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Bauaufsichtliche Zulassung schützt nicht immer vor Haftung!

Ein Architekt verletzt seine Pflichten, wenn er in einer Baubeschreibung ein bestimmtes Material vorgibt, welches zu einem vermeidbaren Risiko führt, ohne den Auftraggeber auf dieses Risiko hinzuweisen; dass das Material bauaufsichtlich zugelassen ist, hindert die Haftung des Architekten nicht.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Grundvoraussetzung einer fehlerfreien Planung ist zunächst die Einhaltung der "vertraglich oder gewöhnlich vorausgesetzten Beschaffenheit", insb. der allg. anerkannten Regeln der Technik und Baukunst.
Beispiel
(nach KG , Urt. v. 14.09.2010 - 21 U 108/09, BGH 27.10.2011 -VII ZR 173/10, NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wird mit Planungsleistungen Lph. 2-4 nach § 15 HOAI a. F. beauftragt. In seiner Baubeschreibung sieht er großformatiges Kalksandsteinmauerwerk vor. Nach dem sich später Risse an dem Bauvorhaben zeigen, stellt ein Sachverständiger fest, dass die Risse auf die Verwendung des großformatigen Kalksandsteinmauerwerk zurückzuführen sind, die Risse wären bei der Verwendung klein- oder mittelformatigen Kalksandsteinmauerwerkes vermeidbar gewesen. Die erhöhte Rissanfälligkeit bei Verwendung großformatigen Mauerwerks sei auch schon zum Zeitpunkt der Leistung des Architekten bekannt gewesen. Der Architekt wendet u. a. ein, dass die ausgeschriebenen Steine bereits seit 1984 bauaufsichtlich zugelassen seien.
 
Der Architekt wird in beiden Instanzen zu Schadensersatz verurteilt. Ein Architekt, der die Planung eines Bauwerks übernommen habe, schulde ein mangelfreies funktionstaugliches Werk. Entsprechend verletze ein Architekt schuldhaft seine Pflichten aus dem Architektenvertrag, wenn er in einer Baubeschreibung ein bestimmtes Material (hier großformatiges Kalksandsteinmauerwerk) vorgebe, dass wegen seines Formates und des darauf anzubringenden starren Gipsputzes eine höhere Gefahr zur Rissbildung im Mauerwerksverband als bei klein- oder mittelformatigen Kalksandsteinmauerwerken darstelle, ohne den Auftraggeber auf dieses erhöhte Risiko hinzuweisen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die ausgeschriebenen Steine bereits baufaufsichtlich zugelassen waren. Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung berücksichtige in erster Linie das statische Tragverhalten des großformatigen Mauerwerks. Angaben im Zusammenhang mit Rissbildungen enthalte diese nicht. Entsprechend gebe die bauaufsichtliche Zulassung gerade keine Gewähr dafür, dass das zugelassene Material auch ohne die erhöhte Gefahr von Rissbildungen eingebaut werden könne.
Hinweis
Eine bauaufsichtliche Zulassung für ein bestimmtes Material schützt den dieses Material verwendenden Architekten nicht in jeglicher Hinsicht und nicht für jede Verwendung. Die bauaufsichtliche Zulassung wird wohl in der Regel durch den Planer nur dann eingewandt werden können, wenn das Material gerade die Eigenschaften, die die bauaufsichtliche Zulassung verspricht, nicht einhält. Im Übrigen bleibt es dabei, dass der Architekt immer den sichersten Weg wählen muss (vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 11.03.2008).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck