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02.08.2021

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Moderne Referenzen in München

Gründerzentrum von Steidle Architekten


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Selbst eine Intervention des Architekturkritikers Manfred Sack in der Zeit hatte damals nicht gereicht: 1989 erfolgte der Abriss des ehemaligen Gebäudes des Landesversorgungsamtes in München, das nach einem Entwurf von Wassili Luckhardt in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre entstand. Aus denkmalschützerischer Sicht ein Frevel, der in Bayerns Landeshauptstadt aktuell auch anderen Bauten der Moderne droht. Nun wurde in diesem Sommer aber zumindest ein Gebäude eröffnet, dessen Architekt*innen sich explizit auf das Landesversorgungsamt als Referenz beziehen. Das neue Startup-Gründerzentrum München Urban Colab ist nur 500 Meter Luftlinie vom einstigen Standort des Luckhardt-Baus entfernt und wurde von steidle architekten (München) gestaltet.

Das Projekt ist Teil des Kreativquartiers an der Dachauer Straße. Es wurde gemeinsam von der Stadt München und der gemeinnützigen Gesellschaft UnternehmerTUM finanziert. Letztere steht der Technischen Universität nahe und wird von BMW-Erbin Susanne Klatten geführt, die junge Gründer*innen auf dem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen möchte. Dabei geht es nicht nur um Software, sondern vor allem auch um technische Lösungen, wozu wiederum die Architektur des Neubaus gut passt. Im Fokus stehen zudem Ideen für die Stadt von morgen, die dort in interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickelt werden sollen.

Die Architekt*innen sehen ihr Gebäude als mehrgeschossigen Hallentypus, der sich im Maßstab an den bestehenden, denkmalgeschützen Hallen des Geländes orientiert. Auf rund 11.000 Quadratmetern werden Büroräume, Co-Working-Spaces, Seminarräume und Werkstätten geboten. Das Foyer ist in doppelter Raumhöhe ausgeführt, was in Zusammenspiel mit der sogenannten Arena und einem Café, die sich beide mit Toren öffnen lassen, flexibel nutzbare Räumlichkeiten auch für größere Veranstaltungen ergibt. Im Obergeschoss springt die Fassade teils zurück, wodurch Platz geschaffen wurde für Terrassen. Richtung Westen sind zwei dieser Terrassen als gebäudehohe Wintergärten mit Rankgerüsten und eigener vertikaler Erschließung ausformuliert. Nicht zuletzt in der aktuellen Zeit können diese als geschützte, aber gut belüftete informelle Arbeitsplätze im Außenraum genutzt werden.

Die Referenz zum historischen Versorgungsamt ist vor allem in der Ausführung des Gebäudes als Stahlbetonskelettbau erkennbar, dessen vertikaler Lastabtrag in den Betonelementen der Fassade deutlich angezeigt wird. Auch die „Ausfachung“ mit viel Glas erinnert an das verschwundene Vorbild, ebenso die Einschnitte ins Volumen und die hohe Halle im Erdgeschoss. Die großzügige Verwendung von Sichtbeton lässt dann allerdings – im Gegensatz zum weißen Anstrich des Versorgungsamtes – wieder an Industriebauten denken, womit die Zeitschichten tatsächlich auf gelungene Weise verschwimmen. (sb)

Fotos: Stefan Müller-Naumann


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

11

STPH | 09.08.2021 13:02 Uhr

Die sich schließende Linie statt die sich öffnende Gerade.

Expressives Retro ala Pölzig noch ganz im unentschiedenen Übergang Körper zu Raum, von der Vertikalen zur Horizontalen. Man spürt noch den Schmerz der Selbstentleibung oder -auflösung. Das Büro Steidle kokettiert mit dem Rückweg, immer in Betonraster und Glasgitter.

...und fragt, wo gehts weiter? Ich sehe in der Verglasung das zelluläre Hundertwassermuster (jede Türklinke anders), eine Verblockung im digitalen Hier, weg vom expansiven Bewegungsraum der Moderne, mehr Introversion, Vollbremsung. Die Igel als Sieger über den Hasen. Die sich schließende Linie statt die sich öffnende Gerade.
(100wasser: Lineal ist Mord)
Dazu passend hier ein linear florales, lebendig jugendstiliges Tragwerk

10

Kommentartort | 04.08.2021 17:41 Uhr

@Superarchitekt

ich denke, das wichtige Wort heisst "unbeaufsichtigt"...

9

Auguste P. | 04.08.2021 15:44 Uhr

Schlechtes Gewissen

Kann man in der Fassade so tun, als wäre sie ein Abbild des Tragwerks (Vouten), wenn die Konstruktion tatsächlich nur aus geraden Stützen, Unterzügen und Decken besteht? Und sich so zeigt, daß das einzige "besondere", bildgebende Bauteil an einem ansonsten von äußerster Einfachheit geprägtem Bau eine reine Fiktion, ein Zitat einer konstruktiven Architektur ist? Ich finde, das kann man nicht machen.

8

202108041429 | 04.08.2021 14:29 Uhr

@Superarchitekt

BayBO Art 36 (2): Die Umwehrungen müssen ausreichend hoch und fest sein. Ist mit der Anwesenheit unbeaufsichtigter Kleinkinder auf der zu sichernden Fläche üblicherweise zu rechnen, müssen Umwehrungen so ausgebildet werden, dass sie Kleinkindern das Über- oder Durchklettern nicht erleichtern [...]

Ich vermute, das Wort "üblicherweise" bietet hier den Interpretationsspielraum...

7

Superarchitekt | 03.08.2021 18:04 Uhr

Ernst gemeinte Frage

Kann mir jemand erläutern, wie diese eleganten Brüstungen in unserem Land zur Abnahme kommen? Wird Kindern der Zutritt zum Gebäude untersagt?

Würde ich auch gerne mal so bauen dürfen.

6

Der eine Freund | 03.08.2021 10:04 Uhr

kreativer Charme

Vielleicht regt ja genau die vorherrschende Nüchternheit das kreative Denken an? Gerade die hellen und großzügigen Räume, die durch die offenen Glasfronten mit der umringenden Natur verbunden sind finde ich persönlich spitze!

5

Pekingmensch | 03.08.2021 09:22 Uhr

Farbigkeit

Zu Steidles Lebzeiten zeichneten sich seine Bauten nicht zuletzt durch eine sehr kraeftige Farbigkeit aus, was sie oft wohltuend vom "grau in grau" und Standard-Weiss unserer zeitgenoessischen Architektur abhob. Ob Steidle selbst hier wohl auch zu einer Farbpalette zwischen betongrau und mausgrau gegriffen haette? Unabhaengig davon aber ein spannendes Grundkonzept mit hoher Flexibilitaet!

4

auch ein | 03.08.2021 08:24 Uhr

architekt

ich dachte es wäre eine entkernung und ausbau im "industriecharme" und bischen "vintage".....

nein es ist ein neubau. innen schön klar finde ich, passt zu den "alten" steidle-bauten incl. seinem eigenen büro/wohnhaus.
von aussen leider mässig ansprechend verkleidet, wo man ein wenig das tragwerk ablesen kann (soll?).

eine sehr unmotivierte neuinterpretation, dennoch besser und viel luftiger als einige der neuen "innovations-cluster" die eher durch sofamöblierung und tischkicker auffallen (oder schon wieder out sind) als durch solche raumfolgen.

3

Baulöwe | 02.08.2021 17:11 Uhr

Qualität

Als Steidle-Fan bin ich vorbelastet. Gleichwohl: Dieser Bau ist ein großartiges Beispiel für Reverenz an den Ort, Klarheit der Form, sich selbst erklärende konstruktive Elemente, Unaufgeregtheit und Funktionalität. Wie immer bei den Baunetz-Veröffentlichungen fehlt mir auch hier ein knapper Steckbrief in Stichworten - nicht zuletzt, weil Bauen doch immer, immer mit dem Einsatz von Finanzmitteln zu hat - und weil gutes Bauen ja keineswegs notgedrungen teuer ist.

2

So ein Architekt | 02.08.2021 16:18 Uhr

Sollte

ein Gründerzentrum nicht auch einen gewissen kreativen Charme ausstrahlen? Frage für einen Freund.

1

schlawuki | 02.08.2021 16:06 Uhr

meine stadt

was ist los mit meiner stadt?
steidle, otto?
einer der helden meiner jugend !
und dann das!
kann nicht sein....

 
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