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17.03.2021

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Wertschätzen, was da ist

Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal erhalten Pritzker-Preis 2021


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Die Entscheidung des Pritzker-Preiskomitees könnte kaum besser in die aktuelle Debatte passen. Umbauen und Sanieren statt neu bauen – was derzeit immer lauter von Architekt*innen und Planer*innen auch hierzulande gefordert wird, ist für Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal seit langem die Grundlage ihres architektonischen Handelns. „Wer ein Gebäude abreißt, um es an gleicher Stelle in zeitgemäßem Look wieder aufzubauen, hat prinzipiell gar nichts gewonnen“, sagte Anne Lacaton 2013 im BauNetz-Interview. Für ihr Engagement erhalten die beiden französischen Architekten, die ihr Büro 1987 in Paris gegründet haben, den Pritzker-Preis 2021.

Wie kaum ein anderes Büro haben sie bewiesen, dass der serielle Wohnungsbau der Nachkriegszeit sehr wohl erhaltenswert ist, dass Bewohner*innen in den Umbauprozess einbezogen werden können und dass gerade auch Sozialwohnungen jene planerische Aufmerksamkeit verdienen, die vielerorts eher dem Luxussegment zugute kommt. Dafür wurden sie mit vielen Preisen bedacht. Unter anderem erhielten sie 2019 gemeinsam mit Frédéric Druot Architecture und Christophe Hutin Architecture für die Transformation von 530 Sozialwohnungen in der Anlage Grand Parc in Bordeaux den europäischen Mies van der Rohe Award und im vergangenen Oktober den Großen BDA-Preis.

Immer wieder waren Lacaton & Vassal als heiße Kandidaten für den Pritzker-Preis gehandelt worden, doch in den vergangenen Jahren ging dieser an Yvonne Farrell und Shelley McNamara (2020), Arata Isozaki (2019) sowie Balkrishna Doshi (2018). Jetzt ist es endlich so weit. „In diesem Jahr haben wir mehr denn je das Gefühl, Teil der gesamten Menschheit zu sein. Sei es aus gesundheitlichen, politischen oder sozialen Gründen“, sagte der Juryvorsitzende Alejandro Aravena. Lacaton & Vassal seien radikal in ihrer Zartheit und mutig durch ihre Subtilität, die einen respektvollen und dennoch unkomplizierten Umgang mit der gebauten Umwelt in Einklang bringe, so Aravena. In ihrer Überzeugung, dass Architektur mehr als nur Gebäude sei, zeigt das Duo, dass die beste Architektur bescheiden sein kann, nachdenklich, respektvoll und verantwortungsbewusst, so die Juryerklärung weiter. 

Zu den Projekten des Büros gehören unter anderem das Cap Ferret House in Frankreich aus dem Jahr 1998, 14 Sozialwohnungen für die Cité Manifeste in Mulhouse 2005, 53 Wohnungen im französischen Saint-Nazaire 2011, die Erweiterung des Palais de Tokyo in Paris 2012, Studenten- und Sozialwohnungen Ourcq-Jaurès in Paris 2013 oder 59 Sozialwohnungen in Mulhouse (2014–15). Als sie 1996 den Auftrag erhielten, den Place Léon Aucoc in Bordeaux zu erneuern, ließen sie lediglich den Kiesbelag austauschen, die Bäume behandeln und den Verkehr modifizieren. Inzwischen haben sie über 30 Projekte in ganz Europa und Westafrika umgesetzt. Jedesmal beginnen sie mit intensivem Beobachten und der Wertschätzung dessen, was bereits existiert. Das ist nicht nur der Ansatz der aktuell immer stärker werdenden Degrowth-Bewegung – das ist eine Handlungsanweisung für die Zukunft. Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal, die 49. und 50. Pritzker-Preisträger, zeigen eindrucksvoll, wie es gehen kann. (fm)


Kommentare

15

Maria Krömer | 18.03.2021 14:09 Uhr

Danke Schrotti...

...für deinen Kommentar zum Doktorchen.

Eigentlich lese ich die Kommentare nur wegen der hiesigen Promis wie "Dr. Yykes", "auch ein Architekt",...

Kommt Kollegen....raus ans Licht...Ich würde ein Buch von Euch kaufen. Bei euren Ansprüchen, die Ihr an andere stellt, erwarte ich allerdings handgeschöpftes Papyrus bedruckt mit Tinte aus Läuseblut.

14

Alter Hase | 18.03.2021 10:15 Uhr

eine kleine Anekdote!

Mit Freude erinnere ich mich an den elektrisierenden Moment, als ich das Ferienhaus in Cap Ferret zufällig Ende der 90er im Urlaub entdeckt hatte. Ich war damals noch ein junger Student, und war fasziniert von dem behutsamen Umgang des Neubaus mit dem vorhandenen Pinienwäldchen. Ein Haus auf Stützen, das um "jeden" vorhanden Baum behutsam herumgebaut wurde. Der Baum als maßgebender Standortfaktor, und nicht als finales Artefakt. Toll!
Diese völlige Andersartigkeit hatte mich dazu verleitet, das Haus unbedingt von näherem ansehen zu müssen. Mit Herzklopfen hatte ich mich auf das scheinbar menschenleere Grundstück geschlichen und bin die aussenseitige Wendeltreppe hoch bis zur Loggia, um mir auch das innere dieses "Blechkastens" anzuschauen. Ich dachte nur, "verrückt, was mach ich da! Architekturspanner! Wie peinlich!
Es ist zum Glück gut gegangen, ich hatte niemanden in seiner Privatheit belästigt!
Dieser Ausflug hatte mir aber nochmals verdeutlicht, dass ich das richtige studiere, und mich gute "neue" Architektur faszinieren kann.
Seit diesem Moment verfolge ich mit Interesse das Wirken dieses kongenialen Duos.

Gratulation zum Pritzker- Preis!

13

remko | 17.03.2021 17:57 Uhr

...

Das war absolut überfällig. Intellektuell Lichtjahre entfernt von dem, was sich in D so Architekt nennen darf.

12

Schrotti | 17.03.2021 17:54 Uhr

Dr. Yikes, ick hör dir trapsen...

Ach Doktorchen, man bekommt Beitrag für Beitrag ein genaueres Bild von dir.
Wie können wir deinem Streben nach Anerkennung gerecht werden?

11

Superarchitekt | 17.03.2021 15:55 Uhr

Sehr gute Wahl

Keine Überraschung, irgendwann musste es soweit sein.
Verdiente, vor allem angemessene Preisträger.

10

Dr. Yikes | 17.03.2021 13:33 Uhr

Yay

Toll, fantastisch! - gez. Durchschnittsarchitekt der im wilhelminischen Altbau squatted und nie eine Nacht in dieser sprichwörtlichen Schrottarchitektur verbracht hat.

9

Stefan Frischauf | 17.03.2021 12:29 Uhr

Superbeau

Sehr gut. Nur wer sich ändert, bleibt sich treu. Die beiden haben wahrlich viel verändert und sind ihrer pragmatischen Thematik immer treu geblieben.
Letztlich ist die Zukunft nur ein Fenster der Gelegenheit und der Möglichkeiten zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Von daher erfährt ihr Umgang mit dem Bestand endlich die beispielhafte Würdigung, die dieser Arbeit gebührt.

8

Ursula Baus | 17.03.2021 10:59 Uhr

Chapeau!

Schon vor 15 Jahren, 2006, erhielten die Beiden den Schelling Architekturpreis. Wir freuen uns für Lacaton Vassal sehr, weil sie dem bauwirtschaftsgeschuldeten Abriss-Neubau-Wahn überzeugende Weiter-Bauen-Konzepte entgegengestellt, diese dann immer hinterfragt und weiterentwickelt haben. 2006 wie heute gilt ihr Grundsatz, der räumlichen Qualität Vorrang vor der bildhaften Aussage zu geben, zurecht als preiswürdig.

7

Loboprince | 17.03.2021 10:38 Uhr

Gut Verdient

Bravo! Très bien Merité!!!

Der Pritzker hat in den letzten Jahren gezeigt, dass in Architektur es nicht nur um Ästhetik, sondern auch um Ethik geht.

Hoffentlich dient der Pritzker als gutes Beispiel für die kommende Zeiten...

6

STPH | 17.03.2021 10:36 Uhr

...

Leicht und filigran erinnert mich auch an die Belle Epoque. Jetzt müsste nur noch deren Handwerkskunst und Detailversessenheit dazukommen, das Individuelle.

5

peter | 17.03.2021 09:09 Uhr

die zukunft liegt im umgang mit der vergangenheit.

eine fantastische wahl!

4

zoio | 17.03.2021 08:18 Uhr

...

herzlichen glückwunsch und: zurecht!

3

auch ein | 17.03.2021 07:52 Uhr

architekt

gut waren die erstlinge, blech und doppelstegplatten, leichte konstruktionen.shabby chic.

sie haben sich weiterentwickelt und den diskurs weiter mitbestimmt anstatt ein schema durchzunudeln und dann weiter nur auf "showarchitektur" wie zB hadid oder HdeM zu machen und nur noch grossprojekte zu machen.

chapeau!

2

Anne Lacaton und Jean-Philippe erhalten Pritzker-Preis 2021 | 16.03.2021 21:58 Uhr

Völlig

Wurscht! Hauptsache man begreift, und das hoffentlich.

1

tutnichtszurSache | 16.03.2021 21:39 Uhr

Ja !!!!

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