Crystal Talk
Text: Peter ZöchFotos: Miran Kambič, Matevž Paternoster

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dekleva gregorič arhitekti

Preise und Aufmerksamkeit wie der International Architecture Award 2009 vom Chicago Athenaeum Museum oder der europäische Nachwuchs-Preis „Europe 40 under 40 Award“ sind nicht neu für dekleva gregoric arhitekti. Kürzlich erhielten sie zwei weitere Auszeichnungen für die Metallrecycling-Anlage im slowenischen Pivka sowie den Bäder-Schauraum Pertot in Triest. Auf den ersten Blick haben nicht nur diese beiden Projekte wenig miteinander gemeinsam. Was sich gleicht sind die Herangehensweise und die Entwurfsstrategie. „Challenging the obvious“, das Offensichtliche in Frage stellen, lautet das Motto von Tina Gregoric und Aljoša Dekleva. Ob Objektdesign, Gebäude oder städtebauliches Konzept: Der zu gestaltende Raum wird seziert, strukturiert und – meist am Modell – geformt; der Kontext wird analysiert, seine Grenze ausgelotet; imaginäre Nutzer werden erdacht und Materialien getestet. Selber scherzen sie über ihre forschend-systematische, manchmal auch pragmatische Arbeitsweise. „Unsere Bauten müssen smart, aber am Ende natürlich auch schön sein.“

Tina Gregoric gewann und realisierte die ersten Wettbewerbe noch während sie in Ljubljana studierte. Aljoša Dekleva, Absolvent derselben Architekturfakultät, war Partner bei Enota, einem weiteren jungen slowenischen Büro. Gemeinsam ging das Paar nach London zur Architectural Association (AA), die sie mit der international beachteten Arbeit „Negotiate my boundary!“, einer Untersuchung zu Individualität, Partizipation und Massenproduktion im Wohnungsbau, abschlossen. Damit stand die Überlegung, in London zu bleiben, im Raum. Aber beide wollten bauen. Und Slowenien bot und bietet für junge Architekten nach wie vor gute Möglichkeiten, eigene Ideen umzusetzen. So entschieden sie sich 2003, ein gemeinsames Büro aufzubauen, und wählten das vergleichsweise kleine Ljubljana als Lebensmittelpunkt: Triest und die Adria-Küste sind nur rund eine Stunde entfernt, der Balkan nicht viel weiter; Venedig, Zürich, München und Wien befinden sich in Reichweite. Unterschiedliche kulturelle Einflüsse in Hülle und Fülle.

Ihr Büro liegt nur wenige Minuten entfernt vom Zentrum Ljubljanas, wo der berühmte Sohn der Stadt, Jože Plecnik, seine Spuren unter anderem bei den Drei Brücken und den Markthallen hinterlassen hat. Um die Ecke findet sich der Miklošic-Park, entstanden nach den Plänen eines weiteren berühmten Architekten der Stadt: Max Fabiani entwarf Platz und Mustergebäude nach dem Erdbeben von 1895.

Tina Gregoric und Aljoša Dekleva arbeiten in einem überschaubaren Team, das Büro soll nicht um jeden Preis wachsen. Eher lehnen sie einen Auftrag ab, als aus wirtschaftlichen Überlegungen ein wenig spannendes Projekt bauen zu müssen. Schon ihr erstes Gebäude, das XXS Haus, füllte nicht nur die Seiten internationaler Architekturmagazine, sondern zeugt auch von der Zähigkeit der Architekten, ihre Ideen durchzusetzen und ihre Entwürfe zu verwirklichen. Das ungewöhnliche Wochenendhaus in der Stadt für ein Paar vom Land befindet sich in Krakovo, einem denkmalgeschützten mittelalterlichen Fischerdorf mitten in Ljubljana. Der puristische Entwurf stieß auf Widerstand bei den Behörden. Die Architekten mussten bis zur letzten Instanz gehen, dem zuständigen Ministerium, um das Projekt durchzuboxen. Mit Erfolg.

80 Prozent der Aufträge von dekleva gregoric stammen aus offenen Wettbewerben. Zurzeit bearbeiten sie mit ihren sieben Mitarbeitern einige dieser Projekte in unterschiedlichen Umsetzungsphasen, zum Beispiel den Universitäts-Campus Livade in der Küstenstadt Izola, ein Wohnbauprojekt mit knapp 200 Wohnungen im Zentrum Ljubljanas, sowie den Masterplan für eine ehemalige Tabakfabrik. Der bereits fertig gestellte Wohnbau L in Sezana resultierte ebenfalls aus einem Wettbewerb. Als Projektentwickler interpretiert das Büro in einem ambitionierten Vorhaben traditionelle Siedlungsformen neu – ein Modell, das einen Kontrapunkt zu einer unkontrollierten, allgegenwärtigen Zersiedelung setzt. Das Projekt zeigt einmal mehr die forschende, analytische Arbeitsweise der beiden Architekten und ihre Lust am Experiment.