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30.11.2020

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Wohnen ohne Heizung

Baumschlager Eberle in Dornbirn


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Wenn die Nutzer*innen ihr Verhalten nicht anpassen, lässt sich auch mit der raffiniertesten Haustechnik der Energieverbrauch eines Gebäudes nicht senken. Obwohl uns die Bauindustrie etwas anderes glauben machen will, ist dies schon lange bekannt. Deshalb ist es völlig unverständlich, dass sich angesichts der drängenden Klimaziele in der Branche so wenig bewegt. „Zertifizierte Bauten verbrauchen oft mehr Energie als ‚normale‘. Die Energieersparnis wird durch Unterhalt und Wartung aufgefressen“, sagte Dietmar Eberle vor sieben Jahren und machte mit seinem Büro Baumschlager Eberle vor, wie es anders gehen könnte.

Bereits im Jahr 2013 realisierten die Architekten schon ihr Bürohaus „2226“ in Lustenau, das ohne Heizung, Lüftung und Kühlung auskommt. Auf Wohlfühltemperaturen zwischen 22 und 26 Grad müssen die Nutzer*innen deshalb trotzdem nicht verzichten. Das Rezept bestand aus einer kompakten Gebäudeform, kalkverputzten, 75 Zentimeter starken Außenwänden und dreifach verglasten Fenstern, die regelmäßig mechanisch gelüftet werden. Viele Kolleg*innen waren seitdem in Lustenau zu Besuch, um selbst zu sehen, ob das funktioniert. In Emmenweid bei Luzern und im Vorarlberger Lingenau sind inzwischen weitere Bürohäuser nach diesem Prinzip entstanden. Ein Bürokomplex in Zürich ist gerade im Bau.

Nun wurde mit der gleichen Kombination aus hochdämmenden Wänden und effizienter Steuerung der Energieströme auch das erste Wohnhaus von Baumschlager Eberle fertiggestellt, das ohne Heizung, Kühlung und Lüftung auskommt. Haus „2226 Graf“ – benannt nach Konzept und Bauherrn – steht in Dornbirn und umfasst auf 507 Quadratmetern acht 3-Zimmerwohnungen. Das radikale Prinzip hatten zuvor auch schon Degelo Architekten bei einem Wohn- und Atelierhaus in Basel für den privaten Bereich adaptiert.

Die Herausforderung: Ein reines Wohnhaus ohne Heizung lässt sich schwieriger zu konzipieren als ein Bürobau, denn der Energieeintrag ist geringer und weniger berechenbar. Tagsüber sind schließlich kaum Menschen im Haus und ganz generell gibt es auch weniger Geräte, die auf ihre Umgebung abstrahlen. Dennoch sollen die 22 bis 26 Grad im Graf-Haus durch die Körperwärme der Bewohner*innen und die üblichen elektrischen Apparate erzeugt werden. Wo die traditionelle Bauweise an ihre Grenzen stößt, übernimmt die Software. Wärme, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt im Innenraum werden von Sensoren erfasst und über automatisierte Lüftungsflügel gesteuert. Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach erhitzt das Wasser und Infrarotpaneele können bei Bedarf zusätzliche Wärme in die Wohnungen bringen. (fm)

Fotos: René Dürr



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Kommentare

15

oliha | 29.10.2021 18:49 Uhr

Energiebedarf

Das Konzept finde ich absolut faszinierend und würde mir mehr Informationen insb. zum Primärenergiebedarf wünschen. Und wie zufrieden sind denn die Bewohner?

Gegen die IR-Heizung hätte ich persönlich nichts zumal gerade die ganze Republik auf all-electric umstellt. Und möglicherweise lässt sich ja auch über eine Wärmepumpe oder etwas Erdwärme nachdenken.

14

alexander | 03.12.2020 16:18 Uhr

@kommentare

baumschlager eberle haben mit dem bau ihres eigenen büros prinzipiell bewiesen, dass dieses bausystem funktioniert.
der titel hier bei baunetz ist ja auch ein wenig irreführend, denn es soll ein gebäude ohne konventionelle heizung sein.

die wände bestehen übrigens aus zwei schichten porosiertem ziegel mit unterschiedlichen dichten.

bei einem bürogebäude lässt sich der wärmeeintrag durch geräte und menschen relativ einfach und verlässlich berechnen. ein wohnhaus mit 8 dreizimmerwohnungen wird vermutlich sehr unterschiedlich bewohnt, sodass es durchaus sein kann, dass es teilweise ein wenig kälter wird, als die avisierten 22grad.
ich finde es völlig legitim, in solchen fällen kurz mit strom nachzuhelfen (hier über die pv-anlage produziert), da es hierbei nur um ein geringfügiges nachwärmen geht. könnte mir vorstelen, dass dies in den bädern der fall sein kann, aber immerhin entällt -bis auf die steuerung der lüftungsklappen- sonst jegliche technik.
im sommer 26grad nicht zu überschreiten, ist wiederum sicherlich einfacher als im bürohaus mit den vielen wärmeabgebenden geräten...

13

Seebewohner | 02.12.2020 16:00 Uhr

Interessant und doch eine Mogelpackung

Also Häuser ohne Heizung gibt es schon länger. Über das Konzept von BE gibt es leider keine frei zugänglichen Veröffentlichungen, die das Konzept im Betrieb bestätigen.

Infarotpanele sind ganz einfach eine Stromdirektheizung! Das ist kein großer Wurf und auch der Ökostromtarif macht die Kiste damit nicht grün. Interessant wäre, wie groß deren Heizleistung ist, aber ohne Heizung - wie suggeriert - ist das Gebäude nicht.
Dennoch ist es gut,solche Ansätze auszuprobieren...

12

maestrowec | 02.12.2020 10:55 Uhr

Energiesparbüchse

Dass die Innenaufnahmen fehlen, scheint kein Zufall, wenn ein Grundprinzip exerziert werden soll, müssen Opfer gebracht werden, das wussten schon die Bewohner mittelalterlicher Burgen mit ähnlich dimensionierten Wandstärken und Öffnungsgrößen. Dennoch sind Experimentalbauten wie diese doch ein gutes Zeichen, dass das Thema des Ressourcenverschwendens in Österreich tatsächlich ernst genommen wird. Aber dann rollen die Einwohnerinnen per SUV zum Einkauf oder fliegen in die Ferien nach Thailand und die ganze Mühe ward umsonst...

11

Reinhard04 | 02.12.2020 10:23 Uhr

Detailverliebt

Eigentlich vermeide ich mich an konstruktiven Details aufzuhängen - jedoch springt der Übergang Balkon - Fassade in Gesicht - zumindest hat der FLK halbwegs den Farbton der Fassade getroffen

10

lest | 01.12.2020 15:06 Uhr

wandaufbau

woraus bestehen die 75cm dicken Außenwände?

9

Mainzer | 01.12.2020 14:11 Uhr

Nachtrag

... es wäre hilfreich, wenn auch aus dem Inneren der Wohnungen etwas Bildmaterial dabei wäre. Dazu gehören mE auch Abbildungen und Standorte der Infrarot-Heizpanele. Davon könnten insbesondere jene lernen, die ergebnisoffen Ausschau nach neuen Wegen im Wohnungsbau halten ... Wissen schadet nie!

8

solong | 01.12.2020 11:15 Uhr

... unglaublich ...

... wie wenig technisches verständnis die gesellschaft doch inzwischen hat ... ohne heizung !! ?? nur mit infrarotpaneelen ... das ist heizen mit strom ... nicht anderes ... hat sich ja bei diversen passivbauten im sporthallenbereich ja schon in der nutzung gezeigt ... das es ohne eine grundbeheizung im winter doch nicht geht ...egal wie viel da gemessen und gesteuert wird ...

7

Jan | 01.12.2020 11:12 Uhr

Recourcenknappheit

Da ist ja wohl die gesamte Entwurfsenergie in das bauphysikalische Konzept gesteckt worden, sodass für einen anständigen Grundriss keine Zeit mehr blieb.
Verspringende Wände, wo man gegen eine Ecke läuft, wenn man den Raum betritt.
Küchenzeilen, die halb in die Fensteröffnung ragen.
Fenster mit feststehende Fensterflächen, die als Absturzsicherung fungieren sollen und dann noch zusätzliche Stangen vor dem Öffnungsflügel haben...

Kann man denn kein rundum gutes Haus entwerfen?
Von den Entwurfsverfassern hat man auch schon besseres gesehen.

6

STPH | 01.12.2020 08:01 Uhr

...

Die einfache Bauweise ist sympathisch. Auch ein less is more. Im reuse Sinn dann wohl vorhandene Massivbauten doch ertüchtigen.
Die Sensibilität eines solchen Systems verträgt wohl wenig Fensterflächen und schränkt so den Wohnwert wieder ein, sodass der Bildschirm zum hellsten Bezugsort wird.
Dünnere Außenwand aus gedämmtem Holz geht wohl auch mit Lehmfachwerk innenliegend als Speichermasse und zur Schalldämmung.
Der Betonbalkon muss dann auch nicht sein.

5

staubmeier | 30.11.2020 20:07 Uhr

was spricht gegen eine kleine zuheizung,

wenn man den strom dafür selbst herstellt? z.b. den für die infrarotpaneele. grünen strom kaufen geht auch, aber schade für die leitungsverluste. aber z.zt. noch besser als einen stromspeicher im haus. aber auch das wird sich sicher noch ändern und jedes haus wird mal einen stromspeicher haben.

4

muffinman | 30.11.2020 18:52 Uhr

Infrarotpaneele

Tolles Konzept, tolles Projekt!

Ich nehme an, die Infrarotpaneele sind der Hosenträger, mit dem das Konzept den Bedenken der Nutzer entgegenkommt.
Auch in "herkömmlichen" Passvihäusern wird schließlich gerne ein Badheizkörper eingebaut "für die Handtücher".

Ich wünsche dem Konzept viel Erfolg - und viele Nachahmer!

3

HH Architekt | 30.11.2020 17:41 Uhr

Wohnhaus ohne Heizung

Toller und interessanter Ansatz, der gerne öfter und auch in D weiterverfolgt werden sollte!

Aber wie verträgt sich denn die Bezeichnung "Wohnhaus ohne Heizung" mit "Infrarotpaneele können bei Bedarf zusätzliche Wärme in die Wohnungen bringen"? Hört sich (leider) ein bisschen wie Heizung durch die Hintertür an....

2

2011301658 | 30.11.2020 16:58 Uhr

Verständnisschwierigkeiten

Wie definiert sich denn ein Haus "ohne Heizung", in das "Infrarotpaneele [...] bei Bedarf zusätzliche Wärme in die Wohnungen bringen" können?
Ist das dann nicht... ähm... eine Heizung?

(Anmerkung des Verfassers: diese Frage ist keine versteckte Kritik, sondern ernstgemeinte Neugier)

1

Mainzer | 30.11.2020 16:02 Uhr

die Zukunft

... kommt manchmal schlicht, unaufgeregt und auf leisen Sohlen daher. Glückwunsch zum Verzicht auf üblichen Schnickschnack! Etwas Farbe könnte den Bewohnern ggfl. auch gefallen.

 
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