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Umdeutung einer Kündigung aus wichtigem Grund in eine sogenannte freie Kündigung?

Kündigt der Auftraggeber ausdrücklich aus wichtigem Grund und liegt der wichtige Grund nicht vor, dann ist keine Umdeutung in eine freie Kündigung möglich, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der Auftraggeber auf jeden Fall vom Vertrag lösen will.

Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat erhebliche Auswirkungen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Auftraggeber kann den Architektenvertrag sowohl aus wichtigem Grund als auch ohne einen wichtigen Grund, d.h. jederzeit, kündigen.
Beispiel
(nach KG Berlin , Urt. v. 14.04.2010 - 21 U 74/07, BGH, Beschluss vom 13.10.2011 – VII ZR 228/10 , (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen))
Ein Architekt kündigt seinem Subplaner nachdem ihm angetragen wird, dass der Subplaner ihn gegenüber anderen diskreditiert hat. Im Kündigungsschreiben teilt der Architekt seinem Subplaner mit, dass die weiteren Leistungen von einem anderen Kollegen erbracht werden würden. Der Subplaner begründet damit unter anderem seine "Gegenkündigung" aus wichtigem Grund. Der Subplaner rechnet entsprechend den Vorschriften für eine ordentliche Kündigung (§ 649 BGB) erbrachte und auch nicht erbrachte Leistungen ab. Der Architekt (Auftraggeber) wendet ein, dass er ausschließlich aus wichtigem Grund gekündigt habe und insoweit insbesondere eine Abrechnung von nicht erbrachten Leistungen nicht in Betracht komme. Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung sei nicht möglich.

Im Ergebnis setzt sich der Architekt gegen seinen Subplaner mit der Argumentation nicht durch. Allerdings kann zunächst nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Architekt um jeden Preis von seinem Subunternehmer lösen wollte. Er hat ausdrücklich aus wichtigem Grund gekündigt und sich ausschließlich auf diese außerordentliche Kündigung auch im Weiteren bezogen gehabt. Eine freie Kündigung war offensichtlich von ihm nicht gewollt. Eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund in eine ordentliche, freie Kündigung, kommt daher nicht in Betracht. Allerdings war der Subplaner wegen der Erfüllungsverweigerung seinerseits berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Die Mitteilung, dass ein anderer Kollege die Arbeiten erbringen würde bedeutet eine Erfüllungsverweigerung. Kündigt der Auftragnehmer (hier Subplaner) aus wichtigem Grund, dann sind die Regeln zur ordentlichen Kündigung entsprechend anzuwenden (§ 649 BGB entsprechend).

Hinweis
Im Ergebnis ist Vorsicht geboten im Umgang mit einer auftraggeberseitigen außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Im vorliegenden Fall hatte der Auftraggeber (hier Architekt) noch mehrere Dinge im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung nicht berücksichtigt (KG Berlin, Urteil vom 14.04.2010 zum Kündigungsgrund und KG Berlin, Urteil vom 14.04.2010 zum Zeitpunkt der Kündigung). Auch eine vorherige Abmahnung wäre für den Auftraggeber ratsam gewesen. Für den Auftragnehmer, dem aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt wird, kann es ratsam sein, seine Leistungen vorsorglich nochmals anzubieten und bei ausgebleibender Annahme der Leistungen wegen Erfüllungsverweigerung ebenfalls aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck