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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Direktorin_Eva_Franch_entlassen_7323203.html

14.07.2020

Krise an der Architectural Association

Direktorin Eva Franch entlassen


Eva Franch i Gilabert wurde als Direktorin der Architetcural Association AA entlassen. Das gab der Council der berühmten Londoner Architekturschule gestern Abend bekannt. Die Entscheidung fiel erstaunlich schnell. Auf einer Sitzung am 29. Juni hatte die School Community – der alle Studierenden und Lehrenden angehören – der Direktorin das Misstrauen ausgesprochen. Auf der Sitzung wurde auch Franchs Fünf-Jahres-Plan für die strategische Neuausrichtung der AA abgelehnt. Eine Mehrheit fand demgegenüber ein Antrag, der einen gemeinschaftlich diskutierten Reformprozess der Schule forderte.

Auf das Misstrauensvotum folgte ein offener Brief, in dem viele prominente Architekt*innen die 1978 geborene Katalanin unterstützten. Der offene Brief provozierte wiederum eine lange Replik von zwei Lehrenden der AA, die Außenstehenden differenzierte Einblicke in herausfordernde Fragen gewährte, mit denen sich die Schule konfrontiert sieht und auf die Franch keine überzeugenden Antworten zu geben vermochte.

Zu den Gründen für die Entlassung von Franch schreibt der Council in einem gestern veröffentlichten Statement: „Im Zentrum der Entscheidung stehen die Versäumnisse, eine Strategie zu entwickeln und umzusetzen sowie das Vertrauensverhältnis zur Schulgemeinschaft aufrecht zu erhalten.“ Und weiter: „Im Anschluss an die Sitzung und Abstimmung der Schulgemeinschaft am 29. Juni gab es eine Reihe von Meetings und Beratungen zwischen dem Council und Frau Franch i Gilabert, um ihr Gelegenheit zu geben, ihre Pläne zur Behebung dieser Probleme darzulegen. Leider überzeugten die Diskussionen den Council nicht, dass sie ihrer Rolle als Schuldirektorin der AA, einer der führenden Architekturschulen der Welt, gerecht werden würde.“

Potentielle Nachfolger*innen sollten sich vor allem die Replik der Lehrenden auf den Unterstützerbrief genau ansehen, denn sie lässt einige Rückschlüsse auf die innere Verfasstheit zumindest eines Teils des Lehrkörpers zu. Die Autoren Ricardo Ruivo und Will Orr stellen sich klar gegen die neoliberalen Paradigmen und Machtstrukturen, die die Architekturproduktion dominieren und die sich ihres Erachtens auch an der AA schon lange manifestiert hätten. Zwei Jahre lang habe man darauf gehofft, dass Franch „progressive Reformen“ anstoßen würde, doch nun sei klar geworden, dass „die Schulgemeinschaft selbst, ihre Studentinnen und Studenten sowie die Mitarbeitenden diesen Prozess in Angriff nehmen und leiten muss.“ Der geradezu klassenkämpferische Blick auf den – zwischenzeitlich obsolet gewordenen Unterstützerbrief – macht deutlich, wie viel politische Unzufriedenheit an der AA zum Teil brodelt: „Aus unserer Sicht offenbart die Verteidigung der derzeitigen Direktorin die tiefe Besorgnis eines Elitekartells, das befürchtet, dass die Krise des Neoliberalismus in Architektur und Wissenschaft seine institutionelle Privilegienposition gefährden könnte.“

Inwieweit die Schulgemeinschaft dem radikalen Duktus der beiden Verfasser im Detail folgt, sei dahingestellt. Fakt ist, dass Eva Franch mit großer Mehrheit abgewählt wurde. Der neue Direktor oder die neue Direktorin wird die notwendigen Reformen der Schule wohl nur auf Augenhöhe mit der Schulgemeinschaft diskutieren können, so radikal oder unterschiedlich manche Vorstellungen auch sein mögen. Ob ein solcher partizipativer Aushandlungsprozess gelingt, als linke Utopie in den Mühen der Ebene scheitert oder nur zu einem fahlen Kompromiss führt, wird Architekturfakultäten auch weit jenseits der Grenzen Londons interessieren. (gh)


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Eva Franch i Gilabert

Eva Franch i Gilabert


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