte.

Überhaupt: Die Dialektik von Schwere und Leichtigkeit wird einmal bestimmend werden für die künftige Einordnung der Berliner Regierungsbauten. Während das früh projektierte Band des Bundes mit jedem Jahr an visionärer Kraft gewinnt, sehen Nachfolgebauten wie das Bildungsministerium oder jetzt eben das Innenministerium eher nach harter, ein wenig ängstlicher Arbeit aus. Es muss etwas passiert sein in der Zwischenzeit. (sb)

Fotos: Stefan Müller


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Kommentare

11

a_C | 11.06.2015 18:44 Uhr

Eine Frage der Sensibilität...

Die Art von Architektur, wie wir sie hier vorfinden, ist grundsätzlich kein Problem. Ob sie ein Bundesministerium nun wirklich auch benötigt oder in solchen Fragen nicht etwas mehr Fingerspitzengefühl zeigen kann, soll jeder für sich selbst beantworten. Ich finde jedenfalls, dass es nicht richtig ist und hier ein Fehler gemacht wurde.

Und zum Thema "die Welt lacht sich tot": Erstens stimmt das nicht, und zweitens schlägt so ein Spruch meiner Meinung nach in die gleiche Kerbe wie "irgendwann ist aber auch mal gut"... Ich hoffe, von so einer Haltung sind Sie trotzdem weit entfernt!

10

Grischa Leifheit | 11.06.2015 15:44 Uhr

Monumentalität, so oder so

Um bei der letzten Frage von Nr. 8 anzusetzen: Genau, Ansichtssache! Die Beton- und Glasbauten im Band des Bundes sind an Grobheit kaum zu überbieten. Sie wollen nur Großform sein - ganz traurige Monumentalität ohne Raffinement. Blickt man vom Kanzleramt Richtung Abgeordnetenhaus, sieht man eine Gebäuderückseite, die mit einer banalen Glasfassade und ein par dürren Stützen diesen Umstand zu verschleiern trachtet. Direkt hinter der riesigen Glasfront die geschlossenen, weißen Betonwände; im Zwischenraum die Fluchttreppen, die hier also den Blickfang bilden. Als ob man diese Ödnis noch steigern müßte, haben sie ein paar farbige, monochrom bemalte Leinwände kreuz und quer auf den Wänden verteilt: geht es noch hilfloser?

Worin, Nr.5, bestehen bitte die Reminiszenzen an Nazi-Bauten? Soll diese Diskussion wirklich wieder strapaziert werden? Die ganze Welt zeigt uns einen Vogel. Gebt uns mehr lastende Baukörper, hochrechteckige Fenster und Naturstein, wenn das alles so fein und gekonnt eingesetzt ist wie bei diesem Projekt.

9

Rudi | 11.06.2015 15:06 Uhr

Frage der Kosten

Laut aktueller Studie der Hertie School of Governance
wurden 17 Mio. Euro eingespart. Vielleicht ist das dann der Hintergrund des Titels der Baunetz-Redaktion?

8

maestrow | 11.06.2015 13:17 Uhr

Wer arbeitet? Wer erntet die Früchte?

Wieder ein textliches Baunetz-Rätsel. Wieso sehen Bauten wie die Früchte harter Arbeit aus und woran lässt sich das erkennen? Arbeit der Architekten? Der Beamten?? Auch wenn man die "Sprache" des neuen Ministeriums ablehnen mag, verglichen mit dem Bildungsministerium samt seiner kommenden Anexe ist das zumindest auf den Hochglanzfotos nicht so schlimm, wie es von außen zu sein verspricht. Dass der Bau dermaleinst in die trübe Epoche der Hochrechteckraster-Natursteinfassaden sich einreihten würde war ja nun auch im Wettbewerb schon zu erahnen. Und außerdem: Über die "Architektur" des bisherigen Gebildes in dem das Innenministerium bisher zu absurden Mietkonditionen untergebracht war, schweigt des Architekturfeuilletons Höflichkeit nicht ganz zu Unrecht. Und noch eine Frage: Sieht das Band des Bundes nicht auch nach harter Arbeit aus?

7

Stadt | 11.06.2015 12:21 Uhr

Entscheider

Vielleicht ist auch das Problem, dass sich einige Entscheider selbst tagtäglich in Häusern wie z.B. im ehemaligen Reichluftfahrtministerium bewegen....

6

Michael Haag | 11.06.2015 10:54 Uhr

Band des Bundes

ja es stimmt, an Hand der dazugekommenen Einzelformen entlang des Bands des Bundes erkennt man die wirklich hohe Qualität des städtebaulichen Entwurfs von Axel Schultes und Charlotte Frank!
Die "Bundesschlange" überzeugt als spielerische Ergänzung und auch die (zukünftigen) orthogonalen Elemente rund um den Hauptbahnhof verträgt das Band recht gut. Aber das Innenministerium ist städtebaulich ganz schlecht und stört das ansonsten schlüssige Konzept! Schade, da wurde großes gutes Neues durch schlechtes kleinteiliges Neues beeinträchtigt..
zur Frage nach den Baukosten: wenn die Zahl stimmt, wurden aus den ursprünglichen 175 dann 228 Mio...Aber das ist immer gefährlich, wenn man die Hintergründe nicht kennt!

5

a_C | 11.06.2015 10:40 Uhr

Traurig...

Pfui!

Dieses Gebäude mag an sich eine akzeptable Kubatur und Fassade haben. Aber für ein Ministeriumsgebäude in der ehemaligen Reichshauptstadt sind mir hier viel zu viele Remineszenzen an Nazi-Bauten entstanden: Farbigkeit, "lastende" Baukörper, Naturstein, Fensterformate, ...

Ich finde, sowas darf nicht passieren. Natürlich müssen Bauten für die Republik nicht nur noch leicht und grazil sein, aber sie sollten a) sich - wenn überhaupt - nur marginal aus dem Repertoire der Nazi-Zeit bedienen und b) ruhig den Mut haben, auch Ideale und Haltungen zu transportieren oder wenigstens zu honorieren.

"Bauen für die Demkokratie" war nach dem Krieg mit einer ästhetischen Haltung verbunden, die bewusst dem Volk den "Einblick" geben wollte. Transparenz, Offenheit, Dynamik. Heute denke ich da an Fosters Reichstagskuppel als gelungene Beispiele der Gegenwart...

4

Stadt | 10.06.2015 20:27 Uhr

Zu ängstlich

Berlin ist out, denn Typen wie Nr. 2 schreien zur Zeit am lautesten.
Die alten Spinner sind abgetaucht oder haben die Stadt verlassen.

3

MHT | 10.06.2015 18:15 Uhr

Kosten

Das Übergangsgebäude, Alt-Moabit 140, 10559 Berlin, ist eins der schlimmsten in der Stadt. Das neue? Nun, ein sehr nüchterner Zweckbau. 2007 wurden 175 Mio. veranschlagt. Wieviel ist es geworden?
Ans BauNetz: Wäre gut, wenn das immer dabei stünde.

2

Peter | 10.06.2015 16:31 Uhr

Bombe!

Endlich wieder hervorragende Architektur für Berlin!!!
Perfekte Planung, hochwertige Ausführung! Bis ins Detail überzeugend!
Und ganz nebenbei: ein berliner Großprojekt ohne Kostenexplosion und Horrorschlagzeilen! Gute Werbung für unseren Berufsstand und Berlin!

1

mr-arcgraph | 10.06.2015 16:11 Uhr

Entwicklung

Schön formuliert: »Während das früh projektierte Band des Bundes mit jedem Jahr an visionärer Kraft gewinnt, sehen Nachfolgebauten wie das Bildungsministerium oder jetzt eben das Innenministerium eher nach harter, ein wenig ängstlicher Arbeit aus.«
Oder anders – detailverliebt, normativer Kompromiß und ohne Vision.

 
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