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Erhöht mitverarbeitete Bausubstanz die Anrechenbarkeit der Technikkosten?

Die beschränkt anrechenbaren Kosten für die technische Gebäudeausrüstung nach § 10 Abs. 4 HOAI 1996 sind auf der Basis der vollständigen sonstigen anrechenbaren Kosten des Objektes zu ermitteln; hierzu gehören auch die Kosten für die mitverarbeitete Bausubstanz nach § 10 Abs. 3a HOAI 1996.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Im System der HOAI stellen die anrechenbaren Kosten eine der Grundlagen zur Berechnung der Honorars dar.

Beispiel
(nach LG Görlitz , Urt. v. 13.09.2013 - GR I O 355/12)
Ein Architekt macht Resthonorar für seine Leistungen zu Umbau und Sanierung einer als Museum genutzten alten Festungsanlage geltend. Das durch den Architekten unter Berücksichtigung der mitverarbeiteten Bausubstanz ermittelte Honorar wurde durch den Auftraggeber weitgehend gezahlt. Lediglich in einem Punkt gibt es Meinungsverschiedenheiten: der Architekt setzt bei der Berücksichtigung der Technikkosten gemäß § 10 Abs. 4 HOAI 1996 als "sonstige anrechenbare Kosten" auch die Kosten der mitverarbeiteten Bausubstanz an, woraus sich mittelbar ein höherer Technikkostenanteil als anrechenbar ergibt (die Technikkosten sind gemäß § 10 Abs. 4 bis zu 25 % der sonstigen anrechenbaren Kosten voll, im Übrigen zur Hälfte anrechenbar). Der Auftraggeber bestreitet die Richtigkeit dieses Ansatzes und zahlt das sich hieraus ergebene Mehrhonorar in Höhe von € 8.304,20 nicht.  


Das Landgericht Görlitz verurteilt den Auftraggeber zur Zahlung des Resthonorars. Es folgt damit der Ansicht des Architekten. Bereits aus dem Wortlaut "sonstige anrechenbare Kosten" ergebe sich, dass hierzu alle Kosten außerhalb der Technikkosten gehören müssten, die anrechenbar seien, mithin auch die gemäß § 10 Abs. 3a HOAI. Nichts anderes ergebe sich aus der systematischen Stellung in Absatz 4, der eben der Ermittlung der sonstigen anrechenbaren Kosten gemäß Absatz 3 und Absatz 3 a nachfolge. Im Übrigen würde die auftraggeberseitig vertretene Auffassung dazu führen, dass ein Architekt bei der Planung unter Verwendung von vorhandener Bausubstanz betreffend der anrechenbaren Technikkosten schlechter gestellt wäre, als bei einer Planung mit neuer Bausubstanz. Dies entspreche aber auch nicht der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 19.6.1986 –VII ZR 260/84).
Hinweis
Das Urteil ist das erste zu der schon lange umstrittenen Frage. Es entspricht der wohl herrschenden Ansicht. Mit der Neueinführung der Anrechenbarkeit der mitverarbeiteten Bausubstanz mit der Novelle HOAI 2013 erhält das Urteil zur alten Vorschrift neue Relevanz.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck