Nächstes Projekt 16/20  

Mai / Juni 2020

msa | münster school of architecture

SCALE

Der Kontext als Ikone

von Hendrik Schmidt

Hochschule:

msa | münster school of architecture

Abschluss:

Master

Präsentation:

22.04.2020

Lehrstuhl:

Department Entwerfen / Prof. Dipl.-Ing. Kirsten Schemel

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

Rhino, Enscape 3D, Adobe Photoshop, Adobe InDesign, Adobe Illustrator

Die Aufgabenstellung bestand darin, ein Konzerthaus für die Stadt Vilnius zu entwerfen. Das Gebäude sollte ein volksnahes und immer offen stehendes „Haus der Nation“ werden und der Stadt zu neuer Aufmerksamkeit verhelfen. Dies sollte, laut Aufgabenstellung, durch die architektonische Ausformulierung einer Ikone, auf der Spitze des 30 Meter hohen Tauras-Hügels, geschehen. 

Die Festlegung auf diesen Ort widerspricht  dem Wunsch nach einem „Haus der Nation“, da eine landschaftliche Barriere entsteht, die das Gebäude von der Stadt isoliert und das Gebäude symbolisch betrachtet über der Stadt thronen lässt. Das Gebäude würde dem Kontext übergeordnet und als kulturelle Insel über der Stadt schweben. Nur durch das Einbeziehen des Kontextes kann das Projekt nachhaltig erfolgreich funktionieren, Aufmerksamkeit und Akzeptanz erzeugen.

Um dies zu erreichen wurde das Raumprogramm in seine Einzelteile aufgelöst und über die Fläche des Hügels verteilt, statt es einzig auf der Spitze anzuordnen. So wurde das Gebäude näher an die Schnittstelle zur Stadt gebracht und eine Verbindung zwischen Konzerthaus und Stadt geschaffen. Dies ist von hohem symbolischen und architektonischen Wert und die landschaftliche Barriere des Hügels wird aufgelöst. Die Grundvoraussetzung für ein hybrides, demokratisches und immer offen stehendes „Haus der Nation“ wurde geschaffen.

Um das Gebäude maximal mit seinem Kontext zu verbinden, wurden die Dachflächen als rampenartige Erweiterung der Parklandschaft barrierefrei nutzbar gemacht. Das Gebäude interpretiert den Park neu, erweitert ihn um neue Situationen und lässt die Grenzen zwischen Architektur und Landschaft verschwimmen. Es entsteht eine interaktive und enge Beziehung zwischen Natur und Gebäude. 

Der Innenraum folgt der natürlichen Topographie des Hügels, macht sie nutzbar und interpretiert sie neu. Es wurde eine versteinerte Landschaft geformt, die die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum verschwimmen lässt: die „Straße der Nation“. Sie ist ein nutzungsflexibler, hybrider und demokratischer Stadtraum, der unerwartete und informelle Begegnungen und Kommunikation anregt und inszeniert. Das Gebäude funktioniert wie die Straße einer urbanen Fußgängerzone, in der die Funktionen fließend ineinander übergehen. Öffentliche und private Funktionen begegnen und überlagern sich und verlassen klassische, architektonische Begrenzungen. 

Es ist ein schwellenloses Gebäude entstanden welches anstatt sich selbst, die natürlich gewachsene Umgebung in den Vordergrund stellt. Die so entstehende Beziehung zwischen Architektur und Natur ist harmonisch, identitätsstiftend und schöpft die Potenziale des Standortes maximal aus. Es entsteht ein Gebäude, das den Dialog mit seiner Umgebung sucht und behutsam an den Qualitäten des Standortes anknüpft, anstatt den Kontext durch beliebige Zeichenhaftigkeit zu überformen. Durch diese Konzeption entsteht ein wahres „Haus der Nation“.