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Nichtbeachtung der Formvorschriften bei Vertragsschluss mit Gemeinde: Vertrag unwirksam?

Bei Verträgen mit Gemeinden sind die Formvorschriften der jeweiligen Gemeindeordnungen zu beachten; eine Gemeinde kann sich ausnahmsweise dann nicht auf einen Verstoß gegen die Formvorschriften berufen, wenn das nach der Gemeindeordnung für die Willensbildung zuständige Organ den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes gebilligt hat.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Um rechtliche Wirkungen entfalten zu können, muß ein Vertrag wirksam zustande gekommen sein.

Gründe für die Unwirksamkeit eines Vertragsschlusses können sich aus vielfachen Umständen ergeben, bei einem Architektenvertrag insbesondere auch aus:
- Formerfordernissen
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 20.01.1994 - VII ZR 174/92-, BauR 1994, 363)
Zwei Architekten bewarben sich um die von einer hessischen Gemeinde geplante Sanierung des Projektes Amtshof in Badsee. Aufgrund eines Magistratbeschlusses erteilte der Bürgermeister den Architekten mündlich den Sanierungsauftrag. Später kam es zu Meinungsdifferenzen. Die Gemeinde erklärte den Auftrag für beendet. Einer der Architekten macht Honorar für nicht erbrachte Leistungen geltend.

Die Vorinstanz hatte den entsprechenden Anspruch des Architekten auf Honorar für nicht erbrachte Leistungen zurückgewiesen, da es bereits an einem wirksamen Vertrag, welcher auch die nicht erbrachten Leistungen umfasse, fehle. Der BGH hob das Urteil auf. Nach der ständigen Rechtsprechung handele es sich bei den Formvorschriften der Gemeindeordnungen, die die Vertreter der Gemeinde beim Abschluss von Verträgen zu beachten hätten, um materielle Vorschriften über die Beschränkung der Vertretungsmacht, die dem Schutz der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und ihrer Mitglieder dienten. Im Hinblick auf diese Schutzfunktion könne sich der Vertragspartner einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nur unter besonderen Umständen nach Treu und Glauben darauf berufen, der Einwand der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, ihre Verpflichtungserklärung sei wegen Verstoßes gegen die Formvorschriften der Gemeindeordnung unwirksam, verstoße gegen den Grundsatz der unzulässigen Rechtsausübung. Ein solcher Ausnahmefall liege hier aber vor. Er sei grundsätzlich gegeben, wenn der mit der Formvorschrift bezweckte Schutz deshalb bedeutungslos geworden sei, weil das nach der Gemeindeordnung für die Willensbildung zuständige Organ der öffentlich-rechtlichen Körperschaft den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes gebilligt habe. Hier habe die zuständige Gemeindevertretung vor Erteilung des Auftrages an die Architektengemeinschaft den Vertragsabschluss beschlossen.
Hinweis
Nach allgemeiner Rechtsprechung kann sich der Architekt nicht darauf berufen, er habe die entsprechenden Formvorschriften der öffentlich-rechtlichen Körperschaft (oder auch Kirche) nicht gekannt. Vielmehr muss sich der Architekt vor Vertragsabschluss über die entsprechenden Formvorschriften kundig machen. Bei Abschlüssen mit Gemeinden/Städten sind die Formvorschriften ohne weiteres aus den jeweiligen Gemeindeordnungen erkennbar. Zu bedenken ist, dass auch etwaige (spätere) Honorarvereinbarungen (z.B. auch für besonderer Leistungen gem. § 5 IV HOAI) die Formvorschriften einhalten müssen.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck