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Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung: Was ist für Architekten zu beachten ?

Zum 30.08.2001 ist das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe in Kraft getreten. Architekten sollten den wesentlichen Inhalt des Gesetzes kennen, um ggfs. betroffene Bauherren hierüber aufklären zu können.
Hintergrund
Mit Verkündung am 30.08.2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 2267) trat das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe in Kraft (ein Auszug aus dem Gesetz mit dessen wesentlichen Inhalten befindet sich am Ende dieses Beitrages). Das Gesetz soll der Sicherung insb. von Lohnsteueransprüchen des Staates im Rahmen von Bauleistungen dienen. Das Gesetz führt als Mittel dieser Sicherung einen von Bauauftraggebern vorzunehmenden Steuerabzug (Quellensteuer) in Höhe von 15 % ein.

Zum wesentlichen Inhalt:

Ab dem 01.01.2002 (vgl. § 52 Abs. 56 EStG) haben bestimmte Auftraggeber von Bauleistungen 15 % von der in Rechnung gestellten Vergütung des Leistenden einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen, es sei denn der Leistende legt eine Freistellungsbescheinigung vor.

Den Steuerabzug hat nicht jeder Empfänger von Bauleistungen vorzunehmen, sondern (nur) Unternehmer i.S.d. § 2 des UStG oder juristische Personen des öffentlichen Rechts.

Bauleistungen sind alle Leistungen die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Als Leistender von Bauleistungen gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben (z.B. Generalunternehmer).

Der Steuerabzug beträg 15 % der Gegenleistung. Die 15 % werden vom Bruttorechnungsbetrag fällig. Gem. § 48 a EStG hat der zum Steuerabzug Verpflichtete bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung i.S.d. § 48 erbracht wurde, eine Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, in der der Steuerabzug für den Anmeldungszeitraum zu berechnen ist. Der Abzugsbetrag ist am 10. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums fällig und an das zuständige Finanzamt abzuführen.

Ein Steuerabzug braucht nicht vorgenommen zu werden, wenn der Leistende dem zum Steuerabzug Verpflichteten eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige sogenannte Freistellungsbescheinigung nach § 48 b vorlegt oder wenn die Vergütung für seine Leistungen bestimmte Mindestbeträge nicht überschreitet, § 48 II EstG (s. im einzelnen unten beim Gesetzesauszug). Auf Antrag hat das zuständige Finanzamt Personen, die Bauleistungen erbringen, eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen, wenn der zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheint und ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist. Fälle einer Gefährdung des zu sichernden Steueranspruches sind in § 48 b aufgezählt.

Zu beachten ist, dass Personen, die nach oben genannten Ausführungen zum Steuerabzug verpflichtet sind, für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag haften, § 48 a III EStG. Eine Haftung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Vergütung der Bauleistung eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 b vorgelegen hat, auf deren Rechtmäßigkeit vertraut werden konnte. Ein Vertrauen in eine Freistellungsbescheinigung ist nicht berechtigt, wenn diese durch unlautere Mittel oder durch falsche Angaben erwirkt wurde und dies dem zum Steuerabzug Verpflichteten bekannt war oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt war.

Die vom zum Steuerabzug Verpflichteten einbehaltenen und an das Finanzamt abgeführten Beträge werden im weiteren Verfahren auf die anfallenden Steuern des die Bauleistung Erbringenden angerechnet, vgl. näher § 48 c EStG.

Weitere Informationen sind dem Merkblatt zum Steuerabzug bei Bauleistungen unter
www.steuernetz.de/aktuell/bauleistungen.pdf zu entnehmen.

Hinweis
Das Gesetz ist voraussichtlich auch für Architekten relevant.

I.
Zunächst ist allerdings klarzustellen, dass das Gesetz auf Architektenleistungen selbst nach Wortlaut und Sinn nicht anzuwenden ist. Der Architekt erbringt nicht Bauleistungen, sondern Planungsleistungen.

Anderes kann allerdings gelten, wenn Planungsleistungen zusammen mit Bauleistungen erbracht werden, jedenfalls, wenn die Planungsleistungen in einem solchen Fall nur Nebenleistungen sind (möglich z.B. beim Bauträger oder Totalunternehmer).

II.
Gleichwohl wird man dem Gesetz nicht jegliche Relevanz für Architekten absprechen können. Architekten sind im Rahmen der Leistungsphase 8 u.a. zur Rechnungsprüfung (vgl. Haftung / Lph. 8-9 Rechnungsprüfung) verpflichtet. Insoweit stellt sich die Frage, ob sich für Architekten eine Pflicht ergibt, ihre Bauherren, soweit diese in den vom Gesetz erfassten Personenkreis fallen, über die Abzugspflicht aufzuklären und den Abzug bei der Rechnungsprüfung zu berücksichtigen.

Die Abzugspflicht stellt als solche eine steuerrechtliche Verpflichtung dar. Der Architekt ist aber nicht Rechts- oder Steuerberater seines Bauherrn (vgl. Haftung / Aufklärungs- und Beratungspflichten). Gleichwohl kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Rechtsprechung eine Pflicht des Architekten zur Aufklärung des Bauherrn annimmt. Der Architekt wird als derjenige angesehen, der weitgehende Kenntnisse im Bauwesen hat und den Bauherrn insoweit umfassend aufzuklären verpflichtet ist.

Unterstellt man eine Aufklärungspflicht, wäre für den Architekten zu beachten, dass entgegen dem ersten Eindruck des Gesetzestextes Steuerabzugsverpflichteter u.U. auch ein „Privatmann“ sein kann. Denn Unternehmer i.S.d. § 2 des UStG können auch solche Personen sein, die gar keine USt-Erklärungen abzugeben haben, z.B. pauschalversteuernde Land- und Forstwirte und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen. Zu den Steuerabzugsverpflichteten können insbesondere auch Privatleute gehören, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.

Beispiel: Ein Wohnungseigentümer, der seine Eigentumswohnung vermietet hat, läßt in dieser Wohnung neue Bodenbeläge einbringen; der Bauunternehmer, der eine Freistellungsbescheinigung nicht vorweisen kann, stellt DM 35.000,00 brutto in Rechnung. Der Vermieter wäre hier zum 15 %-igen Steuerabzug verpflichtet.

Der gleiche Wohnungseigentümer wäre allerdings zum Abzug nicht verpflichtet, wenn er den Dachstuhl seines Privathauses für DM 50.000,00 ausbauen lassen würde. Betroffen sind nur Bauleistungen, die ein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG für sein Unternehmen bezieht.

Anzuwenden sein soll das Gesetz auf jede Vergütungszahlung, d.h. auch auf Abschlagszahlungen und Vorauszahlungen. Weiter muss gefolgert werden, dass Zahlungsbürgschaften nur noch bis zu 85 % der voraussichtlichen Vergütung erteilt werden sollten.

Bisher unbeantwortet bleibt, was ein zum Steuerabzug Verpflichteter unternimmt, wenn er nach teilweiser oder vollständiger Vergütungszahlung an den Bauunternehmer und Steuerabzug an die Finanzbehörde von seinem Vergütungs-Minderungsrecht Gebrauch macht; ein Rückzahlungsanspruch entsteht hier voraussichtlich nur gegenüber dem Bauunternehmen, da der Lohnsteueranspruch des Staates von der Vergütungsminderung unberührt bleibt.

Schließlich bleibt darauf hinzuweisen, dass die Formulierung des § 52 Abs. 56 EStG z.Z. nicht anders ausgelegt werden kann, als dass das Gesetz auch laufende Verträge erfasst, mithin auch auf Gegenleistungen (Vergütungen) anzuwenden ist, die ab dem 01.01.2002 erbracht werden für Leistungen, die vor dem 01.01.2002 durchgeführt wurden. Ggfs. sollte der Bauherr sich hier mit dem Finazamt ins Einvernehmen setzen.

Ob eine Aufklärungspflicht des Architekten gegenüber betroffenen Bauherrn anzunehmen sein wird, muss die abzuwartende Rechtsprechung ergeben. Architekten ist es aber vorsorglich zu raten, ihre Bauherren jedenfalls dann über eine mögliche Abzugspflicht aufzuklären, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Bauherr in den Kreis der vom Gesetz Verpflichteten fällt. Da der Architekt im Rahmen der Rechnungsprüfung letztendlich eine Freigabeempfehlung für Abschlags- und Schlusszahlungen gegenüber dem Bauherrn abzugeben hat, sollte er eine solche Empfehlung in einschlägigen Fällen immer nur mit Hinweis auf das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe abgeben.

Eine endgültige Klärung der Frage, ob eine Abzugspflicht vorliegt oder nicht, kann vom Architekten m.E. nicht verlangt werden. Er kann dem Bauherrn insoweit empfehlen, Rat von seinem Steuerberater einzuholen.

Vorsicht ist für Architekten jedenfalls umsomehr geboten, als der Bauherr – wie gesagt – für den Steuerabzug haftet und sich ggf. veranlasst sehen könnte, diese Haftung an den Architekten weiter zu geben.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck