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Juli / August 2020

Technische Universität Berlin

Aussichten auf...?

Touristische Infrastrukturen für Ibbenbüren

von Jasmin Rettinger, Michael Olufemi Akpele

Hochschule:

Technische Universität Berlin

Abschluss:

Bachelor

Präsentation:

18.02.2020

Lehrstuhl:

FG DE/CO

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

Rhino 3D, Adobe Creative Cloud

Mit dem deutschlandweiten Ende des Steinkohlebergbaus musste 2018 auch die RAG Anthrazit Ibbenbüren GmbH den Betrieb einstellen. Obwohl das Münsterland nicht als Kohlenpott bekannt ist, war der Bergbau auch hier identitätsstiftend. Die Schachtanlagen, die beiden Bergehalden Hopstener Straße und Rudolfschacht sowie das noch laufende RWE Kraftwerk prägen das Landschaftsbild in hohem Maße. Mit der Schließung der Anlagen wurden insgesamt 300 Hektar Industriefläche in unmittelbarer Nähe zum Stadtgebiet von Ibbenbüren zur Konversionsfläche erklärt, die nun für neue Nutzungen bereit stehen. So werden die beiden Bergehalden renaturiert und für Spaziergänger:innen geöffnet. Das Bachelorprojekt schlägt erste touristische Infrastrukturen für die Region vor, die ein sichtbares Zeichen des Umbruchs setzen sollen.


Die Landschaft in Ibbenbüren wird in unserem Entwurf als „Kulturlandschaft“ verstanden. So umfasst unser Blick nicht nur die Wälder und Wiesen, sondern beispielsweise auch Strommasten, Felder, Schornsteine und Kühltürme. In unserer Notation wird deutlich, dass vor allem der Kühlturm des Kraftwerks mit seiner immerwährenden Rauchwolke eine markante Landmarke ist, die als Orientierungspunkt dient und die starke Assoziationen mit der Kohlevergangenheit Ibbenbürens hervorruft. Dies veranlasste uns dazu, uns weiter mit der Typologie des Kühlturms auseinanderzusetzen. Mit Hilfe der Fotografien von Hilla und Bernd Becher teilten wir die Kühltürme anhand ihrer Kubaturen in Kategorien ein. Unsere Architekturen interpretieren die Typologie des Kühlturms neu, um an die Kohlevergangenheit der Region zu erinnern, dem Kühlturm eine kulturelle Bedeutung zu geben und ihn positiv zu besetzen, ohne dabei nostalgisch zu wirken. 


Die sechs einzelnen Interventionen folgen einem Regelwerk, das sie als Projektfamilie erkenntlich macht. Sie alle haben ein Dach aus schwarz verkohlten Holzlatten, das einem Pyramidenstumpf ähnelt, darunter eine runde Mauer aus Stampflehm, die unterschiedlich hoch „ausgefüllt“ ist, und ein zusätzliches Element, das die jeweilige Nutzung unterstützt. Das unterschiedliche Aussehen der Dächer ist auf Anpassungen an die sechs Nutzungen der Architekturen zurückzuführen: Ruhen, Essen und Sehen-I auf der Rudolfschacht Halde; Wärmen, Denken und Sehen-II auf der Halde Hopstener Straße.  Zwischen den einzelnen Dächern auf einer Halde bestehen Sichtbezüge, die es erleichtern, von einem zum nächsten Dach zu finden. Um die Beziehung zwischen den beiden Halden zu stärken, besteht auch zwischen den Aussichtstürmen Sehen-I und Sehen-II ein Sichtbezug. Besucher:innen auf den Halden stoßen so immer wieder auf abstrakt anmutende Dächer, die sie möglicherweise an Relikte aus der Bergbauvergangenheit erinnern. Erst beim Eintreten offenbart sich ein heller Raum mit gemeinschaftlichen Nutzungen.