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Juli / August 2019

Technische Universität München

Skriptorium am Toten Meer

Ein unterirdischer Pfad für Forscher und Besucher der Schriften von Qumran

von Sophie Ramm

Hochschule:

Technische Universität München

Abschluss:

Master

Präsentation:

16.04.2019

Lehrstuhl:

Prof. Uta Graff

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

ArchiCad, Photoshop, Indesign

Wie kann sich Museums- und Forschungsarchitektur angemessen auf eine zweitausend Jahre alte Ruine beziehen? Der Zweck der Anlage war die Vervielfältigung von Bibelhandschriften in einem Skriptorium. Kann die Architektur wieder Raum für ein gemeinschaftliches Studieren in der Abgeschiedenheit der Wüste bieten und gleichzeitig eine steigende Anzahl an Besuchern behutsam an die Geschichte des Ortes heranführen?

Schauplatz ist das Tote Meer, der tiefste begehbare Ort der Erde. Die Ausgrabungsstätte Qumran befindet sich am Nordwestufer, 420m u.d.M.. Das Gebiet der Felsvorsprünge des jüdäischen Gebirges spielte bereits eine wichtige Rolle zu Zeiten des Alten Testaments. In den schroffen Kalksteinfelsen entdeckten Beduinen ab 1947 Höhlen mit 850 antiken Schriftrollen. Sie datieren auf das zweite Jh. v.Chr. und sind damit die bisher ältesten bekannten Bibelhandschriften. Die nahegelegene Ruine wurde als Zentrum der Schriftrollenproduktion identifiziert. Die Rollen sollen in den Höhlen zum Schutz vor den Römern gelagert worden sein. Heute sind sie in einem Museum in Jerusalem ausgestellt. Seit 1980 entwickelte sich Qumran zu einer vielbesuchten Touristenattraktion. Das aktuelle Besucherzentrum ist unmittelbar vor der Ruine gebaut, dominiert das landschaftliche Erscheinungsbild und wird der Geschichte des Ortes nicht gerecht.

Der Leitgedanke ist die Originalschriften wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückzubringen und sie damit einem internationalen Forschungsteam zur Verfügung zu stellen. Für die Besucher soll der Zusammenhang zwischen den archäologischen Funden und ihren Schreibern wiederhergestellt werden. Die Architektur wird als temporäre Erscheinung in der Landschaft gesehen, welche nach geraumer Zeit lediglich als Abdruck der Vergangenheit in der Landschaft lesbar ist. Die Verwendung von ungebrannten Lehmziegeln aus dem Mergel vor Ort ermöglicht die würdevolle Alterung der Architektur. Am tiefsten Punkt der Erde geht es unter die Erde. Der Fels und die konstante Erdtemperatur bieten Schutz für Schriften und Besucher. Um das Auge auf die filigranen Schriften und Fundobjekte einzustellen wird die inszenierte Lichtführung im dunklen Raum gewählt. Die Ruine birgt ein Mysterium unter der sichtbaren Erdoberfläche. Der Entwurf ermöglicht dem Besucher das Ergründen der Sedimente der Geschichte in der Tiefe. Die lineare Spur innerhalb eines ausgetrockneten Flussbetts dient der Orientierung in der weiten Wüste. Das Besucherzentrum wird zum Vermittler zwischen Berg und Ruine und ist Teil des Wanderweges zu den Höhlen. Der Hauptkörper, das Forschungszentrum, setzt sich vom Besucherpfad ab, um den Blick über die Ruine freizugeben. Die eigentlichen Ausstellungsräume liegen unter der Erde, die Besucher folgen dabei einem Rundweg. Im Zentrum des Hauptkörpers befindet sich das neue Archiv der Schriftrollen. Das Skriptorium nimmt als einziger Raum in erhabener Position direkten Bezug zur Landschaft mit Ruine und dem unergründlichen Toten Meer dahinter auf.