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01.04.2020

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46 Quadratmeter, ein Arzt und ein Hund

Apartmentumbau in Madrid von Husos Arquitectos


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Die in Madrid weit verbreitete Typologie der Corrala – ein Wohnblock, bei dem die einzelnen Apartments durch gemeinsame genutzte, offenliegende Zugangskorridore verbunden sind – erlaubt den Bewohner*innen einen regen Austausch über die um den Innenhof angelegten Balkone. Ein Schwatz beim Wäscheaufhängen, ein Plausch beim Blumengießen, das Haus ermöglicht durch seine Gestaltung im besten Falle gute nachbarschaftliche Beziehungen.

In einer solchen, in den 1960er Jahren entworfenen Corrala im Stadtteil Acacias haben Husos Arqitectos aus Madrid eine nur 46 Quadratmeter große Wohnung zu einer Wohnlandschaft umgebaut. Optimal abgestimmt auf die Bedürfnisse der beiden Bewohner: Jaime, ein junger Arzt, und sein Hund Albóndiga – was übersetzt soviel wie Fleischklops bedeutet. Der ursprüngliche Wohnungsgrundriss war durch die Aufteilung in drei kleine Räume zerstückelt und machte ein Querlüften und somit wirkungsvolle Abkühlung unmöglich. Da die Wohnung an der sonnigen Westseite des Wohnblocks liegt, wurde es drinnen in den ohnehin heißen Monaten Juli und August schier unerträglich warm.

Für die Neugestaltung haben sich die Architekt*innen von den Lebensumständen Jaimes leiten lassen: Ein großes Wohnzimmer war ihm wichtiger als ein geräumiges Schlafzimmer. Sämtliche Zwischenwände wurden entfernt und so ein großer, von einer zur anderen Fassadenseite durchgehender Wohnbereich geschaffen. In einem anderthalb Meter breiten Abschnitt, der sich die komplette Wohnungsbreite entlang zieht, sind das Schlafzimmer, Stauraum sowie zum Fenster hin eine Liegefläche angeordnet, die als Gäste- oder Tagesbett dienen kann.

Als Arzt auf der Unfallstation des städtischen Krankenhauses muss Jaime immer wieder Nachtschichten einlegen, ein Platz für seine Siesta war ihm daher wichtig. Besonderer Clou: Über eine im 45-Grad-Winkel angebrachte Spiegelfläche kann Jaime vom Tagesbett aus den Innenhof beobachten, selbst wenn er mit dem Rücken zum Fenster sitzt. Die Liegekapsel lässt sich mit einer Schiebetür verschließen, sodass ein privater Raum entsteht. Wenn diese geschlossen ist, können darauf Filme projiziert werden.

Auf dem Balkon zum Innenhof wurde ein vertikaler Gemüsegarten angelegt. Durch einen transparenten und einen lichtundurchlässigen Vorhang ist hier die Sonneneinstrahlung steuerbar. Im Winter führt der aus Kunststoff bestehende Vorhang zu einem Treibhauseffekt, der sowohl Pflanzen als auch Wohnung aufwärmt. Die Pflanzen werden über ein Bewässerungssystem, das teilweise das Grauwasser aus der Dusche nutzt und entsprechende Filter, mit Wasser versorgt. Damit reagieren Husos Arquitectos auf die Wasserknappheit, die in Madrid in den Sommermonaten herrscht. Durch einen Speichertank kann die Wohnung zudem derart gekühlt werden, dass man die in Spanien übliche Klimaanlage nicht braucht.

Für die Architekt*innen ist der Umbau Teil einer ganzen Reihe von sozio-bioklimatischen Projekten, die sie in verschiedenen Wohnanlagen durchgeführt haben. Darin beschäftigen sie sich mit der Frage, wie durch Architektur nicht nur eine positive Umweltbilanz, sondern auch ein gutes soziales Klima erzeugt werden kann. Jaime zum Beispiel verteilt den Überschuss an selbst angepflanzten Kräutern und Gemüse regelmäßig an die Nachbar*innen in der Corrala. (tl)

Fotos: José Hevia



Kommentare

13

Fabian Wieser | 06.04.2020 13:38 Uhr

@Albert Freistadt

- Schlechter Journalismus.
- Ein einfacher Fehler.
- Verkürzung aus mir nicht ersichtlichen Gründen.
- Homophobie.
- Reaktion auf Homophobie anderer.
- Reaktion auf vermutete Homophobie anderer.
- Unverständnis der Zusammenhänge.

kurz: ich weiß es nicht. Deshalb unterschreibe ich es nicht blind.

12

Albert Freistadt | 03.04.2020 23:16 Uhr

Lieber Herr Wieser

und wenn es nicht homophobie ist, was ist es dann?

11

Fabian Wieser | 03.04.2020 16:23 Uhr

come out!

Wer bei einem Mikroappartment nicht hinterfragt warum zwei fast gleichwertige Betten Raum einnehmen dürfen ist kein besonders neugieriger Architekt - oder ahnt schon, dass die Antwort im Zusammenhang mit Homosexualität steht.

Beides will ich nicht sein daher: Danke Albert, auch wenn ich den homophobie Vorwurf nicht blind unterschreiben würde.

10

Albert Freistadt | 02.04.2020 22:02 Uhr

Danke.

Jan.

9

Jan | 02.04.2020 17:54 Uhr

@7

Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu.

8

Jan | 02.04.2020 13:27 Uhr

zwischen den Stühlen

Irgendwie bin ich unentschlossen;
einerseits verstehe ich Herrn Freistadt gut andererseits ist das Argument von Herrn Laugier auch sinnhaft. Will man nun Normalität und Gleichberechtigung oder erstmal eine Beachtung und Aufmerksamkeit.

Jedenfalls finde ich die Ausführungen von Herrn Freistadt sehr interessant und ehellend.
Sollte ich wieder in Madrid weilen und nur im Wohnbereich empfangen werden, werde ich das nicht als Unhöflichkeit auffassen.

Danke dafür!

7

Albert Freistadt | 02.04.2020 12:13 Uhr

@ Marc Laugier

Als Architekten*innen und Innenarchitekt*innen gestalten wir die Räume, in denen Menschen miteinander agieren. Wer wen - und vor allem - wo vögelt, sollte uns also schon Interessieren.

6

schlawuki | 02.04.2020 11:48 Uhr

charmant

das projekt finde ich charmant und liebenswert.
die diskussionen hier, speziell zur sexuellen orientierung der bewohner und dem vertikalen garten finde ich peinlich, kleingeistig und abstossend.

5

kubus | 02.04.2020 09:47 Uhr

individualität

ein wunderschönes beispiel für einen gelungenen umbau. die wohnung ist auf den ort, den mensch, den individuellen geschmack treffend maßgeschneidert.

grundsätzlich interessiert mich die sexuelle orientierung eines menschen zur bewertung von architektur nicht. bei diesem beispiel muss mann/frau jedoch innerlich schon sehr taub sein, um es nicht selbst zu bemerken. meiner meinung nach ein weiterer hinweis darauf, dass architekt*innen und auftraggeber für die übertragene aufgabe eine sehr gute lösung gefunden haben.

@1 danke für die informationen, ich lerne immer gerne dazu. ich würde im zweifelsfall jedoch nicht gleich davon ausgehen, dass es ein bewusstes "vorenthalten von informationen" aufgrund homophobie innerhalb der redaktion gibt. allenfalls eine unsicherheit im umgang mit im allgemeinen privaten informationen und deren veröffentlichung im baunetz. in diesem falle hätte ich anders entschieden, aber im nachhinein weiß man es immer besser.

4

Marc Laugier | 02.04.2020 09:22 Uhr

Schwuler Lebensstil

@ Albert Freistadt

Wirkliche Gleichberechtigung zeigt sich in der Selbstverständlichkeit der Gleichbehandlung aller Beteiligten in allen gesellschaftlichen Belangen. Wer wen wo vögelt spielt im Baunetz auch sonstwo keine Rolle. Warum das Weglassen dieser Details auch in diesem Fall ein Zeichen der Homophobie der deutschen Architektenschaft sein soll, erschliesst sich mir daher nicht.

3

auch ein | 02.04.2020 09:03 Uhr

architekt

@baunetz:

Der Text ist wieder mal Weltklasse:

"Die in Madrid weit verbreitete Typologie der Corrala - ein Wohnblock, bei dem die einzelnen Apartments durch gemeinsame genutzte, offenliegende Zugangskorridore verbunden sind - erlaubt den Bewohner*innen einen regen Austausch über die um den Innenhof angelegten Balkone"

Also ne Laubengangerschliessung, mit dem auch gerne sozialer Terror einhergeht...

Und: VERTIKALER GARTEN ist auch gut bei paar aufgehängten Töpfen und Säcken.

Und der soziale Aspekt: Würde mich interessieren wieviele selbergezogene Gemüsemengen da übrig sind ;-)

Nichts für Ungut, aber scheinbar leiden alle etwas unter dem Lagerkoller.

Der arme Jaime muss jetzt wenigstens nicht zum frische Sachen kaufen raus.

2

Wayne | 01.04.2020 17:22 Uhr

das interessiert....

...aber danke für den wertvollen Beitrag über das Liebesleben in Madrid.

1

Albert Freistadt | 01.04.2020 16:17 Uhr

Gender-Sternchen sind OK! Homosexuelle nicht?

Liebe Baunetz-Redaktion,

Sie haben Recht: "Für die Neugestaltung haben sich die Architekt*innen von den Lebensumständen Jaimes leiten lassen." Was allerdings danach in Ihrem Beitrag folgt, verschweigt den wohl zentralsten Punkt von Jaimes Lebensumständen und den entsprechenden Eingriffen der "Architekt*innen".

Richtig wäre wohl: "Alles ist auf die Bedürfnisse von Jaime zugeschnitten. Hinter einer leichten Trennwand verbergen sich Bett, Garderobe und eine rosa Liegelandschaft. Letztere hat eine explizite Funktion in Jaimes Liebesleben: Denn innerhalb der schwulen Subkultur der Stadt gehört es zum guten Ton, gelegentliche Bekanntschaften ausschließlich im Wohnzimmer zu empfangen. Das Schlafzimmer bleibt hingegen langfristigen Beziehungen vorbehalten!"

So beschreiben die Architekten selbst das Apartment und so zeigen es auch die Fotos! Ich frage mich nun, warum Sie diese Information Ihren Lesern vorenthalten? Hat man beim Baunetz Angst, mit den Begriffen "schwul" und "homosexuell" Leser zu vergraulen? Ist die deutsche Architektenschaft wirklich so homophob?

 
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Ein großes anstelle mehrerer kleiner Zimmer war der Leitgedanke des Umbaus.

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Der Holzeinbau strukturiert den Raum und schafft so Platz für ein Tagesbett ....

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... und ein kleines, vom restlichen Raum trennbares Schlafzimmer.

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Auf dem Balkon wurde ein vertikaler Gemüsegarten eingerichtet.

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