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12.04.2021

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Rittergut mit Charme

Hochschultheater in Pennsylvania von Robert A.M. Stern und Voith & Mactavish


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Insgeheim streben wir immer zum Neuen. Das Alte ist ja alt, wie sollte es uns also den Weg zu einer besseren Zukunft weisen? Dieser Gedanke zirkuliert seit Hegel und nennt sich Fortschritt. Viele zucken daher unwillkürlich zusammen, wenn sich ein Neubau wie das Joan and John Mullen Center for the Performing Arts mit seiner rustikalen Natursteinfassade ganz ernsthaft irgendwo zwischen Neo-Romanik und Postmoderne positioniert.

Etwas verständlicher wird diese formale Setzung, wenn man den baulichen Kontext betrachtet. Die katholische Villanova University in der gleichnamigen Ortschaft in der Suburbia von Philadelphia blickt als höhere Bildungseinrichtung der Ostküste mit Stolz auf eine gewisse Tradition zurück. Und dies wollte sie mit ihrem Neubau auch zeigen. Das Projekt im Bundesstaat Pennsylvania ist ein Beispiel für das spezifische Genre retrospektiv-konservativer Universitätsbauten in den USA, das – von der Architekturweltöffentlichkeit weitgehend unbeachtet – bis heute floriert. Die Fassade und die Lobby gehen auf das Konto von Robert A.M. Stern Architects (New York), die Theaterräume gestalteten Voith & Mactavish Architects (Philadelphia).

Die Formfindung will man als zeitgenössische Interpretation des „Villanova Gothic“ verstanden wissen, der die umgebende Bebauung einschließlich der nahe gelegenen Studierendenwohnheime prägt. Die Fassaden werden im Bereich von Sockelzone, Erkern, Fensterstürzen oder Attikazone durch Kunststeinakzente geschmückt. Turmartige Aufbauten und traditionelle Giebeldächer versprühen für das europäische Auge den Charme eines Ritterguts. In der zinnenartigen Ecklösung der Attikazone findet man – es handelt sich schließlich um eine katholische Einrichtung – dezent, aber doch gut sichtbar ein christliches Kreuz. Im Gegensatz dazu steht der Haupteingang im Norden des Komplexes. In der geschwungenen Kolonnade kann man Gerüchten zufolge bei nebligen Neumondnächten den Geist Robert Venturis wandeln sehen...

Spannend ist auch das Innere, das – ganz im Sinne Hegels – als eine sozio-architektonische Entwicklungsreise durch die Jahrhunderte gelesen werden kann. Es setzt im repräsentativen Foyer auf eine Mischung aus Biederkeit – Teppichbödenen in Kombination mit etwas unbeholfen dimensionierten, braunen Sitzobjekten – und Pomp wie Marmor und funkelnden Lüstern. Der große Aufführungssaal (400 Sitzplätze) scheint mit seinen geschwungenen Holzgalerien zwischen Rokoko und Klassizismus gefangen, während sich die beiden kleineren Säle (200 beziehungsweise 75 Plätze) und die Proberäume freimachen und in der kaum mehr verkleideten Formensprache der Gegenwart kulminieren.

Das Haus umfasst außerdem Werkstätten für Bühnenbilder und Kostüme, Umkleideräume, einen Chorraum und ein Tanzstudio, flexible Unterrichtsräume sowie Büros. Die Gesamtkosten lagen bei 37 Millionen Dollar. (stu)

Fotos: Voith & Mactavish Architects


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Kommentare

23

Villanova | 31.03.2024 10:56 Uhr

Casanova

Interessant ist doch die Zahl. Für Baukosten von 37 Mio Dollar nimmt beispielsweise in Frankfurt kein Planer einen Stift in die Hand. Da muss eine Sanierung mindestens dreistellige Millionenkosten verursachen.
Wo sind die Projekte in Deutschland, die alles besser machen, was hier kritisiert wird ?

22

peter | 15.04.2021 12:48 Uhr

@STPH

ich muss an mir arbeiten, das nehme ich mit.
ich verspreche daran zu arbeiten, mehr positives an der us-amerikanischen architektur und insbesondere dem dortigen städtebau zu suchen, den man auch am hier gezeigten projekt wieder gut studieren kann. autogerechter straßenraum, keine zäune (außer um gated communities), breite hofzufahrten. dazwischen ausladende, kurzgeschorene rasenflächen ohne erkennbares nutzungskonzept, betreten vermutlich nicht erwünscht. objekthafte bauten auf einem präsentierteller aus rasen, meist eingebettet in eine künstliche, park- bzw. golfplatzartige umgebung. wenig bäume, kaum rückzugsorte, kaum privatheit in den freianlagen.

eine horrorvision in sachen nachhaltigkeit und energieeffizienz, die aber seit dem 2. wk auch hierzulande als vorbild dient, die nur mit einer massenhaften nutzung des privat-pkw funktioniert und als gegenmodell zur europäischen stadt letztere (auch in den usa) demontiert.

vor diesem hintergrund treten billige detaillierung, pseudoaristokratisches fassadendekor und wilde baukörperkompositionen zugegebenermaßen völlig in den hintergrund. das eigentliche problem am vorbild amerika ist die abschaffung von stadt und land zugunsten der zwischenstadt.

21

STPH | 15.04.2021 07:59 Uhr

@20

Man kann alles immer von der negativen Seite sehen. Man kann aber auch die Qualitäten entdecken wie große tiefe Fenster, keine Gartenzäune, flache gut proportionierte Schrägdächer, Leichtbau aus Holz, gut dämmbar. Überhaupt kein Problem mit Tradition. Tradition eher als immerwährende Weiterentwicklung wegen praktischer neuer technischer Möglichkeiten.
Die Sichtweise verrät immer mehr über einen selber.

20

peter | 14.04.2021 18:03 Uhr

amerika

dieser "stil" ist doch vorherrschend bei 99% aller amerikanischen bauten - konservativ-kolonialistisch, bieder, billig und fake. leider bauen nicht nur die republikaner so, sondern auch die demokraten. architektonisch sind die usa längst zu weiten teilen ein entwicklungsland.

wenn wir solche unterirdische architektur hier im baunetz noch öfter zeigen, haben wir gute chancen, architektonisch in zukunft genauso zu verblöden wie die menschen hinter dem großen teich.

19

solong | 14.04.2021 13:37 Uhr

... grauenhaft ...

... replike einer längst vergangenen zeit, die sich auch nur die ..."selbsternannten sehenden" zurück wünschen ... was wollen sie mit der wiedergeburt von über generationen degenerierten gesellschaftmodellen erzeugen ... das letzte aufbäumen vor dem untergang ... ? ... gerade das theater soll doch ein forum für ... ein überdenken des denkens im sinne der weiterentwicklung ... als etwas zukunftsweisendes sein ... auch als gebäude ... wirklich schade um die vertane chance

18

auch ein | 14.04.2021 10:40 Uhr

architekt

@13 auch ein

DAS IST NICHT ein architekt, ICH bins ;-)
ich finds übel, siehe 10, das ist echt ;-)

17

Dr. Yikes | 14.04.2021 08:03 Uhr

me myself and I

@13

16

STPH | 13.04.2021 18:18 Uhr

@14 undercover

Qualitäten eines ungebrochen traditionellen Ansatzes in der angelsächsischen Welt spiegeln unsere eigene Situation, die das Rad immer nochmal erfinden will und sich mit einer aufbauenden Verbesserung nicht zufrieden gibt. Eine Art krampfhafte Sucht alles permanent zu revolutionieren. Genial zu sein. Was ist das?

15

nanesbanes | 13.04.2021 13:59 Uhr

Strip Mall

Ich muss mich leider der Kritik anschließen. Das Gebäude hat etwas von Strip Mall Architektur. Ich würde mich nicht wundern, würde da ein Olive Garden einziehen... Wenn man sich so den Wünschen des konservativen Publikums unterordnet finde ich ist das nicht unbedingt ein Zeichen davon, besonders einfühlsam zu agieren, sondern es spricht mehr von der Kommerzialisierung der Architektur in den USA (obwohl natürlich A.M. Stern das ja auch selbst toll findet, nicht nur der Bauherr).

Ich kann dem architekltonisch nichts abgewinnen. Das hat ja nichts mit Zeitlosigkeit zu tun, oder besonders anders zu denken, sondern das ist dort ja der Konsens einer konservativ, repräsentativ und kommerziell denkenden Gesellschaft, den man ja hinterfragen sollte als Architekt.

14

@STPH | 13.04.2021 13:15 Uhr

Bitte was?

Was denn nun? "Anthropomorph" - also auf die Gattung und ihre wesentlichen Merkmale 'als solche' bezogen? Oder "Ein ich bin" - also subjektiv und das Indiviuelle am Menschen spiegelnd? Das ist ebenso inkonsistent argumentiert, wie der Vergleich Moderne - Prämoderne. Der hinkt leider (oder besser: glücklicherweise) auch vorne und hinten. Und zwar, weil das In-Bezug-Setzen von ersterem zu letzterem immer auch ein ideologischer kniff gewesen ist, um deutungshoheiten zu reklamieren (der modulor, der ihre hypothese übrigens schwächt, ist dafür ein gutes beispiel)

Ich frage mich das schon lange: Warum lassen sie sich so ernsthaft auf jede Architektur ein, die hier vorgestellt wird (was ich sehr schätze) und essenzialisieren dann hintenrum doch so gnadenlos, indem sie homogene historische kategorien konstruieren und dem zwang zur eindeutigen zuordnung erliegen (was ich ermüdend finde)?

13

auch ein architekt | 13.04.2021 13:01 Uhr

das projekt...

...ist aber dennoch sehr gelungen und ich würde da sofort eine vorlesung halten, wenn man mich nur einladen würde!

12

Geisenpeter | 13.04.2021 12:48 Uhr

Unfassbar schlecht

"In der geschwungenen Kolonnade kann man Gerüchten zufolge bei nebligen Neumondnächten den Geist Robert Venturis wandeln sehen..."

Ich hoffe, das ist auch als Satire gemeint...

Was für ein unfassbar schlechtes Gebäude

11

STPH | 13.04.2021 08:31 Uhr

@5 Ulrich Wagen Personalisierte Architektur


Danke für den Einblick
Interessant sich mit so einem Gestaltungsansatz auseinanderzusetzen. Wenn man ihn beschreiben wollte so wäre er Anthropomorph. Mit Sockelfuß, Dachhut und Ausblicksfenstern immer hübsch an meinem Gebrauch als einzelner entlang. Ein ich bin. Moderne dagegen stellt einen nackt ins wir, überspringt das ich, spiegelt es nicht, spiegelt mich nicht als Individuum.

10

auch ein | 13.04.2021 08:20 Uhr

architekt

ritterburg meets kitschige postmoderne und notwendigem billig gemachten innenausbau.

nur weil robert stern da seinen namen drunterpinselt ändert es nichts das es daneben ist.....

9

Genius_loci | 13.04.2021 05:46 Uhr

Blick über den Tellerrand

@ Ulrich Wagen
"Saison-Architektur aus Deutschland" trifft es, leider, sehr gut...

8

@Ulrich Wagen | 12.04.2021 22:38 Uhr

Kontext

Sie meinen also nachdem ich die Spülung gedrückt habe und die ganze Sache dann im Kontext betrachte, ist das gar nicht mehr das was es ist, was ich da gemacht habe?

Zumindest würde in dieser Substanz noch Leben stecken...

7

Ulknudel | 12.04.2021 22:24 Uhr

Rittergut mit Scham

Meine kleine Schwester hatte mal ein Modell davon in rosa. War perfekt für ihre Polly-Pocket-Figuren. Statt den Dehnungsfugen und gedreiteilter Stürze (?!) gab es dort die Trennfugen vom Kunststoff.

6

xvm | 12.04.2021 20:46 Uhr

Rittergut

mit
Dehnungsfugen.

Charmant und elegant,
wie Riemchen vorm Plattenbau.

5

Ulrich Wagen | 12.04.2021 19:49 Uhr

Villanova Kontext

Ich wohne ca. 3 Minuten von Villanova entfernt. den Bau kann man nur im Zusammenhang der Main Line (so heißt die Gegend) sehen- der graue Stein ist hier Standard wie in Hamburg Rotklinker. Die Architektur gibt der BAUHERR vor (gibt es tatsächlich noch), nämlich die Uni, die 70.000$ an Lehrgeld je Student pro Jahr nimmt. Die Eltern, die ein Vermögen für das Studium zahlen, wollen eine Uni, die wie eine ehrwürdige Institution aussieht. Übrigens werden hier alle Wohnhäuser ebenso klassishc gebaut.
Die lächerliche Saison-Architektur aus Deutschland braucht hier wirklich niemand. Jetzt gerade Bauhaus/Raster Stil, dann in wieder Toskana?

4

peter | 12.04.2021 18:26 Uhr

klassik, gar nicht klasse

ohne pseudoklassisches gehabe geht es in us-amerika ja offenbar nicht. aber was hat das hier im baunetz zu suchen?

es gab eine zeit, da war baunetz eine gute tageszeitung für aktuelles architekturgeschehen im deutschsprachigen raum und dessen näherer umgebung. in den letzten jahren findet man hier leider vielfach nur noch zweitklassiges und schräges aus aller welt, und die interessanten sachen hierzulande fallen oft durchs raster.

liebe redaktionsmitglieder, bitte hinterfragt doch mal euer redaktionelles profil und zeigt uns mal aktuelle lokale tendenzen statt der ganzen internationalen seltsamkeiten.

3

Architekturfreund | 12.04.2021 17:03 Uhr

Danke

Es ist schön auch hier mal ein Projekt zu sehen, welches keiner Mode folgt. Ein Versuch etwas gleichsam Dauerhaftes, Nützliches und Schönes zu schaffen - ganz im Gegensatz zu 90% der Projekte die (nicht nur hier) als die Architektur unserer Zeit verkauft werden.
Bitte mehr davon!

Kleine Kritik: Abhangdecken sollten nicht in Oberlichter laufen - und GK-Rasterdecken stehen doch sehr im Kontrast zum äußeren Anspruch.

2

Rodolfo Ecker | 12.04.2021 16:30 Uhr

Rittergut mit Charme

wiedermal hat bei Ihnen jemand geschlafen...
oder wurde das unbeschreibliche Konstrukt mit Absicht dokumentiert (zur Abschreckung?)
Mich jedenfalls würde so ein Beitrag täglich dazu führen, den sonst hervorragenden Baunetz-Newsletter nicht mehr aufzurufen.

R. Ecker

1

Lars k | 12.04.2021 16:06 Uhr

Verfolgungsw.

Erst diese Ausstellung in Berlin über die 80er und all diese Aldo-Rossi-Modelle, jetzt das. Liebes Baunetz, was plant ihr da? Das ist doch kein Zufall!

 
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