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30.05.2017

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Münchner Parkplatzwunder

Florian Naglers aufgeständertes Wohnhaus


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Bemerkenswert am Münchner Projekt „Wohnen am Dantebad“ ist einiges, in erster Linie jedoch die Bauaufgabe. Hier hat das Büro Florian Nagler Architekten in guter, innerstädtischer Lage für die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Gewofag einen seriell strukturierten Baukörper mit 1- und 2,5-Zimmer-Wohnungen für Geflüchtete und Wohnungslose geschaffen. Der Bauplatz ist ein als Parkplatz genutztes Grundstück in städtischem Besitz. Weil aber Parkplätze in Deutschland geradezu heilig sind – was angesichts des gegenüberliegenden Freibades in diesem Fall durchaus verständlich ist – wurde das Haus aufgeständert. So gingen nur vier der ursprünglich 111 Parkplätze verloren.
 
Über den Stellplätzen erhebt sich der gut 110 Meter lange und zwölf Meter tiefe Riegel, der auf vier Wohngeschossen 1.450 Quadratmeter Bruttogeschossfläche und ein für die Bewohner zugängliches Dach bietet. Erschlossen werden die nach Süden orientierten Wohnungen durch Laubengänge im Norden. In regelmäßigen Abständen weiten sie sich zu halböffentlichen Aufenthaltsbereichen.

Die Erdgeschosszone des auf Stahlbetonstützen ruhenden Hauses wurde in Ortbeton ausgeführt, die Geschosse darüber entstanden als vorgefertigter Holzbau. Die Architekten sprechen von „Wand-, Decken und Fassadenelementen mit weitgehend fertigen Oberflächen“ und „vollständig installierten Badeinheiten“, die zum Einsatz kamen und eine äußerst zügige Fertigstellung des Hauses innerhalb eines halben Jahres erlaubten.
 
Struktur und Idee des Hauses schließen an Paradigmen der klassischen Moderne an und reaktivieren diese: serielle Wohneinheiten, kollektives Wohnen, Vorfertigung, Laubengangerschließung, halböffentliche Dachterrasse und Aufständerung des Hauses. All das wurde hier in Holz und mit Mut zur frischen und starken Geste in einem Umfeld realisiert, dessen Bewohner anfänglich eher skeptisch waren. Denn das Haus liegt im beschaulichen und gut situierten Stadtviertel Gern im Westen der bayerischen Landeshauptstadt. Protesten und Kritik der Anwohner begegnete man im Planungsverlauf unter anderem mit der Vergabe der Wohnungen. Die Hälfte der Apartments ging an Flüchtlinge, 50 Prozent der Wohnungen ging an weibliche Mieterinnen. Außerdem wurden 14 Familienwohnungen integriert.
 
Möglich war all das vor allem durch den Willen und die Unterstützung der politischen Akteure, insbesondere des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD). Er war auf die Idee einer solchen Parkplatzüberbauung aufmerksam gemacht worden, hatte Florian Nagler Architekten beauftragt, ein Konzept zu entwickeln und die baurechtliche Umsetzbarkeit nachzuweisen – und schließlich bei der zügigen Umsetzung der Planungen mitgeholfen. Auch wenn entsprechend überbaubare Parkplätze in der richtigen Lage und im Besitz der öffentlichen Hand selten sind, zeigt sich an diesem Projekt, was möglich ist, wenn Politik, Bauherrschaft und Architekten den Mut beweisen, unkonventionelle Wege zu gehen. (gh)

Fotos: Stefan Müller-Naumann


Zum Thema:

Eine ausführliche Würdigung des Hauses durch Jochen Paul ist im aktuellen Heft 10.2017 der Bauwelt zu finden.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

4

a_C | 07.06.2017 10:31 Uhr

Großartig!

Wirklich ein tolles Beispiel, wenn gute Architekten die Möglichkeit bekommen ihr Können so zur Geltung zu bringen. Die Daten sind doch Wahnsinn: Ein halbes Jahr Bauzeit, Wegfall von nur vier Parkplätzen, 100 Wohnungen auf dem Footprint, etc. und dann diese hervorragende Architektur! Mein Lob gilt allen Beteiligten, ob Architekt, Baugesellschaft oder Politik!

3

Julius Germer | 06.06.2017 14:56 Uhr

langweiliger Riegel

Wie ein viel zu langer Riegel mit ständig gleicher Folge von Fassadenelementen über eine viel zu lange Strecke.
Kommen wir denn nie aus dieser Monotonie raus?

2

solong | 01.06.2017 10:48 Uhr

.... lassen ....

... wir dochmal dieses ewige "geplärre" um die laubengänge und ihr potential für die gesellschaftliche Nutzung ... es gibt seit den 60er-jahren unzählige beispiele hierzu ... außer vielleicht bei eingigen " herzbergerbauten der 90er" hat sich da immer nur "lost city" eingestellt ... also nicht immer "laienhaftes wunschdenken" mit der realität vermischen ... ansonsten ... wenn man von dem bisschen "low cost kistchen" groß was lernen kann ... steht es wirklich schlecht um das wissen der jungen kollegen ...

1

ospreck | 31.05.2017 10:42 Uhr

Parkplatzwunder

toll!
davon könnte gerade Berlin mit seinen un-inspirierten miefigen Massivbau-'MuF 's für Geflüchtete nur lernen!

Und auch die Laubengang-Erschliessungen mit Potential für gemeinschaftliche Nutzung: sehr schön - aber leider immer noch viel zu selten durchsetzbar.

 
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