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20.01.2017

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Hasso Plattners Potsdam

Barberini Palais eröffnet


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Es gibt den Typ Kunstsammler wie Julia Stoschek oder Christian Boros. Beide präsentieren sich auf ihre Art als Avantgarde, auch baulich. Boros zeigt seine Sammlung in einem Betonbunker, dem eine Glashaube aufsitzt, und Stoschek lässt für ihre Video- und Filmkollektion eine Berliner DDR-Platte zum Kunstraum umbauen. Und dann gibt es den Typ wie Hasso Plattner. Der SAP-Mitbegründer und Milliardär blickt schon bei seiner Privatsammlung, die er vor allem aus Werken des Impressionismus und der klassischen Moderne anlegte, lieber in die Vergangenheit als in die Gegenwart. In der Architektur greift er nun besonders in die Geschichte: In Potsdam setzte er sich für den Wiederaufbau des Stadtschlosses ein und hat jetzt ein ganzes Palais aus Zeiten Friedrichs d. Großen wieder aufbauen lassen. Heute, 20. Januar, eröffnet der Bau als eine neue, rein privat finanzierte Kunsthalle in der Landeshauptstadt. 

In Potsdams historischer Mitte, unmittelbar neben dem Landtagsgebäude und der Nicolai-Kirche, schmiegt sich das neu-alte Barberini Palais in ein ganzes Ensemble von Nachbildungen ein. Ebenfalls noch in unmittelbarer Nachbarschaft: Das abrissgefährdete Mercure-Hotel und die schon zum Abbruch verurteilte Fachhochschule. Und so liegt die neue Kunsthalle in einer recht seltsamen Umgebung, die zwischen bereits rekonstruktiertem Barock und noch bestehender DDR-Moderne schwankt. 

An der Qualität der Architektur des wieder aufgebauten Palais besteht kein Zweifel. Thomas Albrecht von Hilmer & Sattler und Albrecht (München) entwickelte aus den Dokumenten, die noch vom originalen Palais erhalten sind, einen modernen Museumsbau mit detailliert ausgearbeiteter Barockhülle. Auf vier Ebenen (Untergeschoss, Erdgeschoss und zwei Obergeschosse) breitete er ein Raumprogramm mit Ausstellungssälen, Veranstaltungsräumen, Eingangshalle und einem Café aus. Hier dominiert gutes Handwerk: Feiner Naturstein, edel gemustertes Fischgrätenparkett, durchdachte Belichtung, neueste Technik verborgen in Wand und Boden.

Hilmer & Sattler und Albrecht beziehen den öffentlichen Raum mit ein, wenn sie die Säulen des Mittelrisalit zu einer offenen Passage ausformulieren, von der aus die Besucher schließlich zum Eingangsfoyer kommen, in dem die Passage in Form einer modernen Säulenhalle weitergeführt wird. Ein „perfekter Museumsbau“ lobt Nicola Kuhn im Tagesspiegel, ein “Geschenk“ schreibt Andreas Kilb in der FAZ. Das Barberini Palais wird auch mit einem hochwertigen Museumsprogramm auffahren. Unter der Direktion von Ortrud Westheider, die bereits im Bucerius Forum in Hamburg Kuratorin war, eröffnet das Palais heute Abend mit einer Ausstellung, die schon jetzt Warteschlangen prognostiziert: Eine Impressionisten-Schau.

Eine gewisse Ironie liegt dem Projekt trotzdem inne, denn selbst der Originalbau des nun kopierten Barberini Palais war einst eine Kopie: Friedrich der Große ließ den Bau von Carl von Gontard nach dem Vorbild des Palazzo Barberini in Rom errichten. Das ganze Projekt war also immer schon ein Fake. (sj)



Fotos: Helge Mundt, Stefan Müller, © Museum Barberini
 


Kommentare

25

JKarch | 07.02.2017 12:32 Uhr

@ Akki

"Frage übrigens längst beantwortet:
Gar keins, niente, Null ! Kein Arkadien, keine "sinnentleerte Vergangenheit". Einfach nur Realität. Bereicherung von Architektur und Städtebau im Hier und Jetzt. Punkt."

Sean Spicer, sind Sie´s?

Halbsätze, in denen "einfach nur" vorkommt und die oberlehrerhaft mit "Punkt" enden, waren mir schon immer reichlich suspekt. Genauso wie Typen, die keine Fragen, sondern nur Antworten kennen. Ihr diskursverweigerndes Apodiktum zeigt mir nur, dass Sie anscheinend glauben oder gar ernsthaft hoffen, die Dinge seien ausschließlich so, wie sie sie sehen.

Mein Verstand und Erfahrung sagen mir, damit Sie haben vermutlich Unrecht.

24

Akki | 30.01.2017 18:25 Uhr

@claus

Seit mind. 15 Jahren wiederholen Reko-Gegner die gleiche Leier, "Kultur ... nur durch Innovation weiterentwickeln..." : das ist der Arch-mainstream-Mist, der in den 80er Jahren an den (dt)Fakultäten gelehrt wurde.

Ich danke Ihnen, aber mit meinem Weltbild sehe ich mich selten im Unreinen, da es nicht statisch ist und sowohl klassische, als auch moderne Gebäude hineinpassen. In soweit würde ich den Hinweis wirklich lieber für Sie stehen lassen.

Politisch-gesellschaftliche Architektur-Überinterpretationen Ihrer Coleur möchte ich aber nun wirklich nicht für mich übernehmen, das ist doch TAZ-Niveau:

Nachher kommt noch dabei heraus, dass Herr Trump nicht ins weisse Haus eingezogen wäre, wenn dieses von Behnisch gebaut worden wäre, weil dann natürlich alle Sportlehrer -einsichtig geworden- demokratischer gewählt hätten....

Nein, nein lieber claus, den Schritt zu erweitertem Verständnis müssen schon Sie selbst machen, da Sie derjenige sind, der hier Dinge ablehnt und über-/fehlinterpretiert, sozusagen "nicht zulässt in seinem Weltbild"

Lassen Sie die Klassik einfach mal hinein, vielleicht gibt es für Leute wie Sie sowas wie Architektur-Yoga ?
Können auch klassische Gebäude "innovativ" sein ?
Arbeiten Sie daran, irgendwann kommen Sie drauf ;-)

Frage übrigens längst beantwortet:
Gar keins, niente, Null ! Kein Arkadien, keine "sinnentleerte Vergangenheit". Einfach nur Realität. Bereicherung von Architektur und Städtebau im Hier und Jetzt. Punkt.

Den Sportlehrer werden Sie allerdings nicht loswerden, weder auf meine noch auf Ihre Art.


23

daniel | 30.01.2017 08:37 Uhr

Sportlehrer

@Claus:

Ich gebe Ihnen Recht das Architektur immer ein Spiegel der Gesellschaft ist. Umso trauriger ist es für welche Architektur die Demokratie steht. Vergleichen Sie alte Stadtansichten (am besten vor dem dritten Reich) mit heutigen Situationen.

Fragen Sie sich doch mal für welche Art von Sportlehrer Sie bauen? Sport wird dieser Pädagoge wohl kaum unterrichten, ich habe da eher einen vergreisten Alt-68er vor meinen Augen...

22

claus | 29.01.2017 19:16 Uhr

@akki

Sie bleiben wage und gehen nicht auf den Kern meiner Fragen ein. Einerseits stimmen Sie mir zu, dass Architektur immer im Kontext (und auch als Wunsch) gelesen und bewertet werden muss. Andererseits sagen Sie, dass dieses Haus lediglich "pragmatisch" als "ganz hervorragende Architektur" zu sehen ist. Was darf`s denn sein?

Ich zweifele (wie gesagt) weder an der überdurchschnittlichen Ausführung, noch an der städtebaulichen Qualität - beides ist bestimmt vorhanden und allgemein wünschenswert, allerdings lassen Sie die gesellschaftliche (Sie nennen es politische) Komponente vollkommen außer Sicht. Ja es mag sein, dass es noch verhältnismäßig wenige Beispiele gibt, jedoch ist eine Tendenz der letzten Jahre bereits jetzt ablesbar.

Das Weiterreichen von Traditionen ist ein Teil von Kultur, allerdings kann sich Kultur nur durch Innovation weiterentwickeln und das sollte doch den Kern unseres (architektonischen) Strebens bilden. Der kopierende Rückgriff auf Vergangenes kann schon etymologisch kein Weiterreichen sein. Man läuft gesellschaftlich Gefahr sich hier der Realitätsflucht hinzugeben, und die Geschichte nach eigenem Wunsch umzubilden. Und genau hier liegt die Gefahr, nämlich, dass wir unsere Vergangenheit in ein bekömmlicheres Licht rücken. Sie mögen das als lächerlich und "völlig verrückt" bezeichnen, ich jedoch sehe das kritisch.

Ihren persönlichen "Tipp" an mich, doch mein Weltbild zu erweitern, gebe ich an dieser Stelle sehr gern an Sie zurück.

21

Akki | 26.01.2017 14:20 Uhr

von Wünschen und Sehnsüchten

@claus
Du meine Güte !
Was geht in Ihnen vor, dass Sie sich gleich so aufregen müssen und die Mißbilligung der Aktivitäten anderer Auftraggeber("..auf ihrer Parzelle...Modelleisenbahn...") sich in Ihren sämtlichen Formulierungen zeigen muss.

Den Arkadien-Begriff haben Sie selbst hier herein gebracht. Ich habe ihn nur aufgegriffen.
Persönlich sehe ich dieses Gebäude gar keinem Arkadien zustreben, sondern pragmatischer als ein Stück ganz hervorragender Architektur. Viel mehr nicht. Dazu Respekt und Freude gegenüber den Architekten und dem Bauherrn.
Und wenn irgendjemand, egal ob rechter Sportlehrer oder sonst jemand, eine Rekonstruktion (wenn ich Sie richtig verstanden habe, noch nicht mal diese hier) für irgendeine Art von politischer Agitation missbraucht, dann ist dieser Fakt an sich zwar sicher verurteilenswert, mir persönlich aber im Hinblick auf die Architektur selbst, völlig piepenhagen.

Selbstverständlich ist Architektur nie unschuldig und hat immer einen Kontext, blabla.. meinetwegen auch einen Wunsch, wie Sie es nennen.
Aber dies gleich dermassen politisch zu sehen und zu übertreiben ist völlig verrückt.

Ich sehe hier hauptsächlich den Wunsch nach einer guten Architektur und Baukultur.
Kultur wird immer durch Tradition weitergereicht, von Generation zu Generation, bei einer Rekonstruktion eben auch über einen grösseren Zeithorizont hinweg. Daran ist zunächst nichts Böses.

Bei jeder Rekonstruktion kommen die gleichen übertriebenen Argumente und es werden Sehnsüchte nach düsterer undemokratischer Vergangenheit hineininterpretiert, das Ende des Spätkapitalismus zum xten Male vorhergesagt, die armen jungen Architekten bedauert, die so innovative und wohlgesonnene"avantgardistische" Entwürfe statt dessen hätten realisieren können, usw.

Bleiben Sie doch mal auf dem Teppich und vor allem, haben Sie doch nicht solch eine übertriebene Angst:
Noch maschieren keine braunen Horden vor dem Gebäude auf und Sie selbst dürfen auch weiter moderne Gebäude entwerfen, bauen und bewundern.

Über wieviele Rekonstruktionen und historisierende Gebäude im Vergleich zum modernen Architekten-Mainstream reden wir denn hier.
Auch wenn Sie das gesamte "Stimmann-Berlin", das Stadtschloß, den historisierenden Versuch am Frankfurter Römerberg usw., selbst die "privaten Parzellen mit Modelleisenbahnen" mit einbeziehen, werden Sie immer noch auf einen verschwindend geringen Anteil der Bautätigkeit kommen.
Moderne, in Ihrem Sinne "zeitgemässe" Gebäude bestimmen dagegen unsere gesamte Realität, insbesondere an exponierten Stellen, siehe Elbphil. usw.

Man muss also nicht gleich ein düsteres Bild vom Rücksturz in braune Zeiten malen und den Tod der sogenannten "Kreativität" besingen.

Wenn Sie Rekonstruktionen verunglimpfen oder gar verbieten würden, könn(t)en Sie damit nicht die AfD oder Ihren Sportlehrer aus der Welt schaffen.

Mein Tip für Sie persönlich:
Locker bleiben und Weltbild erweitern...
Und: nicht schimpfen, sondern bauen.

20

solong | 25.01.2017 13:40 Uhr

... sie missverstehen mich ...

... schinkel und lenne waren ... "echte planer" ... keine "rollenträger" oder "renderkids" und haben für ihre zeit einige beeindruckende werke geschaffen ... denen auch ich ... hohe wertschätzung und großen respekt zolle ... diesen "profis" ... das folgende anzudichten : "... arkadische Sehnsucht ... Die angesprochenen Schinkelschen Bauten (und Lennéschen Gärten) sind in ihrer Ausdruck Sehnsucht nach Freiheit, dem Dasein als Hirtenprinz Paris und der Flucht vor Verantwortung und Realität" ... kann mit verlaub nur als ..."völliger bullshit" bezeichnet werden ... diese kollegen waren keine ... "träumer mit arkadischer sehnsucht" ... so was wird man nur ... wenn man keine kraft hat selbst zu gestalten ... und die hatten sie ... auf ihre art ... als visionäre realisten in einem straff organisierten preussen ... und sie haben natürlich mit den damals vorherrschenden klassizismus und historimus interagiert ... auch damals hat man als planer ... schon ein stueck mit dem mainstream "gehen müssen" ... um seine visionen dazu zu verwirklichen. ... der historisierende wiederaufbau ... ist natürlich unfug ... die "geldelite und ihre extrem wenig visionären berater" ... "hoffen damit ein bisschen" auf den ... erhalt der "guten alten zeit" wo die kapitalmärkte über allem standen ... nun wo diese international am ende sind ... außer ein bischen highspeedhandel im < 1 % bereich ... geht hier ja nichts mehr ... ist man ratlos und furchtsam ... und verschanzt sich hinter historisierenden mauern ... es wird nichts helfen .....

19

claus | 24.01.2017 22:17 Uhr

Akki und Arkadien

Geheerte(r) Akki,

Sie scheinen die kritischen Kommentatoren und ihr Tagwerk ja ausgesprochen gut zu kennen. Glückwunsch an Ihre ferninterpretatorischen Fähigkeiten, wirklich beeindruckend oder haben Sie uns wieder heimlich in Ihrer akanthusumrankten Kristallkugel beobachtet? Aber lassen wir das, lieber zur Sache:

Sie missverstehen mich in einem zentralen Punkt.

Ich verurteile nicht die arkadische Sehnsucht an sich, nicht den akademischen Begriff, nicht das Träumen. Die angesprochenen Schinkelschen Bauten (und Lennéschen Gärten) sind in ihrer Ausdruck Sehnsucht nach Freiheit, dem Dasein als Hirtenprinz Paris und der Flucht vor Verantwortung und Realität.

Meine Frage war (und ist) aber eine Andere:

Welchem Arkadien strebt dieser (!) Bau entgegen?

Ich glaube Ihnen, dass Ihre Bauherren keine Nazis sind. Ich glaube auch nicht, dass Herr Plattner rechtes Gedankengut pflegt. Das habe ich nirgends behauptet. Aber, wenn meine Taten von rechten Sportlehrern als richtiger Schritt bejubelt werden, sollte ich mir doch die Frage stellen warum das so ist. Was private Bauherren auf ihren Parzellen so treiben bleibt ihnen überlassen. Jeder kann sich seine eigene Modelleisenbahn bauen wie er will. Aber das ist hier nicht der Fall. Ein reicher "Gönner" hat hier den DeLorean angeschmissen und zieht uns alle mit ins heimelige Preußenland. Mich interessiert hier die Frage nach dem Warum.

Was glauben Sie, warum wünschen Sich Ihre Bauherren klassizistische Häuser?

Was finden Sie an der Rekonstruktion so überaus gelungen?

Und wie funktioniert die Demaskierung der WDVS-Fassaden anhand dieses Gebäudes?

18

Kölner | 24.01.2017 17:32 Uhr

---

@claus
Ich will nicht Barberini gegen qualitativ hochwertige Sozialwohnungen aufwiegen. Das Barberini ist mir an der Stelle recht, die Sozialwohnungen können meinetwegen im Anschluss weiter nördlich errichtet werden. Meine Frage an Criftler hatte eher den Hintergrund, warum man sich über einige wenige Rekonstruktionen so königlich aufregen kann, aber dann 99% dessen, was sonst so gebaut wird, unkritisch lässt oder gutheißt...

17

Akki | 24.01.2017 13:23 Uhr

Fake

Wie immer wird hier gleich die braune Keule geschwungen, wenn historisierende Bauformen und Details realisiert werden.
Das bezeugt -ebenfalls wie immer- die Engstirnigkeit und Scheuklappensichtweise insbesondere der deutschen Architektenschaft und der Baunetztexte.

Schön, wenn der Schimpfende sich dann wieder an seinen Arbeitsplatz setzt und an "modernen" Gebäuden weiterarbeitet, die dann beispielsweise nicht selten als "Neuinterpretation der Moderne" oder sogar noch direkter als "am Bauhaus orientiert" bezeichnet werden.
Elemente und "Stilmittel" des Bauhauses -um bei diesem Beispiel zu bleiben- darf ich hemmungslos verwenden, werde dann im Baunetz eher Lob als Kritik über solche Architektur lesen.
Was ist "Bauhaus-Neuinterpretation" anderes als ein Rückgriff in die Geschichte, die Klamottenkiste ?
Schliesslich wird die Villa Savoye bald 100 !

Ich baue gerne klassische und klassizistische Häuser, die Bauherren, Nutzer und (meisten) Betrachter wissen es zu schätzen. Der eine oder andere Architektenkollege allerdings meint, ich müsse dann auch Plumpsklos einbauen und auf moderne Elektrotechnik verzichten. Hier nun werden Architekten ,Bauherrn und andere Beteiligte als Geschichtsklitterer und Vergangenheitsleugner beschimpft.

Mir ist klar, dass es sich hier nicht um eine "Interpretation" historisierender Architektur, sondern um eine Rekonstruktion handelt:
Ich finde es wunderbar, dass dieser angebliche "Fake-Bau" die modernen Papp- und Wärmedämmverbundhütten als das was sie sind entlarvt, nämlich der eigentliche Fake unserer Zeit.

Die Sehnsucht nach Arkadien kann ich ebenfalls nicht verurteilen und keinen Fehler darin sehen, auch keine Weltfremdheit oder "Vergangenheitsschwäche".
Meine Bauherrn sind keine Nazis und gehören meines Wissens auch keinen populistischen Parteien an.
Wer so einseitig argumentiert, kann auch gleich Schinkels Bauten in Glienicke als Fake beschimpfen und abreissen lassen. Es war damals schon Produkt einer anscheinend völlig unangemessenen Arkadien- und Italiensehnsucht.

Bitte liebe Architektenkollegen, schimpft unbedingt weiter und beschäftigt Euch in Eurer Arbeitszeit weiterhin mit Dampfsperrenwärmedämmdampfdiffusionswiderstandsbeiwertenkram hinter Silikonharzputzen, andere machen in der Zeit Architektur.

Und ein Hauch Arkadien fällt auch dabei ab...

16

claus | 23.01.2017 23:34 Uhr

Regenbögen und Obstkörbe

@Jakob,
ich bin mir sehr sicher, dass das Barberini in Detaillierung, Ausführung und Materialität von einer Qualität ist, von der die meisten Stadtbibliotheken und viele private Museen nur fiebernd träumen können. Auch an der städtebaulichen Qualität in Konzept und Kubatur zweifle ich nicht, das scheint alles wunderbar zu passen. Ich interessiere mich auch nicht für Stile, mir geht es um eine Haltung die im Bauen ihren Ausdruck findet. Hegel definierte Schönheit als den sinnlichen Ausdruck einer (der) Idee. Die Idee stand im Zentrum, nicht die Oberfläche, nicht der Schein. Und was mir im Prozess der Rekonstruktion hier scheint, das lässt mich schaudern und zwar nicht nur in schwarz/weiß, sondern auch in Feldgrau und Braun und in all den anderen Farben des altdeutschen Regenbogens. Vielleicht bin ich da etwas zu sensibel, vielleicht. Vielleicht habe ich aber auch Recht.

@Kölner,
Ihr Hinweis auf die 08/15-Wohnschachteln ist vollkommen richtig, aber wie wäre es denn wenn Plattner und Freunde z.B. Sozialwohnungen auf diesem Material- und Detailierungsniveau bauen würden und nicht ihr preußisches Traumland? Ich bin zwar gegen Apfel-und-Birnenvergleiche, aber diesen Obstkorb haben Sie hier hereingetragen. Das wirklich betrübliche an dem umfänglichen Kollaps der Baukultur in diesem Lande ist, dass das unsere Lobbys (Kammern, BDA, Werkbund usw.) erst vor kurzem aus ihrem Dornröschenschlaf aufgewacht sind und wieder angefangen haben sich zu engagieren. Mal schauen was passiert.

@Criftler
Was es in der Sache bringt Recht zu haben weiß ich auch nicht. Ich glaube aber, dass es hilft Probleme zu benennen, auch wenn es nur in unserer kleinen Baunetzblase ist.

15

a_C | 23.01.2017 17:36 Uhr

Zum Thema "Rekonstruktion"

Für mich gilt zu diesem Thema nach wie vor, das was ich vor ein paar Monaten zum Wiederaufbau der Bauakademie in Berlin gesagt habe:

"Es ist etwas gänzlich anderes, ein Gebäude oder einen Stadtteil nach seiner Zerstörung (bspw. im 2. Weltkrieg) nach altem Vorbild wiederaufzubauen oder aber nach Jahrzehnten - mangels neuer Ideen und / oder aufgrund nostalgischer Gefühle - eine alten Gestaltungsansatz aus der Tiefkühltruhe zu holen und wieder aufzuwärmen."

Die vorliegende Rekonstruktion des Barberini Palais ist - von einigen gestalterischen Mängeln trotz des handwerklichen Niveaus einmal abgesehen - eine rückwärtsgewandte Idealisierung der Vergangenheit, die auch Sinnbild unserer heutigen Zeit ist. Es würde helfen, wenn sich die Befürworter dieser Herangehensweise wenigstens dazu bekennen und gleichzeitig erkennen, dass sie weder der Gesellschaft an sich noch den nachwachsenden Generationen im speziellen einen Gefallen mit dieser Realitätsflucht erweisen, so gerne wir das alle selber manchmal tun würden.

Dieser Palais ist die gebaute und, angesichts des betriebenen Aufwands, schreiende Verkörperung einer pessimistischen Weltanschauung und gleichzeitig eine Ohrfeige für alle jungen Menschen, deren Zukunft in solch uninspirierenden Kulissen stattfinden soll.

14

Criftler | 23.01.2017 16:05 Uhr

Kölner

Meine Polemik war eigentlich nur die Antwort auf Phrasen wie:

"Fakefassaden...

...werden hier jeden Tag gezeigt."

"zeigt den heutigen Architekten ihre Unfähigkeit und ideologisierte Verbohrtheit schonunglos auf."

"Wenn keine Architektur mehr gemacht wird muss eben rekonstruiert werden, die Architektenschaft ist selbst Schuld."

Ich möchte keinem die Freude an solcher Architektur verderben. Aber wenn man so liest was da oben steht, denkt man zwangsläufigen an die, die Montags spazieren gehen und Volksfahrräder und Lügenpresse rufen.

13

Kölner | 23.01.2017 14:26 Uhr

---

@Criftler

Ihre Art von hysterischer Polemik, mit der Sie jeden, der Gefallen an historischen bzw. rekonstruierten Bauwerken findet, in die rechte Ecke stellen, dient nicht dem Dialog, sondern ist schlicht plump und zeugt nur von eigener argumentativer Schwäche.

Was ich nicht verstehen will, ist, warum Sie mit mehr Verve gegen diese Rekonstruktionen angehen als gegen die 08/15-Wohnschachteln, die landauf landab überall zur Zeit entstehen und jeglicher architektonischer Gestaltung entbehren. Entspricht das etwa mehr Ihren Vorstellungen von Modernität und zeitgemäßer Architektur?

12

Andrea Palladio | 23.01.2017 13:53 Uhr

@Jakob

Danke für diesen Kommentar.

Schon seltsam, wie hier die widerwärtigen Aussagen eines Politikers genutzt werden, um diese Art von Architektur zu verunglimpfen.

Aber leider wallen hierzulande, sobald eine Säule errichtet wird, immer die Emotionen hoch. Da hat sich seit Herrn Behnischs Angriffen auf die Stuttgarter Staatsgalerie wenig geändert.

11

Criftler | 23.01.2017 13:14 Uhr

Die Architektenschaft

Ja, die da oben, die Architekten die! Die machen keine Architektur mehr! Früher ja, früher da war alles besser! Nur noch kalte Betonbunker! Und dann auch noch progressiv! Fortschrittlich!? Was soll das!? Vorwärts nimmer, rückwärts immer. Wäre ja auch noch schöner, lieber 1000 Jahre deutsche Geschichte als einen Betonbunker!

...

...

Wobei Betonbunker sind ja auch ein eindrücklicher Teil deutscher Geschichte!

Man sieht an 2 und 6 ganz gut, dass die "progressiveren" Gesellschaftsströmungen in Politik und Kunst und Architektur einfach versagt haben, ein klareres Bild der Fortschritts und der Bedeutung eben jenes für die Gesellschaft aufzuzeigen. Am Ende bleibt dann nur das Geblöcke derer, die von der Presse belogen, von den Politikern vergessen und von den Architekten verbaut wurden - angeblich.

No.7 hat recht. Aber was bringt es? Am Ende stehen Lise Müller und Günther Jauch auf der Straße und schreien: Wir sind das Bauvolk! Und alle Träumen sich von Recht und Ordnung und einem 1.000 jährigen Jägerzaun vorm Giebelhaus und dann dauert es nicht mehr lang und dann sind auch Betonbunker wieder en vouge.

10

kaptain kirk | 23.01.2017 12:56 Uhr

reconquista

Ja, es scheint so als ob die Rekonstruktionswelle der letzten Jahre die rechtsnationale Reconquista vorweggenommen hat. Wieder mal ist die Architektur Vorreiter und Abbild gesellschaftlicher Entwicklungen. In diesem Fall spielen die Architekten allerdings kaum eine Rolle.

Treibende Kraft sind vielmehr paradoxerweise die vielgescholtenen Eliten, die in ihrer sinnentleerten Ästhetisierung einer verklärten Vergangenheit den Autoritären von heute den Weg bereiten.

9

Jakob | 23.01.2017 12:38 Uhr

freut sich über das Barberini

Also Claus, ich finde Ihren Kommentar ja etwas sehr schwarz-weiß-malerisch.

..Ein Kunstmuseum dieser Qualität ist ganz sicher ein Beitrag zu einer offenen Gesellschaft, egal wie es aussieht..!

..Ich persönlich zum Beispiel wähle links, bin schwul und bin trotzdem ein Freund dieses Baus und seiner städtebaulichen Qualitäten..!

..und zu guter letzt: von einem Schwachmaten wie B. H. sollte man sich doch nicht zu einem Stil zwingen lassen! Sei es im guten wie im schlechten!

8

a_C | 23.01.2017 10:06 Uhr

Sehr guter Kommentar...

Dank an #7 für diese sehr brauchbare Klarstellung, die sich #2 und #6 noch mal zu Gemüte führen sollten.

7

claus | 22.01.2017 20:07 Uhr

Fake greift zu kurz...

SP_RND hat mit seinem Hinweis bezüglich der Verheimlichung vergangener Zeiten vollkommen recht. Außerdem finde ich, dass die Bezeichnung des Fakes hier viel zu kurz greift. Das ursprüngliche Haus war eine manifestierte Projektion von Friedrichs Fernweh, dem Wunsch nach dem nie erreichten Arkadien. Aber welchem Arkadien strebt dieser Bau entgegen?

Dem einer offenen Gesellschaft? Ich habe da eine andere Idee: ein beurlaubter Sport- und Geschichtslehrer namens Björn H. hielt letzten Dienstag in Dresden eine Rede, in der er sich (abseits von anders Dingen) das Widerauferstehen unserer "großen Geschichte" wünschte. Er forderte eine Wende um 180° in unserer Geschichtsbetrachtung. Sich seiner eigenen Verbrechen, der eigenen Verantwortung bewusst zu sein, wurde als "dämlich" abgetan. Als DÄMLICH. Stattdessen begrüßte er die Rekonstruktionen von Frauenkirche und Berliner Stadtschloss, und ja, auch von Potsdam. Er will "diesen neuentstanden Fassaden einen neuen, würdigen Geist einzuhauchen". Ist das unser Arkadien?

Es mag sein, dass sich die Potsdamer Mäzene um Plattner und Jauch nicht über die gesellschaftlichen Auswirkungen geschichtsrevisionistischer Rekonstruktionen im Klaren sind. Vielleicht liegt ihr Blick einzig auf der unbestrittenen Schönheit der alten Potsdamer Schlösser und Palais. Ich kann das verstehen, aber Kunst und Bauen sind nicht neutral, sie sind nicht einfach unschuldig, sie haben immer einen Kontext und bilden immer einen Wunsch ab. Besonders solche Bauten.

6

RJauch | 21.01.2017 09:36 Uhr

Fakefassaden...

...werden hier jeden Tag gezeigt. Eine echte Fassade wie jene des Museums, die durch Proportion und Schönheit besticht zeigt den heutigen Architekten ihre Unfähigkeit und ideologisierte Verbohrtheit schonunglos auf. Kein Wunder das hier solche Reaktionen kommen.

Wenn keine Architektur mehr gemacht wird muss eben rekonstruiert werden, die Architektenschaft ist selbst Schuld.

5

Hansi | 20.01.2017 19:49 Uhr

Glückwunsch!

Schön ist´s geworden! und gute Handarbeit obendrein.

4

jalm | 20.01.2017 17:55 Uhr

Hasso Plattners Potsdam

Dass sich jemand aus der Software-Szene mit "copy and paste, drag and drop" bestens wohl fühlt, ist nachvollziehbar.

Wiederaufbau nach über 70 Jahren ist Populismus, ein "Fake" an unserer Geschichte.

3

SP_RND | 20.01.2017 17:53 Uhr

Haare spalten oder besser gleich ausreißen

Ich wette, Otto Normalverbraucher wird in ein paar Jahren sicher davon ausgehen, daß das Teil ein Altbau ist. Beim Äußeren wird hier auf jeden Fall die Zeit verheimlicht. Aber vielleicht ist es in Zeiten von Fakenews nur konsequent auch Fakefassaden zu produzieren?!
Frage mich nur, warum dass Gebäude ehrliche Kunst beherbergt?

2

Kölner | 20.01.2017 15:46 Uhr

---

Wenn man es denn mal als Fake bezeichnen kann, ist es wenigstens einer der den Leuten gefällt und nicht ein weiterer kühler progressiver Betonbunker.

1

JH_LND | 20.01.2017 15:46 Uhr

Fake? Vorsicht.

"Kopie" und "Fake" sind nicht dasselbe. "Fake" bedeutet Fälschung – also die Behauptung von Authentizität wider besseren Wissens. Aber das ist hier ja keineswegs der Fall. Der Palazzo macht ja kein Geheimnis daraus, dass er ein verlorenes Gebäude wieder auferstehen lässt, und auch beim Ursprungsbau wurde ja von niemandem geleugnet, dass er sich an einem anderen Entwurf orientierte.

Das klingt vielleicht nach Haarspalterei, aber ich denke, mit dem negativ konnotierten Begriff "Fake" sollte man vorsichtiger umgehen. Außer natürlich, man möchte der Rekonstruktion implizit ihre Legitimität absprechen.

 
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