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02.12.2020

Günstig Wohnen in Beton

Fink + Jocher in Neu-Ulm


In Bayern hat der sozial engagierte Wohnungsbau seit vielen Jahren Tradition. Das Mehrfamilienhaus von Fink + Jocher in Neu-Ulm ist das jüngste Beispiel des vom Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr geförderten Modellvorhabens Experimenteller Wohnungsbau. Es erfüllt nicht nur die ministeriellen Forderungen nach Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit, sondern überzeugt auch in seiner strengen Sichtbetonästhetik.

Von Christian Schittich


Schlicht und einfach Betonhaus nennen Fink + Jocher (München) ihr kürzlich fertiggestelltes Mehrfamilienhaus in Neu-Ulm, das sich mit seiner kraftvollen Betonstruktur an der verkehrsreichen Reuttierstraße präsentiert. Entstanden ist es für 4,35 Millionen Euro Bauwerkskosten im Rahmen des Programms „Experimenteller Wohnungsbau“ in Bayern, das mittlerweile auf eine Tradition von mehr als 35 Jahren zurückblicken kann und das Ziel verfolgt, zukunftsfähige und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähige Wohnmodelle zu entwickeln, die gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft umgesetzt werden.

Auch das aktuell vom Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr initiierte Modellvorhaben „effizient bauen – leistbar wohnen“ soll aufzeigen, wie „eine überdurchschnittlich hohe Wohn-, Gebrauchs- und Architekturqualität mit niedrigen Baukosten realisiert werden kann“. Ein Anspruch, den das von Fink + Jocher entworfene und der örtlichen Wohnbaugesellschaft NUWOG realisierte Gebäude zweifellos erfüllt, denn es sind nicht zuletzt die hellen und flexibel nutzbaren Wohnungen, die hier trotz sparsamer Grundrissflächen überzeugen.

Um Baukosten und Energieverbrauch zu reduzieren, entwickelten die Architekten einen kompakten Baukörper auf einem stringenten Achsraster. Das ermöglicht einen hohen Grad an Standardisierung und Vorfertigung sowie variable Grundrisse. Durch das günstige Verhältnis von Volumen zu Außenfläche und der damit minimierten thermischen Hülle erreichen sie ein hohes Maß an Energieeffizienz. Neben den Wänden in hochgedämmter Sandwich-Bauweise und weiteren Elementen der Tragstruktur konnten auch Bäder und Leichtbauwände  vorgefertigt werden.

Auf Keller und Tiefgarage wurde aus Kostengründen verzichtet. Stattdessen befindet sich in jeder Wohnung ein Kellerersatzraum, und es gibt einen Parkplatz, der auch für Feste genutzt werden kann. Darüber hinaus sollen ein großer Gemeinschaftsraum und ein Freibereich auf dem Dach das soziale Miteinander fördern. Die Erschließung der 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen erfolgt über Laubengänge, die sie zur Straße hin abschirmen. Alle Individualräume sind dabei nach Südwesten hin orientiert und raumhoch verglast. Sie erweisen sich als gut möblierbar und weitgehend nutzungsneutral.

Sein klares Erscheinungsbild erhält der Baukörper nicht zuletzt durch die reduzierten Details, die in mehreren Runden (auch zusammen mit den ausführenden Firmen) hinsichtlich ihrer Kosten optimiert wurden – ein nicht unerheblicher Planungsaufwand, wie die Architekten betonen. In diesem Zusammenhang mussten sie auch verschiedene Zugeständnisse bei der Betonqualität machen und auf dessen ursprünglich geplante farbliche Pigmentierung verzichten.

Das Erkennungsmerkmal des Gebäudes sind die im Vergleich zu statischen Erfordernissen überdimensionierten runden Stützen. Deren kraftvolle Ausprägung indes ist nicht allein gestalterisch bedingt. Vielmehr sollen sie durch ihr Volumen eine bessere räumliche Abgrenzung des Laubengangs zu Straße hin ermöglichen. Auf der Südwestseite hingegen bewirken die massiven Piloti, laut Berechnung der Fachplaner, zusammen mit den weit vorspringenden Balkonen, dass auf einen teuren beweglichen Sonnenschutz verzichtet werden kann. So ist das Ergebnis ein öffentlich geförderter Wohnbau mit eigenem Charakter, bei dem es den Architekten gelingt, eine hohe Kosten- und Energieeffizienz mit einem prägnanten Ausdruck zu verbinden.

Fotos: Michael Heinrich


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