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Haftungsfreizeichnung: Wie muss der Architekt den Bauherrn aufklären?

Der Architekt wird von seiner Haftung wegen Erstellung einer nicht genehmigungsfähigen Planung nach Ansicht des OLG Düsseldorf grundsätzlich nur dann frei, wenn er den Auftraggeber unter Ablehnung seiner Gewährleistungspflicht über die Bedeutung und Tragweite des Verstoßes gegen die Bestimmungen des öffentlichen Baurechts aufgeklärt und belehrt hat und dann der Versuch, die Baugenehmigung zu erhalten, auf Anweisung des Auftraggebers dennoch unternommen werden soll. Die Kenntnis des Auftraggebers vom Genehmigungsrisiko bietet allein keine Grundlage für eine Enthaftung.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 18.12.2009 - 23 U 187/08)
Ein Architekt plant einen Anbau. Seine Planung unterschreitet den Mindestabstand zur Nachbargrenze von 3 m. Aufgrund dieses Verstoßes wird die Genehmigung später durch das zuständige Bauaufsichtsamt aufgehoben, auf eine Abrissverfügung hin soll der Anbau rückgebaut werden. Die Bauherren nehmen den Architekten in Haftung. Dieser argumentiert u.a., die Bauherren hätten gewusst, dass eine Nachbarzustimmung erforderlich sei; im Übrigen sei der eine Bauherr selber juristisch gebildet.
 
Das OLG Düsseldorf gibt der Klage der Bauherren statt. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichte, schulde als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Von seiner Haftung wegen Erstellung einer nicht genehmigungsfähigen Planung sei der Architekt nur ausnahmsweise und grundsätzlich nur dann befreit, wenn er mit seinem Auftraggeber vereinbare, dass dieser das Genehmigungsrisiko übernehme. Von einer solchen Vereinbarung könne nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden. Die Kenntnis des Auftraggebers vom Genehmigungsrisiko biete allein keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass dieser das Genehmigungsrisiko übernommen habe (vgl. BGH, Urt. v. 26.09.2002). Erforderlich sei, dass der Auftraggeber sich bewusst über die Vorschriften des öffentlichen Baurechtes hinwegsetzen wolle oder der Architekt den Auftraggeber unter Ablehnung seiner Gewährleistungspflicht über die Bedeutung und Tragweite des Verstoßes gegen die Bestimmungen des öffentlichen Baurechtes aufgeklärt und belehrt habe und dann der Versuch eine Baugenehmigung zu erhalten auf Anweisung des Auftraggebers dennoch unternommen werden solle. Der Architekt sei auch darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er von seiner grundsätzlichen Haftung wegen Erstellung einer nicht genehmigungsfähigen Planung ausnahmsweise befreit sei.
 
Die Erforderlichkeit einer Nachbarzustimmung sei auch hier für die Bauherren nicht derartig offenkundig gewesen, dass sie nicht belehrungsbedürftig waren. Darüber hinaus habe der Architekt auch über die Folgen und Risiken des Fehlens einer erforderlichen Nachbarzustimmung aufkläaren müssen. Eine entsprechende Aufklärung sei nicht bewiesen. Eine etwaige Bauerfahrung des Bauherrn könne den Architekten ebenso wenig entlasten, wie seine allgemeine, nicht bauspezifische juristische Ausbildung.
Hinweis
Das OLG Düsseldorf stellt hier noch einmal in aller Deutlichkeit dar, welche erheblichen Erfordernisse an die Aufklärung des Bauherrn zu stellen sind, wenn der Architekt von seiner Haftung frei werden möchte. Grundsätzlich ist eine solche Haftungsfreizeichnung – das geht auch aus dem vorliegenden Urteil hervor – zwar denkbar. Die Anforderungen sind aber sehr hoch, letztlich muss dem Bauherrn das Risiko mit all seinen möglichen Wirkungen in jeder Weise deutlich sein.
 
War die Aufklärung des Architekten nicht hinreichend, hat dieser in der Regel ein weiteres Problem: Aufgrund etwaig bewusster Pflichtwidrigkeit wird seine Haftpflichtversicherung voraussichtlich den Deckungsschutz verweigern (OLG Saarbrücken , Urt. v. 28.02.1996).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck