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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Berliner_bauen_Meisterhaeuser_in_Dessau_auf_1006927.html

01.04.2010

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Unscharfe Erinnerung

Berliner bauen Meisterhäuser in Dessau auf


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Nach langem, zermürbenden Hin- und Her (siehe zur Vorgeschichte die BauNetz-Meldung vom 17. September 2009) zeichnet sich jetzt eine Lösung für den Umgang mit den beiden kriegszerstörten Meisterhäusern Gropius und Moholy-Nagy in Dessau ab: Nach dem Scheitern eines ersten Wettbewerbs (siehe BauNetz-Meldung vom 23. Mai 2008) gab es nun eine Entscheidung in einem zweiten Wettbwerb (siehe BauNetz-Meldung vom 4. Dezember 2009 zur Auslobung), der in Form einer nichtanonymen „Mehrfachbeauftragung“ durchgeführt wurde.

Dieses Verfahren gewann jetzt das Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez. Inhaber des Büros sind Piero Bruno und Donatella Fioretti, die in Italien geboren wurden, sowie José Gutierrez Marquez, der aus Argentinien stammt. Die drei um 1960 herum geborenen Architekten führen seit 1995 ein gemeinsames Büro in Berlin.

Bauhaus-Direktor Philipp Oswalt, der in der Jury saß, sagte gestern der Presse, es werde mit diesem Entwurf keine originalgetreue Rekonstruktion geben, sondern vielmehr „eine zeitgenössische Umsetzung des historisch Gegebenen“. Das bestehende Haus Emmer, das auf dem erhaltenen Kellergeschoss des Meisterhauses Gropius steht, muss dafür abgerissen werden.

Oswalt erläuterte gegenüber der BauNetz-Redaktion heute: Die Architekten haben ihre Herangehensweise hauptsächlich am Haus Gropius beschrieben, kommen aber für Moholy-Nagy zu einem ähnlichen Ansatz. Sie wollen das Haus als „abstraktes, reduziertes Modell“ wieder aufbauen und sich dabei an einem kleinen Gipsmodell, das Gropius hatte anfertigen lassen, orientieren. Dieses Gipsmodell wird mit all seinen Unschärfen auf den Maßstab 1:1 „hochgezoomt“. Dabei wird das Volumen wiedergegeben; Fensteröffnungen werden dabei bündig und rahmenlos dargestellt.
Im Inneren werde ein eingebautes Element aus Holz die ehemalige Raumstruktur in abstrahierter Form andeuten. Insgesamt sei der Entwurf dazu geeignet, eine „unscharfe Erinnerung“ an das verlorene Haus zu vermitteln.

Nach Angaben von Oswalt soll im Jahr 2011 mit dem Bau begonnen werden, sofern der Stadtrat der Kommune Dessau-Roßlau dem Wettbewebsergebnis zustimmt. Die Stadt ist Bauherr und will für die Rekonstruktion der beiden Meisterhäuser 2,6 Millionen Euro aufwenden.

Die Preisgerichtssitzung unter Vorsitz von Carola Schäfers hat bereits am vergangenen Freitag in Berlin stattgefunden. Abbildungen des Siegerentwurfs sind hingegen bis heute nirgends zu bekommen. Die Stadt Dessau-Roßlau will diese offenbar erst veröffentlichen, wenn der Bauausschuss das Wettbewerbsergebnis bestätigt hat. Dessen nächste Situng ist am 15. April.
Das Interesse der Öffentlichkeit, über den Ausgang dieses Wettbewerbs informiert zu werden, wird von der Stadt also geringer eingeschätzt als der mögliche Gesichtsverlust, der entstünde, wenn die Stadt dem ersten Preisträger die Zustimmung versagen sollte. Womöglich ist also das eingangs erwähnte Hin- und Her immer noch nicht beendet. (-tze)


Kommentare

6

Schelkin | 09.04.2010 23:34 Uhr

Zeit tut gut

Nach den hier eingesandten Kommentaren empfinde ich mich auf einen Narrenschiff.
Wieso warten wir nicht einfach den 15. April ab?

5

D. Roßlau | 04.04.2010 00:43 Uhr

Unschärfe

... hier macht sich der fade Beigeschmack breit, dass die Sache so lang durchexerziert wird, bis sie geschmäcklerisch passend erscheint ... und das `Passendmachen` geht nun mal in den schwammigen Verfahren (nichtanonyme Mehrfachbeauftragung!!) eindeutig besser, als dies innerhalb eines regulären Wettbewerbs möglich wäre. Die Parallele zu neuen Schlössern ist da gar nicht so weit weg, nur eben cooler nach dem Verständnis von architectural correctness (Moderne = gut).
BFM werden im Auftragsfall sicher auch daraus was machen - die sind ja wirklich gut. Die beschriebene Verfahrensweise der Organisatoren wird aber auch dadurch nicht nobilitiert, dafür ist es dann doch wieder zu nah am Schloss.

4

Schweizer | 03.04.2010 18:08 Uhr

Mai, mai

...auf welche Weise Architekten zu guten Ergebnissen kommen, könnte einem wirklich eigentlich egal sein. Es kommt mir immer ziemlich populistisch schäbig (und von jedem architekturtheoretischen Verständnis unbeleckt bis ahnungslos) vor, sich über "Architektenprosa" und intellektuelle Strategien lustig zu machen, von denen man offensichtlich nicht genug versteht, um sie beurteilen zu können. Meist wird dabei gern verkannt oder ignoriert, dass diese beim Entwerfen nunmal brauchbare Instrumente darstellen - sie sind nicht nur beliebige Rechtfertigung sondern auch Werkzeug. Der große O.M. Ungers (auf den man in Deutschland zurecht stolz sein kann) hat das in seinem theoretischen Werk und als weltweit geschätzter Lehrer eindrucksvoll dargelegt ("Die Thematisierung der Architektur" oder "Entwerfen mit Vorstellungsbildern, Metaphern und Analogien. Anmerkungen zu einem morphologischen Konzept" - um nur einige zu nennen). Dies gehört nämlich nun mal zum Erkenntnisschatz unserer Disziplin (auch wenn ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass dies gerade in Deutschland gerne vergessen wird, weil man lieber ohne große gedankliche Anstrengung auf den neoklassiszistischen Nationalstil zurückgreifen würde) und sollte eigentlich von jedem, der unsere Berufsbezeichnung trägt, wenigstens im Studium einmal rezipiert worden sein. Wäre dem so wäre, verböte sich eigentlich jeder höhnische Kommentar zur - wie ich finde legitimen - Herangehensweise von BFM. So kommunizieren die halt ihre Idee. (Lest mal die Erläuterungen von Chipperfield zum Neuen Museum. Auch die sind im Vergleich zum großartigen Resultat ziemlich "abstrakt". Liegt in der Natur der Sache.) Aber selbst wenn´s einer lieber einfühlungstheoretisch hält und sich seinen Ergebnissen eher psychologisierend und ohne intellektuelle Verrenkungen nähern will (oder wie auch immer), dann sollte man doch fairerweise wenigstens akzeptieren, dass es eben verschiedene Wege gibt, um schlussendlich zu einer "guten Gestalt" zu gelangen. Letztlich wird sich nämlich - das hat die Architektur so an sich - jede noch so abstrakte Idee manifestieren und für den Laien auch ohne theoretisches Fundament bestehen müssen. Daran - am gebauten Resultat - sollte man dann die Kollegen doch messsen. Mit verquaster "Kopflastigkeit" hat konzeptionelles Arbeiten wenig zu tun (und mit "Ewiggestrigkeit" schon gleich garnicht), sondern schlicht mit schnödem entwerferischen Handwerk, das manche hier scheinbar für verzichtbar halten. (Irgendwie klar, wenn man ohnehin lieber Barockschlössser rekonstruieren möchte.) BFM haben jedenfalls schon des öfteren gezeigt, dass sie gelungene Projekte zustande bringen. War es nicht ein deutscher Kanzler, der mal den schönen Satz geprägt hat: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." Dem könnte man nur anfügen: Wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten.

3

tutnixzursache | 01.04.2010 17:17 Uhr

...

erinnert mich stark an die ganzen schloßrekonstruktionspläne. ewiggestrigkeit auf einem anderen level... extrem peinliche sache

2

Akki | 01.04.2010 17:10 Uhr

Aprilapril

man kommt aus dem Lachen nicht mehr raus....wie verquast und kopflastig die Liebhaber der Moderne selbst mit der eigenen Moderne umgehen....
Darf ich die Kistenarchitektur jetzt rekonstruieren oder nicht...stellt sie doch einfach auf den Kopf...merkt ja eh keiner.
Statt dessen ein unscharfes Modell unscharf hochzoomen, Abstraktes mit "Unschärfe" abstrakter machen...nicht das es nachher noch heisst weniger ist nichts.
Mannomann...ein echter Schenkelklopfer
Oder liegts am 1. April ??

1

Berthold Burkhardt | 01.04.2010 15:59 Uhr

Meisterhäuser Dessau

...kein Bild, kein Ton, nur unscharfe Worte...
der Aprilscherz ist gelungen

 
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