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Berechtigt Übertragung "sämtlicher urheberrechtlicher Nutzungsbefugnisse" den Bauherrn zum exakten Nachbau eines bereits errichteten Gebäudes?

Eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauherrn, nach welcher "sämtliche urheberrechtliche Nutzungsbefugnisse übertragen werden", berechtigt den Bauherrn nicht, dass urheberrechtlich geschützte Gebäude auf dem Nachbargrundstück noch einmal zu errichten.
Hintergrund
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.

Urheberrechtliche Verwertungsrechte und Nachbaubefugnisse bestimmen sich insb. nach den vertraglichen Vereinbarungen.
Beispiel
(nach LG München I , Urt. v. 20.12.2007 - 7 O 20567/07 (nicht rechtskräftig))
Eine Kommunikationsagentur beabsichtigt, einen neuen Hauptsitz bauen zu lassen. Sie schließt einen Vertrag mit dem Eigentümer des zu bebauenden Grundstückes über die Anmietung des von dem Eigentümer auf dem Grundstück zu errichtenden Gebäudes. Nach Vorgaben der Kommunikationsagentur wird von dem Grundstückseigentümer ein Architekt beauftragt, den Firmensitz "mit Signalwirkung" zu planen. In dem Vertrag mit dem Architekten heißt es u. a.:
 
"Die dem AG übergebenen, nach diesem Vertrag geschuldeten Unterlagen, Pläne und Daten auf Datenträgern (…) darf der AG auch ohne Mitwirkung des AN nutzen und verwerten. (…) Der AG ist außerdem berechtigt, mit vollständiger Auszahlung des nach diesem Vertrag vereinbarten Honorars an den AN das Vorhaben nach seiner Fertigstellung ohne Mitwirkung des AN ständig zu modernisieren und/oder in sonstiger Weise aktuellen Anforderungen anzupassen. Im vertraglich vereinbarten Honorar ist die Übertragung sämtlicher urheberrechtlicher Nutzungsbefugnisse enthalten und damit abgegolten. (…)"
 
Nach Errichtung des Gebäudes beginnt der Eigentümer des Grundstückes, der zwischenzeitlich das Nachbargrundstück erworben hat, auf diesem das Gebäude exakt nach den Plänen der Architekten noch einmal errichten zu lassen. Hiergegen wehrt sich die Kommunikationsagentur mit von den Architekten abgetretenen Rechten. Der Eigentuümer beruft sich im Hinblick auf den von ihm errichteten Nachbau auf die zitierte Klausel im Vertrag.
 
Das LG München I kommt nach Auslegung der Klausel zu dem Schluss, dass diese den Bauherrn nicht zum exakten Nachbau des bereits errichteten Gebäudes ermächtigt. Nach dem allgemeinen Grundsatz des Urheberrechtes gemäß § 31 V UrhG räume der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Rechte ein als nach dem Vertragszweck erforderlich. Die Zweckübertragungslehre führe zu einer Spezifizierungslast: wer sicher gehen wolle, dass er das betreffende Nutzungsrecht erwerbe, muss es ausdrücklich bezeichnen. Wer das Werk auf verschiedene Art und Weise nutzen wolle, müsse jede einzelne Nutzungsart bezeichnen. Auch die Formulierung "sämtliche Rechte" umfasse somit nur diejenigen Nutzungsarten, die mit dem Vertrag erkennbar beabsichtigt waren. Der Vertrag habe aber gerade nur die Errichtung des einen, ersten Gebäudes als Gegenstand gehabt. Insbesondere sei in dem Vertrag auch keine angemessene Vergütung für die Einräumung eines Nachbaurechtes vorgesehen.
Hinweis
Will sich ein Bauherr die Befugnis zur Mehrfacherrichtung eines urheberrechtlich geschützten Entwurfes sichern, sollte er dies sehr exakt und ausdrücklich und am besten mit einer gesonderten Vergütung regeln. Das Gesetz alleine gibt ihm eine entsprechende Nachbaubefugnis nicht (vgl. BGH, Urteil vom 13.06.1980). Eine allgemeine Formulierung in einer AGB-Klausel hilft – wie der Fall zeigt, auch nicht weiter.

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