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Juli / August 2022

Technische Universität Graz

Ida | Johann

Revitalisierung eines historischen Dachraums

von Matthias Fattinger

Hochschule:

Technische Universität Graz

Abschluss:

Diplom

Präsentation:

14.06.2022

Lehrstuhl:

Architekturtechnologie Professur für Holzbau

Software:

AutoCAD, Rhino

Wir leben im Jahrhundert der Großstädte. Menschen ziehen in immer mehr und größere Metropolen. Wie Jahresringe legen sich neue Viertel Gürtel für Gürtel um die überfüllten Stadtkerne. Unverbauter Grund ist heutzutage eine unserer wertvollsten Ressourcen. In Zeiten der zunehmenden Bodenverknappung ist die Bauaufgabe im Bestand mehr als eine Option. Architektur ist lebendig, dynamisch und unvollendet - darum für Transformationen prädestiniert. Eine nachhaltige Stadt zeichnet sich durch Aufstockungen, Erweiterungen und Umgestaltungen der bestehenden Strukturen aus. Im Vergleich zu Shanghai, wo kleine Stadtviertel durch ein Konglomerat an Hochhäusern von einem auf den anderen Tag ersetzt werden, genießt das historische Erbe in Europa höheres Ansehen: Unter dem Begriff „Nachverdichtung“ wird das sogenannte „Weiterbauen“ auf Brachen, in Lücken, mit Anbauten oder auf den Dächern der Altstadt verstanden. Zentrales Thema ist es, sensibel und wertschätzend mit bestehen den Strukturen umzugehen, diese wo erforderlich aufzuwerten und gleichzeitig neu entstehende Architektur identitätsstiftend hinzuzufügen. Besonders in UNESCO-Weltkulturerbestädten wie Graz ist die Koexistenz von Alt und Neu ein sehr heikles Thema. Hier wird seit einigen Jahren - entsprechend dem Wunsch nach Verdichtung - versucht, zusätzlichen Wohnraum über der Traufe zu generieren.


Diese Diplomarbeit widmet sich dem Potential einer Revitalisierung der Dachräumlichkeiten anhand eines Beispielobjekts (Gründerzeithaus im Bezirk St. Leonhard) unter Berücksichtigung der konstruktiven, bauphysikalischen sowie rechtlichen Normen. Besondere Beachtung wird hierbei der Wahrung der unverwechselbaren Grazer Dachlandschaft geschenkt. Das Gebot ist die Wertsteigerung und die Gewährleistung langfristiger Nutzung durch zukunftsorientierte Konzeption. Vorrangiges Ziel ist es anhand dieses Entwurfs, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen, qualitätsvollen und professionellen Planung in den Grazer Schutzzonen zu schärfen. Eine exakte (kultur-)historische Betrachtungsweise des Bestandsobjekts im Ensemble in Verbindung mit einer Beurteilung des baukünstlerischen Anspruchs bildet den Qualitätsmaßstab für meinen architektonischen Entwurf. Die Auseinandersetzung mit dem geneigten Dach führt so nicht zu abgelegenen Räumen, sondern durchdringt das gesamte Objekt. Es ergeben sich räumliche Typologien, wodurch versucht wird, die gedankliche Fixierung auf den Grundriss unterzuordnen, um sich stattdessen der komplexen Verkettung von Räumen im dreidimensionalen Raum zu widmen. Das Dach bietet eine optimale Grundlage für die Entwicklung facettenreich räumlicher Erfahrungen: Die Formulierung von Orten der Repräsentation, Großzügigkeit und Gemeinschaft, welche in harmonischer Balance mit intimen Rückzugsflächen stehen, wird hierbei zur Schlüsselrolle. Die Schärfung des Bewusstseins zwischen dem respektvollen Umgang zwischen Alt und Neu bildet den Qualitätsmaßstab des Entwurfs.

Text von Matthias Fattinger.