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Wann darf Tragwerksplaner Honorar getrennt für mehrere Gebäude abrechnen?

Die Vergütung eines Tragwerksplaners bei einem Auftrag für mehrere Gebäude ist nach § 66 Abs. 1 HOAI für jedes Gebäude getrennt zu berechnen, wenn die betroffenen Gebäude unter Berücksichtigung der Anschauung des täglichen Lebens eine bauliche Selbstständigkeit (konstruktiv und funktionell) aufweisen.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Für jedes/jede Gebäude (ggf. Anlage) hat der Architekt sein Honorar gesondert zu ermitteln.
Beispiel
(nach KG , Urt. v. 18.12.2001 - 7 U 10247/00 –)
Ein Bauherr beauftragt einen Tragwerksplaner mit Leistungen für ein Bauvorhaben, bei welchem mehrere Häuser entstehen, die eine Tiefgarage nutzen und nach der Behauptung des Bauherrn auf einer Bodenplatte stehen. Der Tragwerksplaner rechnet die Häuser als unterschiedliche Gebäude im Sinne des § 66 HOAI nach Mindestsätzen ab.

Das Kammergericht folgt der Argumentation des Tragwerkplaners. Es sei hier von unterschiedlichen Gebäuden im Sinne des § 66 Abs. 1 HOAI und damit von einer getrennten Abrechnung auszugehen. Entscheidend sei die bauliche Selbstständigkeit (konstruktiv und funktionell) unter Berücksichtigung der Anschauung des täglichen Lebens. Unter Anwendung dieser Grundsätze könne hier nur von verschiedenen Gebäuden ausgegangen werden. Gegen ein einheitliches Gebäude spreche schon die Bezeichnung der einzelnen Häuser nach Nummern und die unterschiedlichen Grundrisse der Häuser. Auch die Fassaden und Dachkonstruktionen der einzelnen Häuser seien ausweislich der eingereichten Skizzen völlig unterschiedlich gestaltet. Allein die Behauptung des Bauherrn, sämtliche Gebäude stünden auf einer einheitlichen Bodenplatte, reiche nicht aus, ebenso wenig, dass sie durch eine Tiefgarage verbunden seien. Schließlich sei auch von konstruktiv verschiedenen Tragwerken auszugehen, da der Planer schlüssig dargetan habe, dass jedes Gebäude gänzlich unterschiedliche Dimensionen aufweise und unterschiedliche Lasten auftreten, die jeweils von oben nach unten abzutragen seien.
Hinweis
Der Bauherr hatte sich auf eine mündliche, mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung berufen; diese sei wirksam, weil sämtliche Häuser lediglich ein Vorhaben und ein Gebäude darstellten und damit die anrechenbaren Kosten oberhalb des höchsten Wertes der Honorartafel lägen; damit sei das Honorar frei verhandelbar, § 16 III HOAI.

Planern ist generell zu raten, sich vor Vertragsabschluss über die Frage der getrennten Abrechnung von mehreren Gebäuden/Tragwerken/Anlagen Gedanken zu machen, damit die Honorarvereinbarung nicht am Ende obsolet ist.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck