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Januar / Februar 2018

msa | münster school of architecture

Neuland

Umsiedlung der letzten fünf Dörfer durch den Braunkohletagebau Garzweiler II im Rheinischen Revier

von Anna Laura Hölz

Hochschule:

msa | münster school of architecture

Abschluss:

Master

Präsentation:

26.09.2017

Lehrstuhl:

Entwerfen / Prof. Kirsten Schemel

Rubrik:

Städtebau

Software:

Adobe, Vectorworks

Menschen können intensive Beziehungen zu Orten aufbauen, insbesondere wenn es sich um die eigene Heimat handelt. Nach Bernhard Schlink ist das eigentliche Heimatgefühl »Heimweh«, denn die Heimat wird einem besonders bewusst, wenn sie fehlt.

Im Rheinischen Braunkohlerevier wurden bereits tausende Menschen ihrer Heimat enteignet und mussten an einem neuen Ort ein zu Hause finden. In Folge dieser Zwangsumsiedlung fühlen sich viele Betroffene in den neuen Orten nicht wohl und können sich nicht hinreichend mit der Umgebung identifizieren. Durch die Planung und Architektur muss der neue Ort Heimat neu generieren und nachhaltig für kommende Generationen sichern. Eine hochwertige regionale Baukultur kann den Identifikationsprozess deutlich erleichtern und die Attraktivität der ganzen Region nachhaltig bereichern.

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wurden im Prinzipien für regionales Bauen erarbeitet, die eine Identifikation deutlich erleichtern können. Mithilfe einer Ortsanalyse und einer Umfrage mit den Betroffenen, wurden ortstypische Charakteristika herausgearbeitet.

Wesentlich für die Dörfer Keyenberg, Kuckum, Berverath, Oberwestrich und Unterwestrich sind etwa die geschlossene Reihenbebauung, Vierkanthöfe, geneigte Dächer, roter Ziegelstein und Aachener Blaustein, sowie viele Quellen der Niers. Markante historische Gebäude, wie Rittergüter oder Kirchen sind für viele Bewohner von identitätsstiftend und können öffentlichen Gebäuden im neuen Ort als Vorbild dienen. Da in ländlichen Gemeinden die Ortsmitte sozial wie auch gestalterisch von zentraler Bedeutung ist, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Entwicklung eines neuen Dorfzentrums.

Dabei werden Ergebnisse aus aktuellen Forschungen im ländlichen Raum berücksichtigt. Demnach braucht ein Dorf bestimmte Zutaten um auf Dauer zu funktionieren. Neben Gemeindesaal, Pfarrei, Kindergarten, Altenbetreuung, Café, Gaststätte und Dorfladen, kamen noch kleinere Versammlungsräume hinzu, um Vereinen ein zu Hause zu geben und Praxisräume. Des Weiteren beinhaltet die Planung in Anbetracht des Verlustes der alten Heimat ein Museum.

Die Gebäude entsprechen einer Art verzerrtem Vierkanthof, welcher eine Kirche umrahmt. Die Kirche weist starke Parallelen der Heilig-Kreuz Kirche aus Keyenberg auf und beinhaltet viele historische Objekte, wie Fenster, Figuren, einen Hochaltar und das Taufbecken. Durch das Recycling von Baumaterialien, wie dem historischen roten Ziegel, gehen die neuen Gebäude mit der Geschichte eine Beziehung ein. Da den Bewohnern öffentliche Außenflächen sehr wichtig sind, gibt es verschiedene kleinere Dorfplätze und zahlreiche Grünflächen, die zum Erinnern, Verweilen, Spazieren, Spielen einladen. Grundsätzlich ist es für diesen Entwurf wesenhaft, dass alle verwendeten Materialien sich durch eine lange Haltbarkeit auszeichnen und mit Würde altern können, damit die Architektur eine Bühne für neue Erinnerung und Spuren des Lebens für viele kommende Generationen werden kann.