Eine Parkerschließung in Warschau, die Geschichte erfahrbar macht, und eine Strandgestaltung an Galiziens Küste, die den räumlichen Bezug von Stadt und Meer verbessert – beide Projekte wurden am 29. Oktober in Barcelona mit dem European Prize for Urban Public Space 2024 ausgezeichnet. Dieser wird alle zwei Jahre vom Zentrum für zeitgenössische Kultur Barcelona (CCCB) vergeben und soll auf beispielhafte europäische Projekte aufmerksam machen, die sich der Kreation, Wiederherstellung oder Verbesserung des öffentlichen Raums widmen. Für die diesjährige 12. Ausgabe waren 297 Bewerbungen aus 35 europäischen Ländern eingegangen.
Nachdem im Juli zehn Finalisten ausgewählt worden waren, hat sich die internationale Jury unter Vorsitz der katalanischen Architektin, Landschafts- und Industriedesignerin Beth Galí nun für zwei Gewinnerprojekte entschieden. In der ersten Kategorie „General“ wurde ein von den beiden Warschauer Büros topoScape und Archigrest geplanter Park auf geschichtsträchtigem Terrain im Zentrum der polnischen Hauptstadt zum Sieger gekürt. In der zweiten Kategorie „Seafronts“, die dieses Jahr neu entstanden ist und die Rolle der Küstengestaltung in Zeiten des Klimawandels in den Fokus rücken soll, gewann die von CreuseCarrasco (A Coruña) und RVR Arquitectos (Santiago de Compostela) projektierte Strandpromenade im galizischen Städtchen Porto do Son.
Der Hügel des Warschauer Aufstandes im Stadtzentrum wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus den Trümmern der zerstörten Stadt aufgeschüttet und wird seither von einer Gedenkstätte gekrönt. Hier finden jährliche Gedenkfeiern statt, der Zugang war jedoch bisher nicht optimal. Archigrest und topoScape verbesserten folglich die Erschließung des Parks und schufen dabei Stege und künstliche Schluchten. Deren Hänge sind aus Beton, der wiederum im Sinne der Kreislaufwirtschaft aus dem Schutt des Hügels hergestellt wurde und optisch an geologische Gesteinsschichten erinnern soll. Mit Unterstützung eines Pflanzensoziologen wurde auf Basis einer Analyse von bereits vorhandenen Arten ein spezieller Bepflanzungsplan entwickelt, außerdem entstanden eine Freiluftausstellung über den Wiederaufbau Warschaus, zahlreiche Ruhebereiche und ein Spielplatz.
Der Jury gefiel insbesondere der nachhaltige und ökologische Ansatz. Das Projekt habe zudem die Identifikation der Bevölkerung mit dem Ort gestärkt. Indem mit der Integration des Schutts in die architektonische Intervention die spezifische Materialität des Hügels aufgegriffen werde, könne auch seine Geschichte besser verstanden und die Erinnerung wach gehalten werden.
In der Fischerstadt Porto do Son hatte der Ausbau des natürlichen Hafens in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Stadt vom Strand räumlich getrennt wurde. Ziel der nun erfolgten Intervention von CreuseCarrasco und RVR Arquitectos war zum einen die Verbesserung des Zugangs zum Meer. Zum anderen sollte die Natur auf der Strandpromenade zurückkehren. Wo zuvor eine Mauer den Anblick prägte, ist nun ein nachgebildetes Dünensystem mit einheimischer Vegetation enstanden, das sowohl als Schutzbarriere als auch als Verbindung in Richtung Wasser fungiert.
Hier gefiel der Jury die Art und Weise der ökologischen Wiederherstellung des Küstenstreifens, die Düne bilde nun einen natürlichen Übergang von der Stadt zum Strand. Das Projekt habe das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung ihrer öffentlichen Räume geschärft und die Identifikation mit dem Meer gestärkt. (da)
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