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Verweigerung des Deckungsschutzes bei Verstoß gegen Elementarwissen durch erfahrenen Planer

Es gehört zum Elementarwissen eines Architekten, dass ein bloß deckendes Dach nur bei einer bestimmten Dachneigung geplant werden darf; verstößt der Architekt gegen solches Elementarwissen, so kann für die Haftpflichtversicherung Leistungsfreiheit bestehen. Dies gilt zumal für einen Versicherten mit langjähriger Berufserfahrung.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 07.03.2007 - 20 U 132/06 – )
Ein Architekt erhielt den Auftrag, eine neue Industriehalle zu erstellen. Dabei bestand die Problematik, dass die Halle einerseits als Hochregallager genutzt werden sollte, was eine gewisse Mindesthöhe erforderte, andererseits jedoch eine Hochspannungsleitung über das Grundstück verlief, so dass das Gebäude eine bestimmte Höhe nicht überschreiten dürfte. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, plante der Architekt ein nahezu flaches Dach, das auf einer Länger von 18 m lediglich ein Gefälle von 14 cm aufwies. (Dachneigung 0,77 %) Querstöße enthielt das Dach nicht. Es besteht aus großflächigen Profilen, die ohne Stoß über die gesamte Fläche laufen. Eine Tropfkante oder eine besondere Abdichtung des Daches sah der Architekt nicht vor. Später kommt es zu Undichtigkeiten im Dach. Der Bauherr nimmt den Architekten in Anspruch, der Architekt begehrt Deckungsschutz von seiner Haftpflichtversicherung. Dies lehnt den Deckungsschutz ab.

Das OLG Hamm meint, zurecht. Die Versicherung könne sich auf den Ausschlussgrund der bewussten Pflichtwidrigkeit berufen. Der Architekt habe wissentlich gegen seine Berufspflicht verstoßen, als er im Grunde ein Flachdach plante, ohne eine Abdichtung, die die Dichtigkeit des Daches gewährleistet hätte, vorzusehen. Nach Ansicht des OLG Hamm lasse der objektive Verstoß gegen eine Berufspflicht dann den Schluss auf ein wissentliches Handeln des Planers zu, wenn die verletzte Regel zum Primitiv- oder Elementarwissen eines Architekten gehöre. Dies habe der Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt. Das OLG Hamm gehe daher davon aus, dass es sich hier um Grundwissen handele, dass auch der hocherfahrene Kläger hatte.
Hinweis
Die Gefahr eines Deckungsausschlusses durch die Haftpflichtversicherung besteht nach der Ansicht einiger Oberlandesgerichte beim Verstoß gegen Elementarwissen. Soweit ersichtlich hat sich der BGH noch nicht abschließend zu dieser Frage geäußert. Im Übrigen mag der Planer auch in dem einen oder anderen Fall schlüssig darlegen können, dass er aus besonderen Gründen das Elementarwissen "schlicht vergessen hatte" (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.12.2005).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck