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24.02.2020

Farbklecks in den Schweizer Alpen

Freibad-Restaurierung von akkurat


Das Freibad war – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des damaligen Hygienediskurses – eine klassische Bauaufgabe des Neuen Bauens. Modernen Architekten und Ingenieuren eröffnete sich ein ideales Experimentierfeld. Das zeigt nicht nur das bekannte Wannsee-Bad von Martin Wagner in Berlin, sondern auch das Gruebi-Bad von Beda Hefti in einem Schweizer Alpendorf, das sich mit seinen farbigen Pavillonbauten vor der Kulisse traditioneller Holzhäuser am Gebirgshang geradezu exotisch absetzt.

In den letzten Jahren jedoch verfiel die Anlage, die Hefti 1931 feinfühlig in die dramatische Topografie eingebettet hatte. Sie stand schließlich kurz vor der Schließung. 2016 entschied sich die Gemeinde Adelboden dann doch für eine denkmalgerechte Sanierung. Umgerechnet 2,6 Millionen Euro sah man dafür vor, beauftragt wurden akkurat bauatelier aus Thun. Nach einjähriger Planungs- und Recherchephase sowie einem weiteren Jahr für die Sanierung selbst, rückten die Architekten die Anlage wieder nahe an seinen ursprünglichen Zustand. Tatsächliche Kosten: umgerechnet 4,4 Millionen Euro.

Höhere Kosten, dafür aber besondere denkmalpflegerische Sorgfalt. Die Architekt*innen standen vor der schwierigen Aufgabe, die Anlage den aktuellen Anforderungen an Statik, Technik und Barrierefreiheit anzupassen und gleichzeitig die Formensprache der 1930er Jahre zu erhalten. Wichtigste Quelle für ihre Sanierung waren die noch vorhandenen Baupläne Heftis sowie historische Fotoaufnahmen. Selbst die ursprünglichen Farben von 1928 in Silikattechnik, die Ende des 19. Jahrhundert von Adolf Wilhelm Keim für Mineralfarben entwickelt wurde, konnten sie ausfinding machen.

Nach dem denkmalpflegerischen Leitsatz „Bewahren und Ergänzen“ stellten akkurat den Originalzustand wieder her, soweit dies technisch und materiell möglich war ­– bis hin zum mühevollen Abkratzen einer zwei Zentimeter dicken Kalkschicht an den Fliesen der Duschkabinen. An anderer Stelle wurde im Sinne des Originals ersetzt, wie etwa die angepassten Fensteröffnungen des Restaurants. Als Neuinterpretation der damaligen Schiebefenster lassen sie sich nun dank eines eigens entwickelten Mechanismus komplett hochstellen.

Beda Heftis Einbettung eines 50-Meter-Beckens in das steile Gelände war eine Meisterleistung, daher änderten akkurat das städtebauliche Gefüge des Gruebi-Freibads nur minimal. In den knapp 90 Jahren seiner Existenz etwa hatte sich ein Beckenende gegenüber dem anderen um 12 Zentimeter vertikal verschoben, was eine Ausnivellierung erforderlich machte. Das neue Becken verfügt nun über Verstärkung mit Kohlefaserlamellen und über einen Nichtschwimmerbereich.

Den Sprungturm reduzierten akkurat aus Sicherheitsgründen – da das Becken aus heutiger Sicht nicht tief genug ist – von fünf auf drei Meter. Gegen Norden erweiterten die Architekt*innen die Anlage um ein Beachvolleyballfeld, auch Liegewiese und Restaurantfläche wurden vergrößert. Denn neben Bewahren und Ergänzen bezogen akkurat noch ein anderes Motiv in ihre Sanierung mit ein: „Im Vordergrund steht heutzutage für viele Besucher nicht mehr wie in den 30er-Jahren die sportliche Ertüchtigung, sondern die Erholung, der Spaß und der Genuss. Darauf muss die Anlage ausgerichtet sein“, so die Architekt*innen. (sj)

Fotos: David Bühler



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Formensprache der 30er Jahre: Das denkmalgerecht sanierte Gruebi-Bad in Adelboden.

Formensprache der 30er Jahre: Das denkmalgerecht sanierte Gruebi-Bad in Adelboden.

1931 entwarf Beda Hefti das farbenfrohe Freibad in den Schweizer Alpen.

1931 entwarf Beda Hefti das farbenfrohe Freibad in den Schweizer Alpen.

Originalpläne und historische Fotos halfen bei der Restaurierung.

Originalpläne und historische Fotos halfen bei der Restaurierung.

Der Sprungturm wurde aus Sicherheitsgründen von fünf auf drei Meter reduziert, da das Becken aus heutiger Sicht nicht tief genug ist.

Der Sprungturm wurde aus Sicherheitsgründen von fünf auf drei Meter reduziert, da das Becken aus heutiger Sicht nicht tief genug ist.

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