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Begründet die Qualität "Star-Architekt" die Zulässigkeit einer Höchstsatzüberschreitung?

Die Tatsache allein, dass ein sehr renommierter Architekt die Architektenleistung erbringt, begründet für sich alleine noch nicht die Zulässigkeit einer Höchstsatzüberschreitung gemäß § 4 Abs. 3 HOAI a.F.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze, es sei denn es liegt ein Ausnahmefall des § 4 II oder § 4 III HOAI vor.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 29.05.2012 - 10 U 142/11 (nicht rechtskräftig) )
Ein Architekt erbringt die Leistungsphasen 1 bis 4 auftragsgemäß für ein Einfamilienhaus. In dem Architektenvertrag ist ein Honorar vereinbart, welches den Höchstsatz Honorarzone V unter Berücksichtigung der anrechenbaren Kosten des Bauvorhabens überschreitet. Später verlangt der Bauherr unter Berücksichtigung einer Einordnung des Objekts in Honorarzone IV bereits geleistete Zahlungen vom Architekten zurück. Der Architekt wendet ein, es läge ein Fall zulässiger Höchstsatzüberschreitung gemäß § 4 Abs. 3 HOAI vor. Der Architekt verweist auf sein Renommee unter Berücksichtigung der in Architekten- und Kunstkreisen zum Ausdruck gekommenen Würdigung seiner früheren Vorhaben; entsprechend stelle auch das für den Kläger geplante Einfamilienhaus etwas Außergewöhnliches dar. Seine Objekte seien Anziehungspunkte für Architekturtouristik. Der Honorarrahmen der HOAI könne für ihn als Künstler nicht greifen.
 
Das Oberlandesgericht Stuttgart sieht das anders. Es verweist darauf, dass die HOAI nach anerkannter Rechtsprechung leistungsbezogen, nicht personenbezogen sei. Auch im Hinblick auf § 4 Abs. 3 HOAI käme es nicht auf die Person des Leistenden, sondern auf das Werk selber an. Unter Zuhilfenahme eines Sachverständigengutachtens kommt das Gericht zu dem Schluss, dass das Objekt keine außergewöhnliche Leistung im Sinne von § 4 Abs. 3 HOAI darstelle.
Hinweis
Der Fall einer "außergewöhnlichen Leistung" im Sinne des § 4 Abs. 3 HOAI dürfte Rarität sein. Nach amtlicher Begründung soll eine Leistung außergewöhnlich sein, wenn sie in künstlerischer, technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht eine überdurchschnittliche Aufgabe beinhaltet. Die Kriterien künstlerisch, technisch und wirtschaftlich sind jedoch weitgehend bereits bei den Honorarzonen-Bemessungskriterien verarbeitet und damit durch die Einordnung in eine Honorarzone aufgebraucht. Denn § 4 Abs. 3 Satz 2 HOAI bestimmt ausdrücklich, dass bei der Prüfung, ob eine Leistung gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 HOAI vorliege, Umstände, soweit sie bereits für die Einordnung in Honorarzonen mitbestimmend gewesen sind, außer Betracht zu bleiben haben.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck