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März / April 2020

Technische Universität München

Belgrads Parasiten

Eine Analyse informeller Dachaufstockung in Belgrad

von Anella Agic

Hochschule:

Technische Universität München

Abschluss:

Master

Präsentation:

11.10.2019

Lehrstuhl:

Lehrstuhl für Städtische Architektur/ Univ. Prof. Dietrich Fink

Rubrik:

Theoretische Themen

Software:

Vectorworks, Photoshop, Indesign

Die Arbeit befasst sich mit dem Thema informeller Dachaufstockungen in Belgrad.

In Belgrad herrschte bereits unter der Regierung Titos eine immense Wohnungsnot. Im Zuge der Industrialisierung, kam es zu einem enormen Zuzug der Landbevölkerung in die Städte. Die folgende Wohnungsnot in den Städten hatte die Entstehung illegaler, informeller Siedlungen, vor allem an den Stadträndern zur Folge. Nach dem Zerfall der „Sozialistischen Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ Ende des 20. Jahrhunderts und der Hinwendung zum Kapitalismus, kam es zu einer starken Privatisierung des Wohnraums. Illegale bauliche Konstruktionen entstanden nun auch im Stadtzentrum in Form von Dachaufstockungen und wurden von allen Bevölkerungsschichten betrieben. Zunächst als Vorwand den mangelnden Wohnraum zu erweitern, weckten diese Bauten allerdings bald auch das Interesse von Investoren. Der Städtebau vollzog sich einer Art Demokratisierung, nicht nur Architekten und Stadtplaner waren von nun an am Prozess beteiligt. Die herkömmliche Bevölkerung und unabhängige Investoren begannen immer mehr Kontrolle zu übernehmen. Der Staat und die Öffentlichkeit haben so schnell ihren Einfluss an der Entwicklung verloren wie in kaum einer anderen europäischen Stadt. 


Auch wenn solche illegalen Bautätigkeiten gezielt den Staat geschwächt und zu weiteren Problemen geführt haben, konnten sie dazu beitragen die extrem angespannte Wohnungssituation vor dem vollständigen Zusammenbruch zu bewahren.

Nicht nur die Anzahl der Dachaufstockungen in Belgrad stieg dann an, auch deren Dimension wuchs kontinuierlich. Oftmals nachträglich legalisiert sind diese Bauten ein beeindruckendes Beispiel informeller innerstädtischer Verdichtung in Selbstbauweise.


Die aktuell gültige Frist für die Legalisierung, der 6. November 2023, soll nun das endgültige Ende von Bauten ohne Zulassung sein. Ob diese Frist mit ihren strikten Regeln gegen die rund 2,2 Millionen illegal gebauten Objekte unterschiedlichster Art in Serbien vorgehen kann, wird die Zukunft zeigen.