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Verletzt die vollständige Zerstörung des geschützten Bauwerks die Rechte seines Urhebers?

Der Urheber eines Architekten- und Ingenieurbauwerkes soll nach Ansicht des Landgerichtes München nicht das Recht haben, gegen die vollständige Zerstörung seines Werkes vorzugehen.
Hintergrund
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.

Aus dem Urheberrecht leiten sich u.a. Persönlichkeitsrechte sowie das Änderungsverbot ab.
Beispiel
(nach LG München , Urt. v. 08.12.1981 - 7 O 17562/79, NJW 1982, 655 sowie Reichsgericht RZG 79, 397)
Der Künstler Hajek hatte zur Auflockerung der starren Baukörper der ADAC Hauptverwaltung das Gebäude mit einer auffallenden baulich-skulptural-malerischen Gesamtkonzeption künstlerischer Elemente gestaltet. Im Rahmen umfangreicher Umbaumaßnahmen wurde ein großer Teil der Kunstwerke zerstört. Die Gesamtkonzeption des Bauwerks wurde verändert. Das Landgericht München verurteilte die Eigentümerin dazu, die Beeinträchtigung der urheberrechtlichen Interessen auf Grund der teilweisen Zerstörung zu beseitigen. Nach Auffassung des Gerichtes steht es der Eigentümerin dabei frei, entweder den ursprünglichen, urheberrechtlich geschützten Zustand wieder herzustellen oder die übriggebliebenen, nicht zerstörten Werkteile ebenfalls zu entfernen.

Geschützt sei nach dem Urhebergesetz, insbesondere § 14 Urhebergesetz, das Interesse des Urhebers, die Originalität seines Werkes zu erhalten und eine Verfälschung zu vermeiden, insbesondere sein Ansehen und Ruf in der Öffentlichkeit zu wahren. Durch die Vernichtung des Werkes soll dieses Interesse nicht berührt werden.
Hinweis
Das Reichsgericht hat in seinem „Fresko-Urteil“ vom 08.06.1912 ausgeführt:

„Ändert sich der Geschmack des Eigentümers, ist er des Kunstwerkes aus irgendwelchen Gründen überdrüssig geworden, so wird er es veräußern, verkaufen, vertauschen, verschenken, oder er wird es seinem und anderer Anblick durch Beseitigung aus den gewohnten Räumen entziehen. Ja man wird ihm für den Regelfall auch das Recht nicht versagen können, es völlig zu vernichten. Durch all diese Handlungen greift er in die künstlerische Eigenart des fortbestehenden Werkes und damit in das Persönlichkeitsrecht des Künstlers nicht ein. Der Künstler, der das Werk zu Eigentum veräußert und dafür i.d.R. ein Entgelt empfangen hat, muss von vornherein mit diesem möglichen Schicksal seines Werkes in der Hand des Besitzers rechnen“.

Der BGH hat mit Urteil vom 21.12.2019 demgegenüber klargestellt, dass auch im Falle einer beabsichtigten Gesamtzerstörung des Werkes eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen ist.


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