Platz 9
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September / Oktober 2017

Bauhaus-Universität Weimar

Bauen im Bestand

Bahnhof Kupferkammerhütte Hettstedt

von Nathalie Kerst

Hochschule:

Bauhaus-Universität Weimar

Abschluss:

Bachelor

Präsentation:

19.07.2017

Lehrstuhl:

Denkmalpflege und Baugeschichte

Rubrik:

Verkehrsbauten

Software:

ArchiCAD, Photoshop

Ich bin in einer strukturschwachen Region in Thüringen aufgewachsen, wo die Thematik des Leerstandes stark präsent ist. Mich interessieren die Potentiale des Leerstandes und Lösungsansätze dieses Erbe zu nutzen und in attraktive und zeitgemäße Lebensräume zu transformieren. Das Weiterschreiben und Weiterbauen der Geschichte, das Betrachten des baulichen Bestands als Ressource, eröffnet auf verschiedenen Ebenen vielfältige Möglichkeiten.
Der Verein Mansfelder Bergwerksbahn e.V. möchte die Ruine des historischen Bahnhofsgebäudes Kupferkammerhütte in Hettstedt reaktivieren. Dafür ist ein Nutzungs- und Gestaltungskonzept zu erstellen.

Das Ziel der Revitalisierung von Baubestand kann nicht allein die Wiederherstellung eines einzigen historischen Zustandes in der Geschichte des Gebäudes sein. Bei der Transformation eines Baus, der seine ursprüngliche Funktion verloren hat, hin zu einer neuen zeitgemäßen Nutzung, geht es nicht um das bloße Freistellen eines Gebäudes als scheinbar unberührtes Denkmal und Zeitzeugnis, sondern um das Anknüpfen und Weiterschreiben der Geschichte. Es geht darum, die Phänomene und Potentiale eines Gebäudes zu entdecken und zu erkennen.

Bei der Ruine des Bahnhofbaus Kuperkammerhütte in Hettstedt ist so ein Phänomen das Nicht-Vorhanden-Sein des Daches. Vor einigen Jahren vernichtete ein Sturm fast den gesamten Dachstuhl. Intuitiv habe ich mich bei der Besichtigung des Bahnhofs die meiste Zeit im Obergeschoss des Anbaus aufgehalten und dort fotografiert. Ich empfand diesen Bereich des Gebäudes als denjenigen mit der höchsten Qualität. Es eine ungewohnte Raumerfahrung, gleichzeitig im Innen- wie im Außenraum zu sein. Dieses Phänomen hat bei der Entwicklung für das neue Nutzungskonzept eine entscheidende Rolle gespielt.

Ich bin zu der Lösung gekommen, dem Gebäude ein Dach zu geben, das zwischen bestehendem Mauerwerk und opaker Dachfläche in horizontaler Ausrichtung einen Zwischenraum lässt.
Für den klimatischen Raumabschluss sorgt ein Glasband, das zwischen der oberen Mauerkante und der Traufkante des neuen Daches sitzt. Durch diesen Zwischenraum bleiben die Qualitäten des Ausblicks von Innen und des Lichteinfalls von oben, mit den dadurch bedingten Schattenwürfen und Lichteffekten erhalten. Begünstigend für diesen Effekt kommt die Ausformung des Dachtragwerks. Das über dem Bestandsgebäude schwebende Satteldach ist auf der Innenseite mit Brettschichtholzplatten beplankt. Getragen wird das Dach von filigranen Stützen der gleichen Materialität. Durch die Anordnung und Beziehung der einzelnen Stützen zueinander kommt es zu einer Neuinterpretation der Schattenwürfe der heutigen Dachstuhlreste.