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Entgegen Empfehlung des Architekten zahlt Auftraggeber Unternehmer trotz Mangels: Inanspruchnahme des Architekten nunmehr ausgeschlossen?

Einem gesamtschuldnerisch mit einem Unternehmer wegen Bauaufsichtsfehler haftenden Architekten ist in der Regel der Einwand versagt, der Auftraggeber hätte sich durch rechtzeitigen Zugriff bei dem Unternehmer befriedigen können und müssen. Der Schadensersatzanspruch kann nicht allein deshalb verneint werden, weil der Auftraggeber entgegen der Empfehlung des Architekten Werklohn wegen Mängeln der Bauausführung nicht einbehalten hat.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und Bauunternehmer.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 26.07.2007 - VII ZR 5/06 )
Bei einem Bauvorhaben trat ein Mangel auf; dem Bauunternehmer war mangelhafte Bauausführung, dem Architekten mangelhafte Bauaufsicht vorzuwerfen. Der Architekt empfahl dem Bauherrn, wegen der Mängel Zurückbehaltungsrechte geltend zu machen und gab nicht mehr als DM 8.111.987,32 zur Zahlung frei; tatsächlich zahlte der Bauherr DM 9.448.576,70 aus. Der Bauunternehmer fiel in die Insolvenz. Wegen des Mangels nimmt der Bauherr nunmehr den Architekten in Anspruch.

Die erste Instanz hatte die Inanspruchnahme des Architekten zurückgewiesen. Es lasse sich mit dem Grundsatz von Treue und Glauben nicht vereinbaren, wenn der Bauherr von seinem bauleitenden Architekten Schadensersatz fordern könne. Denn er habe durch seine Zahlung dem Architekten die Möglichkeit verwehrt, der Entstehung eventueller Schadensersatzansprüche wegen in dem Bauwerk verkörperter Mängel entgegenzuwirken. Der Bauherr hätte sich wegen des Mangels in voller Höhe aus dem zurückbehaltenden Betrag befriedigen können.

Der BGH ist anderer Ansicht und hebt das Urteil auf. Auf der Grundlage einer hier anzunehmenden gesamtschuldnerischen Haftung zwischen Bauunternehmer und Architekten wegen Mängeln am Bauwerk stehe es dem Bauherrn grundsätzlich frei, bei wem er sich befriedigen wolle. Nur in Ausnahmefällen könne sich die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners als rechtsmissbräuchlich darstellen. So könne der Auftraggeber ausnahmsweise gehindert sein, einen Architekten wegen eines Bauaufsichtsfehlers in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit er auf einfache, insbesondere billigere Weise von dem Unternehmer die Beseitigung des Mangels verlangen kann (der BGH meint wohl insbesondere den Fall, dass der Bauunternehmer von sich aus selbst die Mangelbeseitigung anbietet). Gehe es allerdings wie hier allein um den finanziellen Ausgleich des Schadens, sei einem Gesamtschuldner in der Regel der Einwand versagt, der Gläubiger hätte sich durch rechtzeitigen Zugriff bei dem anderen Gesamtschuldner befriedigen können und müssen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der Gläubiger arglistig handele, wenn er sich zum Beispiel nur deswegen an einen von mehreren Gesamtschuldnern halte, um ihm das Regressrisiko aufzubürden, weil er aus missbilligenswerten Motiven die Absicht hat, gerade diesen Schuldner zu belasten. Hierfür habe aber das Berufungsgericht nichts festgestellt. So könne es vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass der Auftraggeber beispielsweise die Zahlungen an den Bauunternehmer geleistet habe, um den Fortgang der Bauarbeiten sicherzustellen. Dies seien keine zu missbilligenden Gründe.
Hinweis
Dieses Urteil trifft Architekten und Planer hart. Es bürdet ihnen sozusagen das Insolvenzrisiko der Bauunternehmer auf. Denn geht der Bauunternehmer insolvent – wie hier –, wird der Architekt bzw. seine Haftpflichtversicherung Regress bei dem Bauunternehmer nicht mehr nehmen können; dies wäre aber sonst u.U. sogar zu einem größeren Anteil möglich gewesen (vgl. z.B. OLG Celle, Urt. v. 21.10.2004 unter HINWEIS)

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck